Hause, zu meiner eignen Beschämung, so garstig mystifizirte.
Ganz voller Unmuth und Verdruß lief ich nach Hause, fest entschlossen, mich ganz los zu sagen von jedem Gedanken an die Mysterien des öden Hauses, und wenigstens einige Tage hindurch die Allee zu vermeiden. Dies hielt ich treulich, und kam noch hinzu, daß mich den Tag über dringend ge¬ wordene Geschäfte am Schreibtisch, an den Abenden aber geistreiche fröhliche Freunde in ihrem Kreise festhielten, so mußt' es wohl geschehen, daß ich beinahe gar nicht mehr an jene Geheimnisse dachte. Nur begab es sich in dieser Zeit, daß ich zuweilen aus dem Schlaf auffuhr, wie plötzlich durch äußere Berührung geweckt, und dann war es mir doch deutlich, daß nur der Gedanke an das geheimni߬ volle Wesen, das ich in meiner Vision und in dem Fenster des öden Hauses erblickt, mich geweckt hatte. Ja selbst während der Arbeit, während der lebhaftesten Unterhaltung mit meinen Freunden, durchfuhr mich oft plötzlich, ohne weitern Anlaß,
Hauſe, zu meiner eignen Beſchaͤmung, ſo garſtig myſtifizirte.
Ganz voller Unmuth und Verdruß lief ich nach Hauſe, feſt entſchloſſen, mich ganz los zu ſagen von jedem Gedanken an die Myſterien des oͤden Hauſes, und wenigſtens einige Tage hindurch die Allee zu vermeiden. Dies hielt ich treulich, und kam noch hinzu, daß mich den Tag uͤber dringend ge¬ wordene Geſchaͤfte am Schreibtiſch, an den Abenden aber geiſtreiche froͤhliche Freunde in ihrem Kreiſe feſthielten, ſo mußt' es wohl geſchehen, daß ich beinahe gar nicht mehr an jene Geheimniſſe dachte. Nur begab es ſich in dieſer Zeit, daß ich zuweilen aus dem Schlaf auffuhr, wie ploͤtzlich durch aͤußere Beruͤhrung geweckt, und dann war es mir doch deutlich, daß nur der Gedanke an das geheimni߬ volle Weſen, das ich in meiner Viſion und in dem Fenſter des oͤden Hauſes erblickt, mich geweckt hatte. Ja ſelbſt waͤhrend der Arbeit, waͤhrend der lebhafteſten Unterhaltung mit meinen Freunden, durchfuhr mich oft ploͤtzlich, ohne weitern Anlaß,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0044"n="36"/>
Hauſe, zu meiner eignen Beſchaͤmung, ſo garſtig<lb/>
myſtifizirte.</p><lb/><p>Ganz voller Unmuth und Verdruß lief ich nach<lb/>
Hauſe, feſt entſchloſſen, mich ganz los zu ſagen<lb/>
von jedem Gedanken an die Myſterien des oͤden<lb/>
Hauſes, und wenigſtens einige Tage hindurch die<lb/>
Allee zu vermeiden. Dies hielt ich treulich, und<lb/>
kam noch hinzu, daß mich den Tag uͤber dringend ge¬<lb/>
wordene Geſchaͤfte am Schreibtiſch, an den Abenden<lb/>
aber geiſtreiche froͤhliche Freunde in ihrem Kreiſe<lb/>
feſthielten, ſo mußt' es wohl geſchehen, daß ich<lb/>
beinahe gar nicht mehr an jene Geheimniſſe dachte.<lb/>
Nur begab es ſich in dieſer Zeit, daß ich zuweilen<lb/>
aus dem Schlaf auffuhr, wie ploͤtzlich durch aͤußere<lb/>
Beruͤhrung geweckt, und dann war es mir doch<lb/>
deutlich, daß nur der Gedanke an das geheimni߬<lb/>
volle Weſen, das ich in meiner Viſion und in dem<lb/>
Fenſter des oͤden Hauſes erblickt, mich geweckt<lb/>
hatte. Ja ſelbſt waͤhrend der Arbeit, waͤhrend der<lb/>
lebhafteſten Unterhaltung mit meinen Freunden,<lb/>
durchfuhr mich oft ploͤtzlich, ohne weitern Anlaß,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[36/0044]
Hauſe, zu meiner eignen Beſchaͤmung, ſo garſtig
myſtifizirte.
Ganz voller Unmuth und Verdruß lief ich nach
Hauſe, feſt entſchloſſen, mich ganz los zu ſagen
von jedem Gedanken an die Myſterien des oͤden
Hauſes, und wenigſtens einige Tage hindurch die
Allee zu vermeiden. Dies hielt ich treulich, und
kam noch hinzu, daß mich den Tag uͤber dringend ge¬
wordene Geſchaͤfte am Schreibtiſch, an den Abenden
aber geiſtreiche froͤhliche Freunde in ihrem Kreiſe
feſthielten, ſo mußt' es wohl geſchehen, daß ich
beinahe gar nicht mehr an jene Geheimniſſe dachte.
Nur begab es ſich in dieſer Zeit, daß ich zuweilen
aus dem Schlaf auffuhr, wie ploͤtzlich durch aͤußere
Beruͤhrung geweckt, und dann war es mir doch
deutlich, daß nur der Gedanke an das geheimni߬
volle Weſen, das ich in meiner Viſion und in dem
Fenſter des oͤden Hauſes erblickt, mich geweckt
hatte. Ja ſelbſt waͤhrend der Arbeit, waͤhrend der
lebhafteſten Unterhaltung mit meinen Freunden,
durchfuhr mich oft ploͤtzlich, ohne weitern Anlaß,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/44>, abgerufen am 15.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.