Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

als ich deutlich Aureliens Gestalt wahrzu¬
nehmen glaubte, wie sie mich mit ernsten
Blicken anschaute und dann in den Strahlen
des Morgens, die in die Zelle fielen, zu ver¬
duften schien. -- Nun erkannte ich die Ver¬
suchung des Teufels und meine sündige
Schwachheit. Ich eilte herab und betete
inbrünstig am Altar der heiligen Rosalia. --
Keine Kasteiung, -- keine Buße im Sinn
des Klosters, aber als die Mittagssonne senk¬
recht ihre Strahlen herabschoß, war ich schon
mehrere Stunden von Rom entfernt. --
Nicht nur Cyrillus Mahnung, sondern eine
innere unwiderstehliche Sehnsucht nach der
Heimath, trieb mich fort auf demselben
Pfade, den ich bis nach Rom durchwandert.
Ohne es zu wollen hatte ich, indem ich mei¬
nem, Beruf entfliehen wollte, den geradesten
Weg nach dem mir von dem Prior Leonar¬
dus bestimmten Ziel genommen. --

Ich vermied die Residenz des Fürsten,
nicht weil ich fürchtete, erkannt zu werden

als ich deutlich Aureliens Geſtalt wahrzu¬
nehmen glaubte, wie ſie mich mit ernſten
Blicken anſchaute und dann in den Strahlen
des Morgens, die in die Zelle fielen, zu ver¬
duften ſchien. — Nun erkannte ich die Ver¬
ſuchung des Teufels und meine ſuͤndige
Schwachheit. Ich eilte herab und betete
inbruͤnſtig am Altar der heiligen Roſalia. —
Keine Kaſteiung, — keine Buße im Sinn
des Kloſters, aber als die Mittagsſonne ſenk¬
recht ihre Strahlen herabſchoß, war ich ſchon
mehrere Stunden von Rom entfernt. —
Nicht nur Cyrillus Mahnung, ſondern eine
innere unwiderſtehliche Sehnſucht nach der
Heimath, trieb mich fort auf demſelben
Pfade, den ich bis nach Rom durchwandert.
Ohne es zu wollen hatte ich, indem ich mei¬
nem, Beruf entfliehen wollte, den geradeſten
Weg nach dem mir von dem Prior Leonar¬
dus beſtimmten Ziel genommen. —

Ich vermied die Reſidenz des Fuͤrſten,
nicht weil ich fuͤrchtete, erkannt zu werden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0302" n="294"/>
als ich deutlich Aureliens Ge&#x017F;talt wahrzu¬<lb/>
nehmen glaubte, wie &#x017F;ie mich mit ern&#x017F;ten<lb/>
Blicken an&#x017F;chaute und dann in den Strahlen<lb/>
des Morgens, die in die Zelle fielen, zu ver¬<lb/>
duften &#x017F;chien. &#x2014; Nun erkannte ich die Ver¬<lb/>
&#x017F;uchung des Teufels und meine &#x017F;u&#x0364;ndige<lb/>
Schwachheit. Ich eilte herab und betete<lb/>
inbru&#x0364;n&#x017F;tig am Altar der heiligen Ro&#x017F;alia. &#x2014;<lb/>
Keine Ka&#x017F;teiung, &#x2014; keine Buße im Sinn<lb/>
des Klo&#x017F;ters, aber als die Mittags&#x017F;onne &#x017F;enk¬<lb/>
recht ihre Strahlen herab&#x017F;choß, war ich &#x017F;chon<lb/>
mehrere Stunden von Rom entfernt. &#x2014;<lb/>
Nicht nur Cyrillus Mahnung, &#x017F;ondern eine<lb/>
innere unwider&#x017F;tehliche Sehn&#x017F;ucht nach der<lb/>
Heimath, trieb mich fort auf dem&#x017F;elben<lb/>
Pfade, den ich bis nach Rom durchwandert.<lb/>
Ohne es zu wollen hatte ich, indem ich mei¬<lb/>
nem, Beruf entfliehen wollte, den gerade&#x017F;ten<lb/>
Weg nach dem mir von dem Prior Leonar¬<lb/>
dus be&#x017F;timmten Ziel genommen. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Ich vermied die Re&#x017F;idenz des Fu&#x0364;r&#x017F;ten,<lb/>
nicht weil ich fu&#x0364;rchtete, erkannt zu werden<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0302] als ich deutlich Aureliens Geſtalt wahrzu¬ nehmen glaubte, wie ſie mich mit ernſten Blicken anſchaute und dann in den Strahlen des Morgens, die in die Zelle fielen, zu ver¬ duften ſchien. — Nun erkannte ich die Ver¬ ſuchung des Teufels und meine ſuͤndige Schwachheit. Ich eilte herab und betete inbruͤnſtig am Altar der heiligen Roſalia. — Keine Kaſteiung, — keine Buße im Sinn des Kloſters, aber als die Mittagsſonne ſenk¬ recht ihre Strahlen herabſchoß, war ich ſchon mehrere Stunden von Rom entfernt. — Nicht nur Cyrillus Mahnung, ſondern eine innere unwiderſtehliche Sehnſucht nach der Heimath, trieb mich fort auf demſelben Pfade, den ich bis nach Rom durchwandert. Ohne es zu wollen hatte ich, indem ich mei¬ nem, Beruf entfliehen wollte, den geradeſten Weg nach dem mir von dem Prior Leonar¬ dus beſtimmten Ziel genommen. — Ich vermied die Reſidenz des Fuͤrſten, nicht weil ich fuͤrchtete, erkannt zu werden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/302
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/302>, abgerufen am 15.05.2024.