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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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Beutel, klappert mit Euern Becken und
schaumt die Seife, heißes, gefährliches Wasser
umherspritzend, fragt im frechen Frevel Eu¬
ere Patienten, ob sie über den Daumen oder
über den Löffel rasirt seyn wollen. -- Es
giebt Pietro's die Euerm schnöden Gewerbe
entgegenarbeiten und, sich erniedrigend zu Eu¬
erm schmachvollen Treiben, die Bärte auszu¬
rotten, noch das zu retten suchen, was sich
über die Wellen der Zeit erhebt. Was sind
die tausendmahl variirten Backenbärte in lieb¬
lichen Windungen und Krümmungen, bald
sich sanft schmiegend der Linie des sanften
Ovals, bald traurig niedersinkend in des
Halses Vertiefung, bald keck emporstrebend
über die Mundwinkel heraus, bald beschei¬
den sich einengend in schmaler Linie, bald
sich auseinanderbreitend in kühnem Locken¬
schwunge -- was sind sie anders, als die Er¬
findung unserer Kunst, in der sich das hohe
Streben nach dem Schönen, nach dem Hei¬
ligen entfaltet? Ha, Pietro! zeige, welcher

Beutel, klappert mit Euern Becken und
ſchaumt die Seife, heißes, gefaͤhrliches Waſſer
umherſpritzend, fragt im frechen Frevel Eu¬
ere Patienten, ob ſie uͤber den Daumen oder
uͤber den Loͤffel raſirt ſeyn wollen. — Es
giebt Pietro's die Euerm ſchnoͤden Gewerbe
entgegenarbeiten und, ſich erniedrigend zu Eu¬
erm ſchmachvollen Treiben, die Baͤrte auszu¬
rotten, noch das zu retten ſuchen, was ſich
uͤber die Wellen der Zeit erhebt. Was ſind
die tauſendmahl variirten Backenbaͤrte in lieb¬
lichen Windungen und Kruͤmmungen, bald
ſich ſanft ſchmiegend der Linie des ſanften
Ovals, bald traurig niederſinkend in des
Halſes Vertiefung, bald keck emporſtrebend
uͤber die Mundwinkel heraus, bald beſchei¬
den ſich einengend in ſchmaler Linie, bald
ſich auseinanderbreitend in kuͤhnem Locken¬
ſchwunge — was ſind ſie anders, als die Er¬
findung unſerer Kunſt, in der ſich das hohe
Streben nach dem Schoͤnen, nach dem Hei¬
ligen entfaltet? Ha, Pietro! zeige, welcher

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[210/0226] Beutel, klappert mit Euern Becken und ſchaumt die Seife, heißes, gefaͤhrliches Waſſer umherſpritzend, fragt im frechen Frevel Eu¬ ere Patienten, ob ſie uͤber den Daumen oder uͤber den Loͤffel raſirt ſeyn wollen. — Es giebt Pietro's die Euerm ſchnoͤden Gewerbe entgegenarbeiten und, ſich erniedrigend zu Eu¬ erm ſchmachvollen Treiben, die Baͤrte auszu¬ rotten, noch das zu retten ſuchen, was ſich uͤber die Wellen der Zeit erhebt. Was ſind die tauſendmahl variirten Backenbaͤrte in lieb¬ lichen Windungen und Kruͤmmungen, bald ſich ſanft ſchmiegend der Linie des ſanften Ovals, bald traurig niederſinkend in des Halſes Vertiefung, bald keck emporſtrebend uͤber die Mundwinkel heraus, bald beſchei¬ den ſich einengend in ſchmaler Linie, bald ſich auseinanderbreitend in kuͤhnem Locken¬ ſchwunge — was ſind ſie anders, als die Er¬ findung unſerer Kunſt, in der ſich das hohe Streben nach dem Schoͤnen, nach dem Hei¬ ligen entfaltet? Ha, Pietro! zeige, welcher

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/226>, abgerufen am 30.04.2024.