Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

"kann, auf welche Weise ich schon jetzt Euch meinen
"Edelmuth bewiesen haben sollte. Bewahrt aber doch
"nur immer Euer Inkognito, denn Euer Anblick ist
"eben nicht anmuthig.

"Ihr seyd," sprach die Stimme weiter, nachdem
sie sich ein wenig ausgeräuspert, "Ihr seyd, ich wie¬
"derhole es mit Vergnügen, ein edler Mann, Herr
"Peregrinus, aber nicht sonderlich tief eingedrungen
"in die Wissenschaft und überhaupt ein wenig uner¬
"fahren, sonst hättet Ihr mich erkannt auf den ersten
"Blick. -- Ich könnte ein wenig prahlerisch reden, ich
"könnte sagen, daß ich einer der mächtigsten Könige
"sey und über viele, viele Millionen herrsche. Aus
"angeborner Bescheidenheit und weil auch am Ende
"der Ausdruck: König! nicht recht paßlich, will ich es
"aber unterlassen. -- In dem Volk, an dessen Spitze
"zu stehen ich die Ehre habe, herrscht nämlich eine
"republikanische Verfassung. Ein Senat, der höch¬
"stens aus Fünf und vierzig tausend neun hundert
"und neun und neunzig Mitgliedern bestehen darf,
"der leichteren Uebersicht beim Votiren halber, vertritt
"die Stelle des Regenten, wer aber an der Spitze
"dieses Senats steht, führt, weil er in allen Din¬
"gen des Lebens zur Meisterschaft gelangt seyn muß,
"wirklich den Namen: Meister! -- Ohne weitere

»kann, auf welche Weiſe ich ſchon jetzt Euch meinen
»Edelmuth bewieſen haben ſollte. Bewahrt aber doch
»nur immer Euer Inkognito, denn Euer Anblick iſt
»eben nicht anmuthig.

»Ihr ſeyd,» ſprach die Stimme weiter, nachdem
ſie ſich ein wenig ausgeräuspert, »Ihr ſeyd, ich wie¬
»derhole es mit Vergnügen, ein edler Mann, Herr
»Peregrinus, aber nicht ſonderlich tief eingedrungen
»in die Wiſſenſchaft und überhaupt ein wenig uner¬
»fahren, ſonſt hättet Ihr mich erkannt auf den erſten
»Blick. — Ich könnte ein wenig prahleriſch reden, ich
»könnte ſagen, daß ich einer der mächtigſten Könige
»ſey und über viele, viele Millionen herrſche. Aus
»angeborner Beſcheidenheit und weil auch am Ende
»der Ausdruck: König! nicht recht paßlich, will ich es
»aber unterlaſſen. — In dem Volk, an deſſen Spitze
»zu ſtehen ich die Ehre habe, herrſcht nämlich eine
»republikaniſche Verfaſſung. Ein Senat, der höch¬
»ſtens aus Fünf und vierzig tauſend neun hundert
»und neun und neunzig Mitgliedern beſtehen darf,
»der leichteren Ueberſicht beim Votiren halber, vertritt
»die Stelle des Regenten, wer aber an der Spitze
»dieſes Senats ſteht, führt, weil er in allen Din¬
»gen des Lebens zur Meiſterſchaft gelangt ſeyn muß,
»wirklich den Namen: Meiſter! — Ohne weitere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0091" n="86"/>
»kann, auf welche Wei&#x017F;e ich &#x017F;chon jetzt Euch meinen<lb/>
»Edelmuth bewie&#x017F;en haben &#x017F;ollte. Bewahrt aber doch<lb/>
»nur immer Euer Inkognito, denn Euer Anblick i&#x017F;t<lb/>
»eben nicht anmuthig.</p><lb/>
          <p>»Ihr &#x017F;eyd,» &#x017F;prach die Stimme weiter, nachdem<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich ein wenig ausgeräuspert, »Ihr &#x017F;eyd, ich wie¬<lb/>
»derhole es mit Vergnügen, ein edler Mann, Herr<lb/>
»Peregrinus, aber nicht &#x017F;onderlich tief eingedrungen<lb/>
»in die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft und überhaupt ein wenig uner¬<lb/>
»fahren, &#x017F;on&#x017F;t hättet Ihr mich erkannt auf den er&#x017F;ten<lb/>
»Blick. &#x2014; Ich könnte ein wenig prahleri&#x017F;ch reden, ich<lb/>
»könnte &#x017F;agen, daß ich einer der mächtig&#x017F;ten Könige<lb/>
»&#x017F;ey und über viele, viele Millionen herr&#x017F;che. Aus<lb/>
»angeborner Be&#x017F;cheidenheit und weil auch am Ende<lb/>
»der Ausdruck: König! nicht recht paßlich, will ich es<lb/>
»aber unterla&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; In dem Volk, an de&#x017F;&#x017F;en Spitze<lb/>
»zu &#x017F;tehen ich die Ehre habe, herr&#x017F;cht nämlich eine<lb/>
»republikani&#x017F;che Verfa&#x017F;&#x017F;ung. Ein Senat, der höch¬<lb/>
»&#x017F;tens aus Fünf und vierzig tau&#x017F;end neun hundert<lb/>
»und neun und neunzig Mitgliedern be&#x017F;tehen darf,<lb/>
»der leichteren Ueber&#x017F;icht beim Votiren halber, vertritt<lb/>
»die Stelle des Regenten, wer aber an der Spitze<lb/>
»die&#x017F;es Senats &#x017F;teht, führt, weil er in allen Din¬<lb/>
»gen des Lebens zur Mei&#x017F;ter&#x017F;chaft gelangt &#x017F;eyn muß,<lb/>
»wirklich den Namen: Mei&#x017F;ter! &#x2014; Ohne weitere<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0091] »kann, auf welche Weiſe ich ſchon jetzt Euch meinen »Edelmuth bewieſen haben ſollte. Bewahrt aber doch »nur immer Euer Inkognito, denn Euer Anblick iſt »eben nicht anmuthig. »Ihr ſeyd,» ſprach die Stimme weiter, nachdem ſie ſich ein wenig ausgeräuspert, »Ihr ſeyd, ich wie¬ »derhole es mit Vergnügen, ein edler Mann, Herr »Peregrinus, aber nicht ſonderlich tief eingedrungen »in die Wiſſenſchaft und überhaupt ein wenig uner¬ »fahren, ſonſt hättet Ihr mich erkannt auf den erſten »Blick. — Ich könnte ein wenig prahleriſch reden, ich »könnte ſagen, daß ich einer der mächtigſten Könige »ſey und über viele, viele Millionen herrſche. Aus »angeborner Beſcheidenheit und weil auch am Ende »der Ausdruck: König! nicht recht paßlich, will ich es »aber unterlaſſen. — In dem Volk, an deſſen Spitze »zu ſtehen ich die Ehre habe, herrſcht nämlich eine »republikaniſche Verfaſſung. Ein Senat, der höch¬ »ſtens aus Fünf und vierzig tauſend neun hundert »und neun und neunzig Mitgliedern beſtehen darf, »der leichteren Ueberſicht beim Votiren halber, vertritt »die Stelle des Regenten, wer aber an der Spitze »dieſes Senats ſteht, führt, weil er in allen Din¬ »gen des Lebens zur Meiſterſchaft gelangt ſeyn muß, »wirklich den Namen: Meiſter! — Ohne weitere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/91
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/91>, abgerufen am 28.04.2024.