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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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gözzung geschrieben sind. Man weiß, wie
Schulmänner die Alten erläutern. Man
kennet die Grimmischen Noten zum Ana-
kreon;
und die Ebertschen zu Young; man
kann also aus einer Morgenröthe auf den völ-
ligen Sonnenanbruch schließen, wie durch Ho-
mer
ein Publikum könnte gebildet werden,
nach Griechischem Geschmack. Jch würde
nicht gern Poesie und Hexameter bei dieser
Uebersezzung vermissen; aber Hexameter und
Poesie im Griechischen Geschmack; sollte es
auch nur Gelegenheit geben, uns immer auf-
merksam zu machen, wie weit unsre Sprache,
und Poesie hinten bleibe. -- Es ist viel,
was ich aufgebe, aber durch alles dieses wer-
den die Schönheiten kaum einigermaaßen er-
sezt, die im Homer unübersezbar bleiben.

Um dies mehr ins Licht zu sezzen, füge ich
ein Urtheil des Geschmacks über Stein-
brüchels
Uebersezzung des Sophokles und
Euripides dazu; ein Urtheil des Ge-
schmacks,
ein Urtheil nach der Gramma-
tik * haben schon die Litteraturbriefe ge-

fällt!
* Litt. Br. Th. 20. p. 157. u. Th. 21. p. 3. 13. 81.

goͤzzung geſchrieben ſind. Man weiß, wie
Schulmaͤnner die Alten erlaͤutern. Man
kennet die Grimmiſchen Noten zum Ana-
kreon;
und die Ebertſchen zu Young; man
kann alſo aus einer Morgenroͤthe auf den voͤl-
ligen Sonnenanbruch ſchließen, wie durch Ho-
mer
ein Publikum koͤnnte gebildet werden,
nach Griechiſchem Geſchmack. Jch wuͤrde
nicht gern Poeſie und Hexameter bei dieſer
Ueberſezzung vermiſſen; aber Hexameter und
Poeſie im Griechiſchen Geſchmack; ſollte es
auch nur Gelegenheit geben, uns immer auf-
merkſam zu machen, wie weit unſre Sprache,
und Poeſie hinten bleibe. — Es iſt viel,
was ich aufgebe, aber durch alles dieſes wer-
den die Schoͤnheiten kaum einigermaaßen er-
ſezt, die im Homer unuͤberſezbar bleiben.

Um dies mehr ins Licht zu ſezzen, fuͤge ich
ein Urtheil des Geſchmacks uͤber Stein-
bruͤchels
Ueberſezzung des Sophokles und
Euripides dazu; ein Urtheil des Ge-
ſchmacks,
ein Urtheil nach der Gramma-
tik * haben ſchon die Litteraturbriefe ge-

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* Litt. Br. Th. 20. p. 157. u. Th. 21. p. 3. 13. 81.
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[268/0100] goͤzzung geſchrieben ſind. Man weiß, wie Schulmaͤnner die Alten erlaͤutern. Man kennet die Grimmiſchen Noten zum Ana- kreon; und die Ebertſchen zu Young; man kann alſo aus einer Morgenroͤthe auf den voͤl- ligen Sonnenanbruch ſchließen, wie durch Ho- mer ein Publikum koͤnnte gebildet werden, nach Griechiſchem Geſchmack. Jch wuͤrde nicht gern Poeſie und Hexameter bei dieſer Ueberſezzung vermiſſen; aber Hexameter und Poeſie im Griechiſchen Geſchmack; ſollte es auch nur Gelegenheit geben, uns immer auf- merkſam zu machen, wie weit unſre Sprache, und Poeſie hinten bleibe. — Es iſt viel, was ich aufgebe, aber durch alles dieſes wer- den die Schoͤnheiten kaum einigermaaßen er- ſezt, die im Homer unuͤberſezbar bleiben. Um dies mehr ins Licht zu ſezzen, fuͤge ich ein Urtheil des Geſchmacks uͤber Stein- bruͤchels Ueberſezzung des Sophokles und Euripides dazu; ein Urtheil des Ge- ſchmacks, ein Urtheil nach der Gramma- tik * haben ſchon die Litteraturbriefe ge- faͤllt! * Litt. Br. Th. 20. p. 157. u. Th. 21. p. 3. 13. 81.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/100>, abgerufen am 29.04.2024.