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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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zugleich im Griechischen Verstande, ein Doll-
metscher desselben zu werden. In tantis vo-
luisse, laborasse, sudasse, sat est.
Rühmlich
kühn ist die Muse,

Pindaricae fontis, quae non expalluit haustus.

Statt daß ich jetzt ein Verzeichniß hin-
sezzen sollte: "welche Griechen und aus wel-
"chen Gründen sie zu übersezzen wären" will
ich lieber die Uebersezzung des Tyrtäus,*
und noch mehr Daphnis und Chloe aus
dem Longus mit dem verdienten Lobe nen-
nen. Auch mir thut es Leid, "daß die un-
"genannten Uebersezzer nicht darauf gefallen
"sind, den Griechischen Text beidrucken zu
"lassen. Man sollte wirklich alle Gelegen-
"heit ergreifen, bei unsrer Nation, die fast
"verloschene Liebe zur Griechischen Sprache,
"deren Schriftsteller die reinsten Quellen des
"Geschmacks sind, in etwas wieder anzu-
"fachen. Wie rühmlich wäre es auf alle
"Art, wenn wir die Englische Nation lieber
"in dem Studio der Griechischen Sprache,

"als
* Litt. Br. Th. 17. p. 11.

zugleich im Griechiſchen Verſtande, ein Doll-
metſcher deſſelben zu werden. In tantis vo-
luiſſe, laboraſſe, ſudaſſe, ſat eſt.
Ruͤhmlich
kuͤhn iſt die Muſe,

Pindaricae fontis, quae non expalluit hauſtus.

Statt daß ich jetzt ein Verzeichniß hin-
ſezzen ſollte: „welche Griechen und aus wel-
„chen Gruͤnden ſie zu uͤberſezzen waͤren„ will
ich lieber die Ueberſezzung des Tyrtaͤus,*
und noch mehr Daphnis und Chloe aus
dem Longus mit dem verdienten Lobe nen-
nen. Auch mir thut es Leid, „daß die un-
„genannten Ueberſezzer nicht darauf gefallen
„ſind, den Griechiſchen Text beidrucken zu
„laſſen. Man ſollte wirklich alle Gelegen-
„heit ergreifen, bei unſrer Nation, die faſt
„verloſchene Liebe zur Griechiſchen Sprache,
„deren Schriftſteller die reinſten Quellen des
„Geſchmacks ſind, in etwas wieder anzu-
„fachen. Wie ruͤhmlich waͤre es auf alle
„Art, wenn wir die Engliſche Nation lieber
„in dem Studio der Griechiſchen Sprache,

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* Litt. Br. Th. 17. p. 11.
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[272/0104] zugleich im Griechiſchen Verſtande, ein Doll- metſcher deſſelben zu werden. In tantis vo- luiſſe, laboraſſe, ſudaſſe, ſat eſt. Ruͤhmlich kuͤhn iſt die Muſe, Pindaricae fontis, quae non expalluit hauſtus. Statt daß ich jetzt ein Verzeichniß hin- ſezzen ſollte: „welche Griechen und aus wel- „chen Gruͤnden ſie zu uͤberſezzen waͤren„ will ich lieber die Ueberſezzung des Tyrtaͤus, * und noch mehr Daphnis und Chloe aus dem Longus mit dem verdienten Lobe nen- nen. Auch mir thut es Leid, „daß die un- „genannten Ueberſezzer nicht darauf gefallen „ſind, den Griechiſchen Text beidrucken zu „laſſen. Man ſollte wirklich alle Gelegen- „heit ergreifen, bei unſrer Nation, die faſt „verloſchene Liebe zur Griechiſchen Sprache, „deren Schriftſteller die reinſten Quellen des „Geſchmacks ſind, in etwas wieder anzu- „fachen. Wie ruͤhmlich waͤre es auf alle „Art, wenn wir die Engliſche Nation lieber „in dem Studio der Griechiſchen Sprache, „als * Litt. Br. Th. 17. p. 11.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/104>, abgerufen am 28.04.2024.