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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Begräbniß-Gedichte.

Kan diese brust noch tichter-einfluß hegen/
Da schon das hertz in blut und thränen schwimm't?
Ja! ja! ich muß; es sollen selbst die zähren
Dem matten kiel ein bleiches naß gewehren.

2.
Du meine lust/ du antheil meiner seelen/
Soll dieß der schluß so langer treue seyn?
Bedencke doch/ wie mit so bitt'rem qvälen
Dein scheiden stürm't auf meine sinnen ein.
Du weist/ wie oft mit brünstigen ümfassen
Mein wünschen war/ dich ewig nicht zu lassen.
3.
Vergnüget denn mein inniges verlangen
Nichts anders/ als ein herbes: Gute nacht!
Ein kalter kuß auf deine blasse wangen?
Ein anblick/ der mich gantz entseelet mach't?
Und soll hiemit in grausen unglücks-wellen
Mein hofnungs-schiff so unverhofft zerschellen?
4
O donnerschlag/ der mir das hertze spaltet!
O unglücks-sturm/ der durch die seele dringt!
Mein ander ich/ mein Damon liegt erkaltet/
Jch schaue mich von kummer gantz ümringt.
Der himmel scheint mit gar zu steifen willen
Mein freuden-licht in schatten einzuhüllen.
5.
Jch dencke noch an deine trefligkeiten/
Und stelle mir zu tausend mahlen vor/
Wie theurer ruhm dir immer ging zur seiten/
Und Leucoris dich tapfer hub empor.
Man kunte leicht aus deinem wunder-wesen
So hohen witz/ als tieffe demuht/ lesen.
6.
Es ließ sich noch/ aus halbgebrochnen blicken/
Die freundligkeit im tode selber sehn.
Dein

Begraͤbniß-Gedichte.

Kan dieſe bruſt noch tichter-einfluß hegen/
Da ſchon das hertz in blut und thraͤnen ſchwimm’t?
Ja! ja! ich muß; es ſollen ſelbſt die zaͤhren
Dem matten kiel ein bleiches naß gewehren.

2.
Du meine luſt/ du antheil meiner ſeelen/
Soll dieß der ſchluß ſo langer treue ſeyn?
Bedencke doch/ wie mit ſo bitt’rem qvaͤlen
Dein ſcheiden ſtuͤrm’t auf meine ſinnen ein.
Du weiſt/ wie oft mit bruͤnſtigen uͤmfaſſen
Mein wuͤnſchen war/ dich ewig nicht zu laſſen.
3.
Vergnuͤget denn mein inniges verlangen
Nichts anders/ als ein herbes: Gute nacht!
Ein kalter kuß auf deine blaſſe wangen?
Ein anblick/ der mich gantz entſeelet mach’t?
Und ſoll hiemit in grauſen ungluͤcks-wellen
Mein hofnungs-ſchiff ſo unverhofft zerſchellen?
4
O donnerſchlag/ der mir das hertze ſpaltet!
O ungluͤcks-ſturm/ der durch die ſeele dringt!
Mein ander ich/ mein Damon liegt erkaltet/
Jch ſchaue mich von kummer gantz uͤmringt.
Der himmel ſcheint mit gar zu ſteifen willen
Mein freuden-licht in ſchatten einzuhuͤllen.
5.
Jch dencke noch an deine trefligkeiten/
Und ſtelle mir zu tauſend mahlen vor/
Wie theurer ruhm dir immer ging zur ſeiten/
Und Leucoris dich tapfer hub empor.
Man kunte leicht aus deinem wunder-weſen
So hohen witz/ als tieffe demuht/ leſen.
6.
Es ließ ſich noch/ aus halbgebrochnen blicken/
Die freundligkeit im tode ſelber ſehn.
Dein
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[233/0243] Begraͤbniß-Gedichte. Kan dieſe bruſt noch tichter-einfluß hegen/ Da ſchon das hertz in blut und thraͤnen ſchwimm’t? Ja! ja! ich muß; es ſollen ſelbſt die zaͤhren Dem matten kiel ein bleiches naß gewehren. 2. Du meine luſt/ du antheil meiner ſeelen/ Soll dieß der ſchluß ſo langer treue ſeyn? Bedencke doch/ wie mit ſo bitt’rem qvaͤlen Dein ſcheiden ſtuͤrm’t auf meine ſinnen ein. Du weiſt/ wie oft mit bruͤnſtigen uͤmfaſſen Mein wuͤnſchen war/ dich ewig nicht zu laſſen. 3. Vergnuͤget denn mein inniges verlangen Nichts anders/ als ein herbes: Gute nacht! Ein kalter kuß auf deine blaſſe wangen? Ein anblick/ der mich gantz entſeelet mach’t? Und ſoll hiemit in grauſen ungluͤcks-wellen Mein hofnungs-ſchiff ſo unverhofft zerſchellen? 4 O donnerſchlag/ der mir das hertze ſpaltet! O ungluͤcks-ſturm/ der durch die ſeele dringt! Mein ander ich/ mein Damon liegt erkaltet/ Jch ſchaue mich von kummer gantz uͤmringt. Der himmel ſcheint mit gar zu ſteifen willen Mein freuden-licht in ſchatten einzuhuͤllen. 5. Jch dencke noch an deine trefligkeiten/ Und ſtelle mir zu tauſend mahlen vor/ Wie theurer ruhm dir immer ging zur ſeiten/ Und Leucoris dich tapfer hub empor. Man kunte leicht aus deinem wunder-weſen So hohen witz/ als tieffe demuht/ leſen. 6. Es ließ ſich noch/ aus halbgebrochnen blicken/ Die freundligkeit im tode ſelber ſehn. Dein

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/243>, abgerufen am 05.05.2024.