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Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zerbrochen und sonstigen Unfug gemacht. Nun liegt er da wie 'ne wilde Katze, thut das Maul nicht auf, rührt weder Speise noch Trank an. Eigentlich müßten wir über ihn, und das nach der Regel, aber der Oberst will ihm zuerst zugeredet wissen, denn es ist ein schmucker, strammer Kerl, wie wir deren nie zu viel haben können. So geh Er denn hin und red' Er mit ihm, wie Er meint, daß es anschlägt. Von meinetwegen aber sag' Er dem Geschöpf, daß ich, wenn er bis morgen nicht manierlich und menschlich sei, über ihn will und ihn striegeln lassen, bis er so weich und sanft wird wie mein Handschuh.

Sehr wohl, versetzte ich gleichgültig, denn ähnliche Vorfälle kamen öfter vor, und mir war am Morgen der Kopf etwas confus, so daß ich nicht über den Weg hin dachte. So ging ich, kam in die Wache, ins Hundeloch, und da -- ja da saß der Bursch auf der Erde, mit Ketten an Armen und Beinen, die Kleider zerrissen, das Haar zerrauft, das Gesicht voll Blut, die Augen fest geschlossen und die Zähne in den Lippen so fest und scharf, daß das Blut hervorschimmerte.

Da kam's über mich, da stieg mir das Blut zu Kopf und mich faßte eine schier unmenschliche Wuth. Ha, Canaille! schrie ich und faßte mit der Faust seine Schulter und schüttelte ihn wie ein Kind; ist's nun doch gekommen, wie ich dir und dem Satansalten immer gesagt? Ist doch der Hochmuth zu Fall gekommen, und seid ihr nun gebändigt wie die prahl-

zerbrochen und sonstigen Unfug gemacht. Nun liegt er da wie 'ne wilde Katze, thut das Maul nicht auf, rührt weder Speise noch Trank an. Eigentlich müßten wir über ihn, und das nach der Regel, aber der Oberst will ihm zuerst zugeredet wissen, denn es ist ein schmucker, strammer Kerl, wie wir deren nie zu viel haben können. So geh Er denn hin und red' Er mit ihm, wie Er meint, daß es anschlägt. Von meinetwegen aber sag' Er dem Geschöpf, daß ich, wenn er bis morgen nicht manierlich und menschlich sei, über ihn will und ihn striegeln lassen, bis er so weich und sanft wird wie mein Handschuh.

Sehr wohl, versetzte ich gleichgültig, denn ähnliche Vorfälle kamen öfter vor, und mir war am Morgen der Kopf etwas confus, so daß ich nicht über den Weg hin dachte. So ging ich, kam in die Wache, ins Hundeloch, und da — ja da saß der Bursch auf der Erde, mit Ketten an Armen und Beinen, die Kleider zerrissen, das Haar zerrauft, das Gesicht voll Blut, die Augen fest geschlossen und die Zähne in den Lippen so fest und scharf, daß das Blut hervorschimmerte.

Da kam's über mich, da stieg mir das Blut zu Kopf und mich faßte eine schier unmenschliche Wuth. Ha, Canaille! schrie ich und faßte mit der Faust seine Schulter und schüttelte ihn wie ein Kind; ist's nun doch gekommen, wie ich dir und dem Satansalten immer gesagt? Ist doch der Hochmuth zu Fall gekommen, und seid ihr nun gebändigt wie die prahl-

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:37:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:37:13Z)

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Zitationshilfe: Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/25>, abgerufen am 26.04.2024.