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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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Geschäften gewiss nicht von der Art, dass da-
von auf eine grössere Schwächlichkeit der Wei-
ber geschlossen werden könnte. Die Arbeiten
bei Bestellung des Bodens und bei der Ernd-
te -- sind sie nicht unter beide Geschlechter
so ziemlich gleich vertheilt? Es wird schwer
fallen, zu bestimmen, welcher Theil hier mehr
übersehen werde. Bei der Musterung aller
Gewerbe, die den Kunstfleiss und die Hände
der Menschen beschäftigen -- ist nicht der
Antheil der Weiber mit einem beträchtlicheren
Aufwande von Kräften verknüpft? Der
Schnitter kehret heim zu seiner Hütte mit
frohem Herzen, um nach ermüdender Arbeit
der Ruhe zu pflegen, wenn, auch bei der
einfachsten ländlichen Haushaltung, noch viel-
fache Geschäfte für das Weib übrig bleiben,
das im Schweisse seines Angesichts die Garben
band, wozu nicht minder Anstrengung von
Kräften erfordert wird. Jene von Gesundheit
strotzende, mit der ächten Sommerfarbe ge-
schminkte Dirne ist eine lebendige Widerle-
gung dieser missgünstigen Behauptung, und sie
wird es mit Jedem aufnehmen, der es wagen

Geschäften gewiſs nicht von der Art, daſs da-
von auf eine gröſsere Schwächlichkeit der Wei-
ber geschlossen werden könnte. Die Arbeiten
bei Bestellung des Bodens und bei der Ernd-
te — sind sie nicht unter beide Geschlechter
so ziemlich gleich vertheilt? Es wird schwer
fallen, zu bestimmen, welcher Theil hier mehr
übersehen werde. Bei der Musterung aller
Gewerbe, die den Kunstfleiſs und die Hände
der Menschen beschäftigen — ist nicht der
Antheil der Weiber mit einem beträchtlicheren
Aufwande von Kräften verknüpft? Der
Schnitter kehret heim zu seiner Hütte mit
frohem Herzen, um nach ermüdender Arbeit
der Ruhe zu pflegen, wenn, auch bei der
einfachsten ländlichen Haushaltung, noch viel-
fache Geschäfte für das Weib übrig bleiben,
das im Schweiſse seines Angesichts die Garben
band, wozu nicht minder Anstrengung von
Kräften erfordert wird. Jene von Gesundheit
strotzende, mit der ächten Sommerfarbe ge-
schminkte Dirne ist eine lebendige Widerle-
gung dieser miſsgünstigen Behauptung, und sie
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[42/0050] Geschäften gewiſs nicht von der Art, daſs da- von auf eine gröſsere Schwächlichkeit der Wei- ber geschlossen werden könnte. Die Arbeiten bei Bestellung des Bodens und bei der Ernd- te — sind sie nicht unter beide Geschlechter so ziemlich gleich vertheilt? Es wird schwer fallen, zu bestimmen, welcher Theil hier mehr übersehen werde. Bei der Musterung aller Gewerbe, die den Kunstfleiſs und die Hände der Menschen beschäftigen — ist nicht der Antheil der Weiber mit einem beträchtlicheren Aufwande von Kräften verknüpft? Der Schnitter kehret heim zu seiner Hütte mit frohem Herzen, um nach ermüdender Arbeit der Ruhe zu pflegen, wenn, auch bei der einfachsten ländlichen Haushaltung, noch viel- fache Geschäfte für das Weib übrig bleiben, das im Schweiſse seines Angesichts die Garben band, wozu nicht minder Anstrengung von Kräften erfordert wird. Jene von Gesundheit strotzende, mit der ächten Sommerfarbe ge- schminkte Dirne ist eine lebendige Widerle- gung dieser miſsgünstigen Behauptung, und sie wird es mit Jedem aufnehmen, der es wagen

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/50>, abgerufen am 26.04.2024.