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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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siegelten Schrift wegen, die zur Aufschrift
anekhou kai apekhou hatte befragen; allein
er fuhr fort:

Unser Herr und Meister sagte zu sei-
nen Jüngern: ich hab euch noch viel zu sa-
gen, aber ihr könnet es jetzt nicht tragen.
Uns sind allen beyden die Thränen nahe.
Der alte Mann mit dem einen Handschu,
der in acht Tagen sterben wird, und der
Creutzträger -- der wegen des Grußes, wo-
mit er seinen Sohn im Himmel begegnen soll,
verlegen ist, (ich glaube der Herr v. W -- würd
es selbst seyn, wenn er in der Stelle dieses
Armen wäre) haben uns äußerst bewegt.
Ein Abschied, der auf einen naßen Boden
fällt, bringt keine Früchte. Es ist ärger, als
der steinigte Acker, den der alte Herr in
Musik gesetzt hat. Ueberhaupt redet kein
Mensch ein kluges Wort, wenn er Thränen
in den Augen hat. Sey ein guter Streiter,
ein Alexander, kämpfe recht, so wirst du
die Lebenseßenz, das ist die Krone des Le-
bens, hier und dort empfahen! Amen!



Amen! auch in Absicht des ersten Bandes. Ich
hoffe die folgende zwey, die Ich noch zu laufen hab,
im kurzen zu vollenden. Ueber diesen ontologischen

Theil

ſiegelten Schrift wegen, die zur Aufſchrift
ανέχου και απέχου hatte befragen; allein
er fuhr fort:

Unſer Herr und Meiſter ſagte zu ſei-
nen Juͤngern: ich hab euch noch viel zu ſa-
gen, aber ihr koͤnnet es jetzt nicht tragen.
Uns ſind allen beyden die Thraͤnen nahe.
Der alte Mann mit dem einen Handſchu,
der in acht Tagen ſterben wird, und der
Creutztraͤger — der wegen des Grußes, wo-
mit er ſeinen Sohn im Himmel begegnen ſoll,
verlegen iſt, (ich glaube der Herr v. W — wuͤrd
es ſelbſt ſeyn, wenn er in der Stelle dieſes
Armen waͤre) haben uns aͤußerſt bewegt.
Ein Abſchied, der auf einen naßen Boden
faͤllt, bringt keine Fruͤchte. Es iſt aͤrger, als
der ſteinigte Acker, den der alte Herr in
Muſik geſetzt hat. Ueberhaupt redet kein
Menſch ein kluges Wort, wenn er Thraͤnen
in den Augen hat. Sey ein guter Streiter,
ein Alexander, kaͤmpfe recht, ſo wirſt du
die Lebenseßenz, das iſt die Krone des Le-
bens, hier und dort empfahen! Amen!



Amen! auch in Abſicht des erſten Bandes. Ich
hoffe die folgende zwey, die Ich noch zu laufen hab,
im kurzen zu vollenden. Ueber dieſen ontologiſchen

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[525/0541] ſiegelten Schrift wegen, die zur Aufſchrift ανέχου και απέχου hatte befragen; allein er fuhr fort: Unſer Herr und Meiſter ſagte zu ſei- nen Juͤngern: ich hab euch noch viel zu ſa- gen, aber ihr koͤnnet es jetzt nicht tragen. Uns ſind allen beyden die Thraͤnen nahe. Der alte Mann mit dem einen Handſchu, der in acht Tagen ſterben wird, und der Creutztraͤger — der wegen des Grußes, wo- mit er ſeinen Sohn im Himmel begegnen ſoll, verlegen iſt, (ich glaube der Herr v. W — wuͤrd es ſelbſt ſeyn, wenn er in der Stelle dieſes Armen waͤre) haben uns aͤußerſt bewegt. Ein Abſchied, der auf einen naßen Boden faͤllt, bringt keine Fruͤchte. Es iſt aͤrger, als der ſteinigte Acker, den der alte Herr in Muſik geſetzt hat. Ueberhaupt redet kein Menſch ein kluges Wort, wenn er Thraͤnen in den Augen hat. Sey ein guter Streiter, ein Alexander, kaͤmpfe recht, ſo wirſt du die Lebenseßenz, das iſt die Krone des Le- bens, hier und dort empfahen! Amen! Amen! auch in Abſicht des erſten Bandes. Ich hoffe die folgende zwey, die Ich noch zu laufen hab, im kurzen zu vollenden. Ueber dieſen ontologiſchen Theil

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/541>, abgerufen am 29.04.2024.