Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

kehrt und gesäubert wurde. -- Man schmück¬
te den Hochaltar und die Nebenaltäre mit
Blumengewinden, und ein Kirchendiener
sprach viel von frisch aufgeblühten Rosen,
die durchaus Morgen in aller Frühe herbei¬
geschafft werden müßten, weil die Frau Aeb¬
tissin ausdrücklich befohlen habe, daß mit
Rosen der Hochaltar verziert werden solle. --
Entschlossen, nun gleich zu den Brüdern zu
treten, ging ich, nachdem ich mich durch kräf¬
tiges Gebet gestärkt, in das Kloster und frug
nach dem Prior Leonardus; die Pförtnerin
führte mich in einen Saal, Leonardus saß
im Lehnstuhl, von den Brüdern umgeben;
laut weinend, im Innersten zerknirscht, kei¬
nes Wortes mächtig, stürzte ich zu seinen
Füßen. "Medardus!" -- schrie er auf, und
ein dumpfes Gemurmel lief durch die Reihe
der Brüder: "Medardus -- Bruder Medardus
ist endlich wieder da!" -- Man hob mich auf,
-- die Brüder drückten mich an ihre Brust:
"Dank den himmlischen Mächten, daß Du

kehrt und geſaͤubert wurde. — Man ſchmuͤck¬
te den Hochaltar und die Nebenaltaͤre mit
Blumengewinden, und ein Kirchendiener
ſprach viel von friſch aufgebluͤhten Roſen,
die durchaus Morgen in aller Fruͤhe herbei¬
geſchafft werden muͤßten, weil die Frau Aeb¬
tiſſin ausdruͤcklich befohlen habe, daß mit
Roſen der Hochaltar verziert werden ſolle. —
Entſchloſſen, nun gleich zu den Bruͤdern zu
treten, ging ich, nachdem ich mich durch kraͤf¬
tiges Gebet geſtaͤrkt, in das Kloſter und frug
nach dem Prior Leonardus; die Pfoͤrtnerin
fuͤhrte mich in einen Saal, Leonardus ſaß
im Lehnſtuhl, von den Bruͤdern umgeben;
laut weinend, im Innerſten zerknirſcht, kei¬
nes Wortes maͤchtig, ſtuͤrzte ich zu ſeinen
Fuͤßen. „Medardus!“ — ſchrie er auf, und
ein dumpfes Gemurmel lief durch die Reihe
der Bruͤder: „Medardus — Bruder Medardus
iſt endlich wieder da!“ — Man hob mich auf,
— die Bruͤder druͤckten mich an ihre Bruſt:
„Dank den himmliſchen Maͤchten, daß Du

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0315" n="307"/>
kehrt und ge&#x017F;a&#x0364;ubert wurde. &#x2014; Man &#x017F;chmu&#x0364;ck¬<lb/>
te den Hochaltar und die Nebenalta&#x0364;re mit<lb/>
Blumengewinden, und ein Kirchendiener<lb/>
&#x017F;prach viel von fri&#x017F;ch aufgeblu&#x0364;hten Ro&#x017F;en,<lb/>
die durchaus Morgen in aller Fru&#x0364;he herbei¬<lb/>
ge&#x017F;chafft werden mu&#x0364;ßten, weil die Frau Aeb¬<lb/>
ti&#x017F;&#x017F;in ausdru&#x0364;cklich befohlen habe, daß mit<lb/><hi rendition="#g">Ro&#x017F;en</hi> der Hochaltar verziert werden &#x017F;olle. &#x2014;<lb/>
Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, nun gleich zu den Bru&#x0364;dern zu<lb/>
treten, ging ich, nachdem ich mich durch kra&#x0364;<lb/>
tiges Gebet ge&#x017F;ta&#x0364;rkt, in das Klo&#x017F;ter und frug<lb/>
nach dem Prior Leonardus; die Pfo&#x0364;rtnerin<lb/>
fu&#x0364;hrte mich in einen Saal, Leonardus &#x017F;<lb/>
im Lehn&#x017F;tuhl, von den Bru&#x0364;dern umgeben;<lb/>
laut weinend, im Inner&#x017F;ten zerknir&#x017F;cht, kei¬<lb/>
nes Wortes ma&#x0364;chtig, &#x017F;tu&#x0364;rzte ich zu &#x017F;einen<lb/>
Fu&#x0364;ßen. &#x201E;Medardus!&#x201C; &#x2014; &#x017F;chrie er auf, und<lb/>
ein dumpfes Gemurmel lief durch die Reihe<lb/>
der Bru&#x0364;der: &#x201E;Medardus &#x2014; Bruder Medardus<lb/>
i&#x017F;t endlich wieder da!&#x201C; &#x2014; Man hob mich auf,<lb/>
&#x2014; die Bru&#x0364;der dru&#x0364;ckten mich an ihre Bru&#x017F;t:<lb/>
&#x201E;Dank den himmli&#x017F;chen Ma&#x0364;chten, daß Du<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0315] kehrt und geſaͤubert wurde. — Man ſchmuͤck¬ te den Hochaltar und die Nebenaltaͤre mit Blumengewinden, und ein Kirchendiener ſprach viel von friſch aufgebluͤhten Roſen, die durchaus Morgen in aller Fruͤhe herbei¬ geſchafft werden muͤßten, weil die Frau Aeb¬ tiſſin ausdruͤcklich befohlen habe, daß mit Roſen der Hochaltar verziert werden ſolle. — Entſchloſſen, nun gleich zu den Bruͤdern zu treten, ging ich, nachdem ich mich durch kraͤf¬ tiges Gebet geſtaͤrkt, in das Kloſter und frug nach dem Prior Leonardus; die Pfoͤrtnerin fuͤhrte mich in einen Saal, Leonardus ſaß im Lehnſtuhl, von den Bruͤdern umgeben; laut weinend, im Innerſten zerknirſcht, kei¬ nes Wortes maͤchtig, ſtuͤrzte ich zu ſeinen Fuͤßen. „Medardus!“ — ſchrie er auf, und ein dumpfes Gemurmel lief durch die Reihe der Bruͤder: „Medardus — Bruder Medardus iſt endlich wieder da!“ — Man hob mich auf, — die Bruͤder druͤckten mich an ihre Bruſt: „Dank den himmliſchen Maͤchten, daß Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/315
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/315>, abgerufen am 15.05.2024.