Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Knall und Fall u. s. w. waren nach ihrer
Meinung Zwillinge, Doppelbrüder. Außer
diesem behautete sie, daß gewisse Reime für
einander gebohren, im Himmel geschlossen
wären, und durchaus ins Eheband treten
müßten als da sind Stank und Dank, Mund
und Pfund, Glimpf und Schimpf, Noth
und Tod, Kleider und Schneider, Student
und Recensent, Schelm und Helm --
"Was Gott zusammen fügt" pflegte sie
zu sagen "soll der Mensch nicht scheiden.
"Wer solche Reime trennt scheidet eine Ehe,
"und wer einen andern Reim in diese Stelle
"aufnimmt, heyrathet im verbotenen Grade"
Sie behauptete die Reime wären gleichsam
die Riemen durch welche das Gedicht verbun-
den würde, und muß ich ihr die Gerechtig-
keit wiederfahren lassen daß sie bei ihrem
poetischen Trichter oder dem in sechs Stun-
den einzugiessenden Unterricht zur deut-
schen Dicht
und Reimkunst (*) die Regel
gab, trachtet am ersten nach dem Reime der
zweiten Reihe, der erste wird euch zufallen,
und es wird der Vers, wie gegossen seyn --


Jezt
(*) Nürnberg Gedruckt bei Wolfgang Endter MDCL.

Knall und Fall u. ſ. w. waren nach ihrer
Meinung Zwillinge, Doppelbruͤder. Außer
dieſem behautete ſie, daß gewiſſe Reime fuͤr
einander gebohren, im Himmel geſchloſſen
waͤren, und durchaus ins Eheband treten
muͤßten als da ſind Stank und Dank, Mund
und Pfund, Glimpf und Schimpf, Noth
und Tod, Kleider und Schneider, Student
und Recenſent, Schelm und Helm
„Was Gott zuſammen fuͤgt„ pflegte ſie
zu ſagen „ſoll der Menſch nicht ſcheiden.
„Wer ſolche Reime trennt ſcheidet eine Ehe,
„und wer einen andern Reim in dieſe Stelle
„aufnimmt, heyrathet im verbotenen Grade„
Sie behauptete die Reime waͤren gleichſam
die Riemen durch welche das Gedicht verbun-
den wuͤrde, und muß ich ihr die Gerechtig-
keit wiederfahren laſſen daß ſie bei ihrem
poetiſchen Trichter oder dem in ſechs Stun-
den einzugieſſenden Unterricht zur deut-
ſchen Dicht
und Reimkunſt (*) die Regel
gab, trachtet am erſten nach dem Reime der
zweiten Reihe, der erſte wird euch zufallen,
und es wird der Vers, wie gegoſſen ſeyn —


Jezt
(*) Nuͤrnberg Gedruckt bei Wolfgang Endter MDCL.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0052" n="44"/><hi rendition="#fr">Knall</hi> und <hi rendition="#fr">Fall</hi> u. &#x017F;. w. waren nach ihrer<lb/>
Meinung Zwillinge, Doppelbru&#x0364;der. Außer<lb/>
die&#x017F;em behautete &#x017F;ie, daß gewi&#x017F;&#x017F;e Reime fu&#x0364;r<lb/>
einander gebohren, im Himmel ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wa&#x0364;ren, und durchaus ins Eheband treten<lb/>
mu&#x0364;ßten als da &#x017F;ind <hi rendition="#fr">Stank</hi> und <hi rendition="#fr">Dank, Mund</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Pfund, Glimpf</hi> und <hi rendition="#fr">Schimpf, Noth</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Tod, Kleider</hi> und <hi rendition="#fr">Schneider, Student</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Recen&#x017F;ent, Schelm</hi> und <hi rendition="#fr">Helm</hi> &#x2014;<lb/>
&#x201E;Was Gott zu&#x017F;ammen fu&#x0364;gt&#x201E; pflegte &#x017F;ie<lb/>
zu &#x017F;agen &#x201E;&#x017F;oll der Men&#x017F;ch nicht &#x017F;cheiden.<lb/>
&#x201E;Wer &#x017F;olche Reime trennt &#x017F;cheidet eine Ehe,<lb/>
&#x201E;und wer einen andern Reim in die&#x017F;e Stelle<lb/>
&#x201E;aufnimmt, heyrathet im verbotenen Grade&#x201E;<lb/>
Sie behauptete die Reime wa&#x0364;ren gleich&#x017F;am<lb/>
die Riemen durch welche das Gedicht verbun-<lb/>
den wu&#x0364;rde, und muß ich ihr die Gerechtig-<lb/>
keit wiederfahren la&#x017F;&#x017F;en daß &#x017F;ie bei ihrem<lb/><hi rendition="#fr">poeti&#x017F;chen Trichter</hi> oder dem <hi rendition="#fr">in &#x017F;echs Stun-<lb/>
den einzugie&#x017F;&#x017F;enden Unterricht zur deut-<lb/>
&#x017F;chen Dicht</hi> und <hi rendition="#fr">Reimkun&#x017F;t</hi> <note place="foot" n="(*)">Nu&#x0364;rnberg Gedruckt bei Wolfgang Endter <hi rendition="#aq">MDCL.</hi></note> die Regel<lb/>
gab, trachtet am er&#x017F;ten nach dem Reime der<lb/>
zweiten Reihe, der er&#x017F;te wird euch zufallen,<lb/>
und es wird der Vers, wie gego&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn &#x2014;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Jezt</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0052] Knall und Fall u. ſ. w. waren nach ihrer Meinung Zwillinge, Doppelbruͤder. Außer dieſem behautete ſie, daß gewiſſe Reime fuͤr einander gebohren, im Himmel geſchloſſen waͤren, und durchaus ins Eheband treten muͤßten als da ſind Stank und Dank, Mund und Pfund, Glimpf und Schimpf, Noth und Tod, Kleider und Schneider, Student und Recenſent, Schelm und Helm — „Was Gott zuſammen fuͤgt„ pflegte ſie zu ſagen „ſoll der Menſch nicht ſcheiden. „Wer ſolche Reime trennt ſcheidet eine Ehe, „und wer einen andern Reim in dieſe Stelle „aufnimmt, heyrathet im verbotenen Grade„ Sie behauptete die Reime waͤren gleichſam die Riemen durch welche das Gedicht verbun- den wuͤrde, und muß ich ihr die Gerechtig- keit wiederfahren laſſen daß ſie bei ihrem poetiſchen Trichter oder dem in ſechs Stun- den einzugieſſenden Unterricht zur deut- ſchen Dicht und Reimkunſt (*) die Regel gab, trachtet am erſten nach dem Reime der zweiten Reihe, der erſte wird euch zufallen, und es wird der Vers, wie gegoſſen ſeyn — Jezt (*) Nuͤrnberg Gedruckt bei Wolfgang Endter MDCL.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/52
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/52>, abgerufen am 13.05.2024.