Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

indessen brauchte mein Vater diesen Vorfall
sehr zu meinem Vortheil. Es war das Ge-
rüste, auf das ich stieg um gut dazuzukom-
men, die Leiter, mich so jung und klein ich
war doch künstlich groß zu machen. Der
Vorfall diente ihm meine Lebenscarte zu
illuminiren und es half mir diese Fiction bey
Sprachen und bey Schlachten. Wenn gleich
ich mir nicht einbilden konnte, daß die Diana
nicht Zeit gehabt, das Backhaus in Protec-
tion zu nehmen, da sie bey meiner Mutter
Hebammendienste verrichtete; schiens mir
doch was denckwürdiges. Das Feuer vom
Backofen war mir eine Leuchte auf manchem
sauren Vocabulnwege und nimmermehr würd
ich dieses alles so herzlich erzählet haben;
wenn nicht bey tausend Merkwürdigkeiten
die in der Welt geschehen ein abgebrantes
Backhaus der Entstehungsgrund wäre. Eine
Art von Bucephalus Geschichte veranstaltete
mein Vater da er einem Pferde diesen Na-
men verehrte, das wie alle andere Pferde
war: das seines Schattens wegen nicht in
Unordnung kam: und das eben nicht werth
war im besondern Verstande von der Sonne
beschienen zu werden. Meinem Tempel der
Diana indessen war der Gaul sehr ange-

messen

indeſſen brauchte mein Vater dieſen Vorfall
ſehr zu meinem Vortheil. Es war das Ge-
ruͤſte, auf das ich ſtieg um gut dazuzukom-
men, die Leiter, mich ſo jung und klein ich
war doch kuͤnſtlich groß zu machen. Der
Vorfall diente ihm meine Lebenscarte zu
illuminiren und es half mir dieſe Fiction bey
Sprachen und bey Schlachten. Wenn gleich
ich mir nicht einbilden konnte, daß die Diana
nicht Zeit gehabt, das Backhaus in Protec-
tion zu nehmen, da ſie bey meiner Mutter
Hebammendienſte verrichtete; ſchiens mir
doch was denckwuͤrdiges. Das Feuer vom
Backofen war mir eine Leuchte auf manchem
ſauren Vocabulnwege und nimmermehr wuͤrd
ich dieſes alles ſo herzlich erzaͤhlet haben;
wenn nicht bey tauſend Merkwuͤrdigkeiten
die in der Welt geſchehen ein abgebrantes
Backhaus der Entſtehungsgrund waͤre. Eine
Art von Bucephalus Geſchichte veranſtaltete
mein Vater da er einem Pferde dieſen Na-
men verehrte, das wie alle andere Pferde
war: das ſeines Schattens wegen nicht in
Unordnung kam: und das eben nicht werth
war im beſondern Verſtande von der Sonne
beſchienen zu werden. Meinem Tempel der
Diana indeſſen war der Gaul ſehr ange-

meſſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0104" n="96"/>
inde&#x017F;&#x017F;en brauchte mein Vater die&#x017F;en Vorfall<lb/>
&#x017F;ehr zu meinem Vortheil. Es war das Ge-<lb/>
ru&#x0364;&#x017F;te, auf das ich &#x017F;tieg um gut dazuzukom-<lb/>
men, die Leiter, mich &#x017F;o jung und klein ich<lb/>
war doch ku&#x0364;n&#x017F;tlich groß zu machen. Der<lb/>
Vorfall diente ihm meine Lebenscarte zu<lb/>
illuminiren und es half mir die&#x017F;e Fiction bey<lb/>
Sprachen und bey Schlachten. Wenn gleich<lb/>
ich mir nicht einbilden konnte, daß die Diana<lb/>
nicht Zeit gehabt, das Backhaus in Protec-<lb/>
tion zu nehmen, da &#x017F;ie bey meiner Mutter<lb/>
Hebammendien&#x017F;te verrichtete; &#x017F;chiens mir<lb/>
doch was denckwu&#x0364;rdiges. Das Feuer vom<lb/>
Backofen war mir eine Leuchte auf manchem<lb/>
&#x017F;auren Vocabulnwege und nimmermehr wu&#x0364;rd<lb/>
ich die&#x017F;es alles &#x017F;o herzlich erza&#x0364;hlet haben;<lb/>
wenn nicht bey tau&#x017F;end Merkwu&#x0364;rdigkeiten<lb/>
die in der Welt ge&#x017F;chehen ein abgebrantes<lb/>
Backhaus der Ent&#x017F;tehungsgrund wa&#x0364;re. Eine<lb/>
Art von Bucephalus Ge&#x017F;chichte veran&#x017F;taltete<lb/>
mein Vater da er einem Pferde die&#x017F;en Na-<lb/>
men verehrte, das wie alle andere Pferde<lb/>
war: das &#x017F;eines Schattens wegen nicht in<lb/>
Unordnung kam: und das eben nicht werth<lb/>
war im be&#x017F;ondern Ver&#x017F;tande <hi rendition="#fr">von der Sonne</hi><lb/>
be&#x017F;chienen zu werden. Meinem Tempel der<lb/><hi rendition="#fr">Diana</hi> inde&#x017F;&#x017F;en war der Gaul &#x017F;ehr ange-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">me&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0104] indeſſen brauchte mein Vater dieſen Vorfall ſehr zu meinem Vortheil. Es war das Ge- ruͤſte, auf das ich ſtieg um gut dazuzukom- men, die Leiter, mich ſo jung und klein ich war doch kuͤnſtlich groß zu machen. Der Vorfall diente ihm meine Lebenscarte zu illuminiren und es half mir dieſe Fiction bey Sprachen und bey Schlachten. Wenn gleich ich mir nicht einbilden konnte, daß die Diana nicht Zeit gehabt, das Backhaus in Protec- tion zu nehmen, da ſie bey meiner Mutter Hebammendienſte verrichtete; ſchiens mir doch was denckwuͤrdiges. Das Feuer vom Backofen war mir eine Leuchte auf manchem ſauren Vocabulnwege und nimmermehr wuͤrd ich dieſes alles ſo herzlich erzaͤhlet haben; wenn nicht bey tauſend Merkwuͤrdigkeiten die in der Welt geſchehen ein abgebrantes Backhaus der Entſtehungsgrund waͤre. Eine Art von Bucephalus Geſchichte veranſtaltete mein Vater da er einem Pferde dieſen Na- men verehrte, das wie alle andere Pferde war: das ſeines Schattens wegen nicht in Unordnung kam: und das eben nicht werth war im beſondern Verſtande von der Sonne beſchienen zu werden. Meinem Tempel der Diana indeſſen war der Gaul ſehr ange- meſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/104
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/104>, abgerufen am 12.05.2024.