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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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denn mit dem Hause nebenan hat es eine eigne
Bewandtniß." -- Ihr, meine treuen Freunde,
könnt wohl denken, wie mich des Conditors Ant¬
wort spannte, und wie sehr ich ihn bat, mir mehr
von dem Hause zu sagen. "Ja, mein Herr!"
sprach er, "recht sonderliches weiß ich selbst nicht
davon, so viel ist aber gewiß, daß das Haus der
Gräfin von S. gehört, die auf ihren Gütern lebt
und seit vielen Jahren nicht in ***n gewesen ist.
Als noch keins der Prachtgebäude existirte, die jetzt
unsere Straße zieren, stand dies Haus, wie man
mir erzählt hat, schon in seiner jetzigen Gestalt da,
und seit der Zeit wurd' es nur gerade vor dem gänz¬
lichen Verfall gesichert. Nur zwei lebendige Wesen
hausen darin, ein steinalter menschenfeindlicher
Hausverwalter und ein grämlicher lebenssatter
Hund, der zuweilen auf dem Hinterhofe den Mond
anheult. Nach der allgemeinen Sage soll es in
dem öden Gebäude häßlich spuken, und in der That,
mein Bruder (der Besitzer des Ladens) und ich, wir
beide haben in der Stille der Nacht, vorzüglich

zur

denn mit dem Hauſe nebenan hat es eine eigne
Bewandtniß.“ — Ihr, meine treuen Freunde,
koͤnnt wohl denken, wie mich des Conditors Ant¬
wort ſpannte, und wie ſehr ich ihn bat, mir mehr
von dem Hauſe zu ſagen. „Ja, mein Herr!“
ſprach er, „recht ſonderliches weiß ich ſelbſt nicht
davon, ſo viel iſt aber gewiß, daß das Haus der
Graͤfin von S. gehoͤrt, die auf ihren Guͤtern lebt
und ſeit vielen Jahren nicht in ***n geweſen iſt.
Als noch keins der Prachtgebaͤude exiſtirte, die jetzt
unſere Straße zieren, ſtand dies Haus, wie man
mir erzaͤhlt hat, ſchon in ſeiner jetzigen Geſtalt da,
und ſeit der Zeit wurd' es nur gerade vor dem gaͤnz¬
lichen Verfall geſichert. Nur zwei lebendige Weſen
hauſen darin, ein ſteinalter menſchenfeindlicher
Hausverwalter und ein graͤmlicher lebensſatter
Hund, der zuweilen auf dem Hinterhofe den Mond
anheult. Nach der allgemeinen Sage ſoll es in
dem oͤden Gebaͤude haͤßlich ſpuken, und in der That,
mein Bruder (der Beſitzer des Ladens) und ich, wir
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[16/0024] denn mit dem Hauſe nebenan hat es eine eigne Bewandtniß.“ — Ihr, meine treuen Freunde, koͤnnt wohl denken, wie mich des Conditors Ant¬ wort ſpannte, und wie ſehr ich ihn bat, mir mehr von dem Hauſe zu ſagen. „Ja, mein Herr!“ ſprach er, „recht ſonderliches weiß ich ſelbſt nicht davon, ſo viel iſt aber gewiß, daß das Haus der Graͤfin von S. gehoͤrt, die auf ihren Guͤtern lebt und ſeit vielen Jahren nicht in ***n geweſen iſt. Als noch keins der Prachtgebaͤude exiſtirte, die jetzt unſere Straße zieren, ſtand dies Haus, wie man mir erzaͤhlt hat, ſchon in ſeiner jetzigen Geſtalt da, und ſeit der Zeit wurd' es nur gerade vor dem gaͤnz¬ lichen Verfall geſichert. Nur zwei lebendige Weſen hauſen darin, ein ſteinalter menſchenfeindlicher Hausverwalter und ein graͤmlicher lebensſatter Hund, der zuweilen auf dem Hinterhofe den Mond anheult. Nach der allgemeinen Sage ſoll es in dem oͤden Gebaͤude haͤßlich ſpuken, und in der That, mein Bruder (der Beſitzer des Ladens) und ich, wir beide haben in der Stille der Nacht, vorzuͤglich zur

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/24>, abgerufen am 03.10.2024.