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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Schnell abreisen, ohne Hermenegilda wieder zu
sehen, das war der heroische Entschluß, den er
wirklich auf der Stelle so weit ausführte, daß er
zu packen und seinen Wagen anzuspannen befahl.
Graf Nepomuk war hoch verwundert, als Xaver
von ihm Abschied nahm; er bot alles auf ihn festzu¬
halten, doch mit einer Festigkeit, mehr von einer Art
Krampf, als von wahrer Geistesstärke erzeugt, blieb
Xaver dabei, daß besondere Ursachen ihn forttrieben.
Den Säbel umgeschnallt, die Feldmütze in der
Hand, stand er in der Mitte des Zimmers, der
Bediente mit dem Mantel auf dem Vorsaal --
Unten vor der Thüre wieherten ungeduldig die
Pferde. -- Da ging die Thür auf, Hermene¬
gilda trat herein, mit unbeschreiblicher Anmuth
schritt sie auf den Grafen zu, und sprach hold¬
lächelnd: "Sie wollen fort, lieber Xaver?" --
und noch so vieles dacht' ich von meinem gelieb¬
ten Stanislaus zu hören! -- Wissen Sie wohl,
daß mich Ihre Erzählungen wunderbar trösten? --
Xaver schlug hocherröthend die Augen nieder,

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Schnell abreiſen, ohne Hermenegilda wieder zu
ſehen, das war der heroiſche Entſchluß, den er
wirklich auf der Stelle ſo weit ausfuͤhrte, daß er
zu packen und ſeinen Wagen anzuſpannen befahl.
Graf Nepomuk war hoch verwundert, als Xaver
von ihm Abſchied nahm; er bot alles auf ihn feſtzu¬
halten, doch mit einer Feſtigkeit, mehr von einer Art
Krampf, als von wahrer Geiſtesſtaͤrke erzeugt, blieb
Xaver dabei, daß beſondere Urſachen ihn forttrieben.
Den Saͤbel umgeſchnallt, die Feldmuͤtze in der
Hand, ſtand er in der Mitte des Zimmers, der
Bediente mit dem Mantel auf dem Vorſaal —
Unten vor der Thuͤre wieherten ungeduldig die
Pferde. — Da ging die Thuͤr auf, Hermene¬
gilda trat herein, mit unbeſchreiblicher Anmuth
ſchritt ſie auf den Grafen zu, und ſprach hold¬
laͤchelnd: „Sie wollen fort, lieber Xaver?“ —
und noch ſo vieles dacht' ich von meinem gelieb¬
ten Stanislaus zu hoͤren! — Wiſſen Sie wohl,
daß mich Ihre Erzaͤhlungen wunderbar troͤſten? —
Xaver ſchlug hocherroͤthend die Augen nieder,

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[289/0297] Schnell abreiſen, ohne Hermenegilda wieder zu ſehen, das war der heroiſche Entſchluß, den er wirklich auf der Stelle ſo weit ausfuͤhrte, daß er zu packen und ſeinen Wagen anzuſpannen befahl. Graf Nepomuk war hoch verwundert, als Xaver von ihm Abſchied nahm; er bot alles auf ihn feſtzu¬ halten, doch mit einer Feſtigkeit, mehr von einer Art Krampf, als von wahrer Geiſtesſtaͤrke erzeugt, blieb Xaver dabei, daß beſondere Urſachen ihn forttrieben. Den Saͤbel umgeſchnallt, die Feldmuͤtze in der Hand, ſtand er in der Mitte des Zimmers, der Bediente mit dem Mantel auf dem Vorſaal — Unten vor der Thuͤre wieherten ungeduldig die Pferde. — Da ging die Thuͤr auf, Hermene¬ gilda trat herein, mit unbeſchreiblicher Anmuth ſchritt ſie auf den Grafen zu, und ſprach hold¬ laͤchelnd: „Sie wollen fort, lieber Xaver?“ — und noch ſo vieles dacht' ich von meinem gelieb¬ ten Stanislaus zu hoͤren! — Wiſſen Sie wohl, daß mich Ihre Erzaͤhlungen wunderbar troͤſten? — Xaver ſchlug hocherroͤthend die Augen nieder, T

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/297>, abgerufen am 25.05.2024.