Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

ich will sie selbst ansehen, wenn ich Ja zu
S. sage, und dies Ja soll so leise seyn, daß
es der liebe Gott selbst kaum hören soll.
Mehr, glaub' ich, kann Minchen nicht zur
Gewissensberuhigung fordern, wenn Sie
Superintendentin wäre, und mehr kann sie
nicht fordern, wenn sie zehn Jahr Jura stu-
dirt hätte. Dieser Brief muß zerrissen wer-
den, so bald er gelesen ist, oder ich stecke
dem Herrn Herrmann das Haus an. Hat
Magdalena nicht öfter Wochen gehalten, als
meine Mutter? und einen Mund voll Zähne
abgerechnet, was fehlt ihr zur Ehre, die
Frau eines Litteratus zu werden? Reinen
Wein, oder ich heiß nicht

-- -- v. E. --

Wenn meine Leser die saubere Antwort
auf diesen cursch-französischen Brief lesen
wollen; hier ist sie:

Hochwohlgebohrner Herr und Gönner,
Gnädiger Herr Baron und Gönner,

Ew. Hochwohlgebohrnen werden gnädigst
zu verzeihen geruhen, daß ich gleich anfäng-
lich in aller Ehrfurcht bemerke, wie ich mich
wohl zu bescheiden weiß, an Briefe von gnä-
digen Händen nicht gewaltthätige Hand zu

legen;

ich will ſie ſelbſt anſehen, wenn ich Ja zu
S. ſage, und dies Ja ſoll ſo leiſe ſeyn, daß
es der liebe Gott ſelbſt kaum hoͤren ſoll.
Mehr, glaub’ ich, kann Minchen nicht zur
Gewiſſensberuhigung fordern, wenn Sie
Superintendentin waͤre, und mehr kann ſie
nicht fordern, wenn ſie zehn Jahr Jura ſtu-
dirt haͤtte. Dieſer Brief muß zerriſſen wer-
den, ſo bald er geleſen iſt, oder ich ſtecke
dem Herrn Herrmann das Haus an. Hat
Magdalena nicht oͤfter Wochen gehalten, als
meine Mutter? und einen Mund voll Zaͤhne
abgerechnet, was fehlt ihr zur Ehre, die
Frau eines Litteratus zu werden? Reinen
Wein, oder ich heiß nicht

— — v. E. —

Wenn meine Leſer die ſaubere Antwort
auf dieſen curſch-franzoͤſiſchen Brief leſen
wollen; hier iſt ſie:

Hochwohlgebohrner Herr und Goͤnner,
Gnaͤdiger Herr Baron und Goͤnner,

Ew. Hochwohlgebohrnen werden gnaͤdigſt
zu verzeihen geruhen, daß ich gleich anfaͤng-
lich in aller Ehrfurcht bemerke, wie ich mich
wohl zu beſcheiden weiß, an Briefe von gnaͤ-
digen Haͤnden nicht gewaltthaͤtige Hand zu

legen;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0352" n="344"/>
ich will &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t an&#x017F;ehen, wenn ich Ja zu<lb/>
S. &#x017F;age, und dies Ja &#x017F;oll &#x017F;o lei&#x017F;e &#x017F;eyn, daß<lb/>
es der liebe Gott &#x017F;elb&#x017F;t kaum ho&#x0364;ren &#x017F;oll.<lb/>
Mehr, glaub&#x2019; ich, kann Minchen nicht zur<lb/>
Gewi&#x017F;&#x017F;ensberuhigung fordern, wenn Sie<lb/>
Superintendentin wa&#x0364;re, und mehr kann &#x017F;ie<lb/>
nicht fordern, wenn &#x017F;ie zehn Jahr Jura &#x017F;tu-<lb/>
dirt ha&#x0364;tte. Die&#x017F;er Brief muß zerri&#x017F;&#x017F;en wer-<lb/>
den, &#x017F;o bald er gele&#x017F;en i&#x017F;t, oder ich &#x017F;tecke<lb/>
dem Herrn Herrmann das Haus an. Hat<lb/>
Magdalena nicht o&#x0364;fter Wochen gehalten, als<lb/>
meine Mutter? und einen Mund voll Za&#x0364;hne<lb/>
abgerechnet, was fehlt ihr zur Ehre, die<lb/>
Frau eines Litteratus zu werden? Reinen<lb/>
Wein, oder ich heiß nicht</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#et">&#x2014; &#x2014; v. E. &#x2014;</hi> </p><lb/>
          <p>Wenn meine Le&#x017F;er die &#x017F;aubere Antwort<lb/>
auf die&#x017F;en cur&#x017F;ch-franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Brief le&#x017F;en<lb/>
wollen; hier i&#x017F;t &#x017F;ie:</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#et">Hochwohlgebohrner Herr und Go&#x0364;nner,<lb/>
Gna&#x0364;diger Herr Baron und Go&#x0364;nner,</hi> </p><lb/>
          <p>Ew. Hochwohlgebohrnen werden gna&#x0364;dig&#x017F;t<lb/>
zu verzeihen geruhen, daß ich gleich anfa&#x0364;ng-<lb/>
lich in aller Ehrfurcht bemerke, wie ich mich<lb/>
wohl zu be&#x017F;cheiden weiß, an Briefe von gna&#x0364;-<lb/>
digen Ha&#x0364;nden nicht gewalttha&#x0364;tige Hand zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">legen;</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0352] ich will ſie ſelbſt anſehen, wenn ich Ja zu S. ſage, und dies Ja ſoll ſo leiſe ſeyn, daß es der liebe Gott ſelbſt kaum hoͤren ſoll. Mehr, glaub’ ich, kann Minchen nicht zur Gewiſſensberuhigung fordern, wenn Sie Superintendentin waͤre, und mehr kann ſie nicht fordern, wenn ſie zehn Jahr Jura ſtu- dirt haͤtte. Dieſer Brief muß zerriſſen wer- den, ſo bald er geleſen iſt, oder ich ſtecke dem Herrn Herrmann das Haus an. Hat Magdalena nicht oͤfter Wochen gehalten, als meine Mutter? und einen Mund voll Zaͤhne abgerechnet, was fehlt ihr zur Ehre, die Frau eines Litteratus zu werden? Reinen Wein, oder ich heiß nicht — — v. E. — Wenn meine Leſer die ſaubere Antwort auf dieſen curſch-franzoͤſiſchen Brief leſen wollen; hier iſt ſie: Hochwohlgebohrner Herr und Goͤnner, Gnaͤdiger Herr Baron und Goͤnner, Ew. Hochwohlgebohrnen werden gnaͤdigſt zu verzeihen geruhen, daß ich gleich anfaͤng- lich in aller Ehrfurcht bemerke, wie ich mich wohl zu beſcheiden weiß, an Briefe von gnaͤ- digen Haͤnden nicht gewaltthaͤtige Hand zu legen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/352
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/352>, abgerufen am 29.04.2024.