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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Herz und Seele auf den halben Weg entge-
gen kam oder beide Glaubenshände zureichte,
so daß mithin dieser Litteratus, der des Mit-
tags bey uns einen vortreflichen Kalekutschen
Hahn verzehren geholfen, meinen falschen
Himmel zu reiten mitnahm.

Mein Vater war wenn ich so sagen soll
gebohren, von der andern Welt zu re-
den. Seine Seele, man fühlte es war
im Buche des Lebens eingeschrieben und
einer Verädlung durch den Tod so gewis,
daß wenn er davon sprach man glauben
mußte: er würde verkläret. Drey Vier-
theil war er dort und nur ein Viertheil
hier. Gott schenke mir wenn mein Stünd-
lein vorhanden ist, die Empfindungen die
damals in meiner Seele hervorschossen, als
er mir den Himmel zeigte. Mir fielen die
Worte aufs Herz: In meines Vaters
Hause sind viele Wohnungen
-- Mein
Vater ward ein Kind, um mit einem Kinde zu
reden, und ich fand an mir erfüllet, was
von den Kindern geschrieben steht: ihrer ist
das Reich Gottes.

Aber wo muß denn das Haus meines
Vaters seyn, dachte ich, allein ich unter-
stund mir nicht darnach zu fragen, denn, so

jung

Herz und Seele auf den halben Weg entge-
gen kam oder beide Glaubenshaͤnde zureichte,
ſo daß mithin dieſer Litteratus, der des Mit-
tags bey uns einen vortreflichen Kalekutſchen
Hahn verzehren geholfen, meinen falſchen
Himmel zu reiten mitnahm.

Mein Vater war wenn ich ſo ſagen ſoll
gebohren, von der andern Welt zu re-
den. Seine Seele, man fuͤhlte es war
im Buche des Lebens eingeſchrieben und
einer Veraͤdlung durch den Tod ſo gewis,
daß wenn er davon ſprach man glauben
mußte: er wuͤrde verklaͤret. Drey Vier-
theil war er dort und nur ein Viertheil
hier. Gott ſchenke mir wenn mein Stuͤnd-
lein vorhanden iſt, die Empfindungen die
damals in meiner Seele hervorſchoſſen, als
er mir den Himmel zeigte. Mir fielen die
Worte aufs Herz: In meines Vaters
Hauſe ſind viele Wohnungen
— Mein
Vater ward ein Kind, um mit einem Kinde zu
reden, und ich fand an mir erfuͤllet, was
von den Kindern geſchrieben ſteht: ihrer iſt
das Reich Gottes.

Aber wo muß denn das Haus meines
Vaters ſeyn, dachte ich, allein ich unter-
ſtund mir nicht darnach zu fragen, denn, ſo

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[22/0030] Herz und Seele auf den halben Weg entge- gen kam oder beide Glaubenshaͤnde zureichte, ſo daß mithin dieſer Litteratus, der des Mit- tags bey uns einen vortreflichen Kalekutſchen Hahn verzehren geholfen, meinen falſchen Himmel zu reiten mitnahm. Mein Vater war wenn ich ſo ſagen ſoll gebohren, von der andern Welt zu re- den. Seine Seele, man fuͤhlte es war im Buche des Lebens eingeſchrieben und einer Veraͤdlung durch den Tod ſo gewis, daß wenn er davon ſprach man glauben mußte: er wuͤrde verklaͤret. Drey Vier- theil war er dort und nur ein Viertheil hier. Gott ſchenke mir wenn mein Stuͤnd- lein vorhanden iſt, die Empfindungen die damals in meiner Seele hervorſchoſſen, als er mir den Himmel zeigte. Mir fielen die Worte aufs Herz: In meines Vaters Hauſe ſind viele Wohnungen — Mein Vater ward ein Kind, um mit einem Kinde zu reden, und ich fand an mir erfuͤllet, was von den Kindern geſchrieben ſteht: ihrer iſt das Reich Gottes. Aber wo muß denn das Haus meines Vaters ſeyn, dachte ich, allein ich unter- ſtund mir nicht darnach zu fragen, denn, ſo jung

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/30>, abgerufen am 27.04.2024.