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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Doch wo ist Regel ohne Aber? Was sich ein
paar handelnde Personen auf dem Theater un-
ter vier Augen sagen, gehört ohnehin mit zur
Handlung und mir stand es wol am wenig-
sten zu in einer wahren Geschichte, Leuten das
Wort aus dem Munde zu nehmen und ihnen
ein Stillschweigen aufzulegen. --

Gott mit Ihnen meine Herren und
auch mit meinem kleinen Leopold der mir eine
Sündfluth mit dem Tintfaß gemacht hat

Die Mutter will dich --
Laß mich hier lieber Vater --
So laß das Tintfaß --
Ich will auf deinen Schulter --
Nur nicht ins Buch --

Der kleine Junge hätte vielleicht Ursach, es
übel zu nehmen daß ich die erste Stufe über-
schreite und nicht von ihm anhebe. Ich
könnte freylich bemerken, daß er kein Sangui-
nolentus
gewesen, sondern fast wie Clodius
Albinus
ganz sauber und schön zur Welt
gekommen; wenn er sich nicht eben jetzo mit
Tinte besudelt hätte. Wenigstens bist du
lieber Junge --

(Fall nicht,
"ich werd' nicht") beim Publicum nicht prä-

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Doch wo iſt Regel ohne Aber? Was ſich ein
paar handelnde Perſonen auf dem Theater un-
ter vier Augen ſagen, gehoͤrt ohnehin mit zur
Handlung und mir ſtand es wol am wenig-
ſten zu in einer wahren Geſchichte, Leuten das
Wort aus dem Munde zu nehmen und ihnen
ein Stillſchweigen aufzulegen. —

Gott mit Ihnen meine Herren und
auch mit meinem kleinen Leopold der mir eine
Suͤndfluth mit dem Tintfaß gemacht hat

Die Mutter will dich —
Laß mich hier lieber Vater —
So laß das Tintfaß —
Ich will auf deinen Schulter —
Nur nicht ins Buch —

Der kleine Junge haͤtte vielleicht Urſach, es
uͤbel zu nehmen daß ich die erſte Stufe uͤber-
ſchreite und nicht von ihm anhebe. Ich
koͤnnte freylich bemerken, daß er kein Sangui-
nolentus
geweſen, ſondern faſt wie Clodius
Albinus
ganz ſauber und ſchoͤn zur Welt
gekommen; wenn er ſich nicht eben jetzo mit
Tinte beſudelt haͤtte. Wenigſtens biſt du
lieber Junge —

(Fall nicht,
„ich werd’ nicht„) beim Publicum nicht praͤ-

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[7/0015] Doch wo iſt Regel ohne Aber? Was ſich ein paar handelnde Perſonen auf dem Theater un- ter vier Augen ſagen, gehoͤrt ohnehin mit zur Handlung und mir ſtand es wol am wenig- ſten zu in einer wahren Geſchichte, Leuten das Wort aus dem Munde zu nehmen und ihnen ein Stillſchweigen aufzulegen. — Gott mit Ihnen meine Herren und auch mit meinem kleinen Leopold der mir eine Suͤndfluth mit dem Tintfaß gemacht hat Die Mutter will dich — Laß mich hier lieber Vater — So laß das Tintfaß — Ich will auf deinen Schulter — Nur nicht ins Buch — Der kleine Junge haͤtte vielleicht Urſach, es uͤbel zu nehmen daß ich die erſte Stufe uͤber- ſchreite und nicht von ihm anhebe. Ich koͤnnte freylich bemerken, daß er kein Sangui- nolentus geweſen, ſondern faſt wie Clodius Albinus ganz ſauber und ſchoͤn zur Welt gekommen; wenn er ſich nicht eben jetzo mit Tinte beſudelt haͤtte. Wenigſtens biſt du lieber Junge — (Fall nicht, „ich werd’ nicht„) beim Publicum nicht praͤ- ſcri- A 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/15>, abgerufen am 28.04.2024.