Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

lich schön. An keinem andern Orte möcht ich
seine Feuerauswürfe betrachten; es muß ein
wahres Bild rasender Hölle seyn. Unten am
Fuß sind die Menschen mit ihren Wohnungen
wie unschuldige Lämmer, die er sich zur Beute
herschleppte; und die alte Mutter die See zieht
vergebens zärtlich rauschend heran, sie zu
retten.

Ein entzückender Morgen, wie wir wieder
Portici hinüber schifften! ein leichter Nebel deck-
te dasselbe wie eine zarte Bettdecke. Auf dem
Gewässer waren tausend Nachen, die unbesorg-
ten Fische zu fangen, welche aus ihren Tiefen
sich dem neuen Lichte näherten. Leiswallend,
wie ein unermeßlicher Lebensquell, verlor sich
das Meer in ein Chaosdunkel, woraus Capri
kaum sichtbar in grauem Duft noch hervortrat.
In blassem Purpur röthete sich auf den Apenni-
nen der Himmel, und der Vulkan athmete
schrecklich der Sonn entgegen in majestätischer

Ruhe

lich ſchoͤn. An keinem andern Orte moͤcht ich
ſeine Feuerauswuͤrfe betrachten; es muß ein
wahres Bild raſender Hoͤlle ſeyn. Unten am
Fuß ſind die Menſchen mit ihren Wohnungen
wie unſchuldige Laͤmmer, die er ſich zur Beute
herſchleppte; und die alte Mutter die See zieht
vergebens zaͤrtlich rauſchend heran, ſie zu
retten.

Ein entzuͤckender Morgen, wie wir wieder
Portici hinuͤber ſchifften! ein leichter Nebel deck-
te daſſelbe wie eine zarte Bettdecke. Auf dem
Gewaͤſſer waren tauſend Nachen, die unbeſorg-
ten Fiſche zu fangen, welche aus ihren Tiefen
ſich dem neuen Lichte naͤherten. Leiswallend,
wie ein unermeßlicher Lebensquell, verlor ſich
das Meer in ein Chaosdunkel, woraus Capri
kaum ſichtbar in grauem Duft noch hervortrat.
In blaſſem Purpur roͤthete ſich auf den Apenni-
nen der Himmel, und der Vulkan athmete
ſchrecklich der Sonn entgegen in majeſtaͤtiſcher

Ruhe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0341" n="333"/>
lich &#x017F;cho&#x0364;n. An keinem andern Orte mo&#x0364;cht ich<lb/>
&#x017F;eine Feuerauswu&#x0364;rfe betrachten; es muß ein<lb/>
wahres Bild ra&#x017F;ender Ho&#x0364;lle &#x017F;eyn. Unten am<lb/>
Fuß &#x017F;ind die Men&#x017F;chen mit ihren Wohnungen<lb/>
wie un&#x017F;chuldige La&#x0364;mmer, die er &#x017F;ich zur Beute<lb/>
her&#x017F;chleppte; und die alte Mutter die See zieht<lb/>
vergebens za&#x0364;rtlich rau&#x017F;chend heran, &#x017F;ie zu<lb/>
retten.</p><lb/>
          <p>Ein entzu&#x0364;ckender Morgen, wie wir wieder<lb/>
Portici hinu&#x0364;ber &#x017F;chifften! ein leichter Nebel deck-<lb/>
te da&#x017F;&#x017F;elbe wie eine zarte Bettdecke. Auf dem<lb/>
Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er waren tau&#x017F;end Nachen, die unbe&#x017F;org-<lb/>
ten Fi&#x017F;che zu fangen, welche aus ihren Tiefen<lb/>
&#x017F;ich dem neuen Lichte na&#x0364;herten. Leiswallend,<lb/>
wie ein unermeßlicher Lebensquell, verlor &#x017F;ich<lb/>
das Meer in ein Chaosdunkel, woraus Capri<lb/>
kaum &#x017F;ichtbar in grauem Duft noch hervortrat.<lb/>
In bla&#x017F;&#x017F;em Purpur ro&#x0364;thete &#x017F;ich auf den Apenni-<lb/>
nen der Himmel, und der Vulkan athmete<lb/>
&#x017F;chrecklich der Sonn entgegen in maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;cher<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ruhe</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0341] lich ſchoͤn. An keinem andern Orte moͤcht ich ſeine Feuerauswuͤrfe betrachten; es muß ein wahres Bild raſender Hoͤlle ſeyn. Unten am Fuß ſind die Menſchen mit ihren Wohnungen wie unſchuldige Laͤmmer, die er ſich zur Beute herſchleppte; und die alte Mutter die See zieht vergebens zaͤrtlich rauſchend heran, ſie zu retten. Ein entzuͤckender Morgen, wie wir wieder Portici hinuͤber ſchifften! ein leichter Nebel deck- te daſſelbe wie eine zarte Bettdecke. Auf dem Gewaͤſſer waren tauſend Nachen, die unbeſorg- ten Fiſche zu fangen, welche aus ihren Tiefen ſich dem neuen Lichte naͤherten. Leiswallend, wie ein unermeßlicher Lebensquell, verlor ſich das Meer in ein Chaosdunkel, woraus Capri kaum ſichtbar in grauem Duft noch hervortrat. In blaſſem Purpur roͤthete ſich auf den Apenni- nen der Himmel, und der Vulkan athmete ſchrecklich der Sonn entgegen in majeſtaͤtiſcher Ruhe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/341
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/341>, abgerufen am 04.05.2024.