Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Nun beschleunigte er seinen Schritt, soviel die
abnehmenden Kräfte ihm gestatten wollten. Das
seidene Tuch hielt er in Händen und taumelte hin
und her.

Vorübergehende hörte er ausrufen: Pfui, ein
Betrunkener!

Wollte Gott, ich wär's! dachte Anton.

Er gelangte ohne Zweck und Ziel nach den
eliseeischen Feldern. Da gab es Heiterkeit und Freude
die Menge: öffentliche Spiele, Musik, Tanz, Jubel
aller Art rauschte ihm entgegen. "Ob ich bei Fran-
coni's eintrete? Vielleicht schenken sie mir das übliche
Almosen für einen in's Elend gerathenen Kollegen!
Wohlan, so sei's. Jch habe nichts zu verlieren; die
Ehre ist ohnedies verspielt!"

Als er eintreten wollte, entdeckte sein trübes um-
flortes Auge, daß es nicht Franconi's Sommercirkus
sei, vor welchem er stehe, woraus die Musik ertönte.
Die große Affiche mit ellenlangen Buchstaben ver-
kündete einen anderen Namen. Diesen bemühte er
sich herabzulesen: "Amelot" stand darauf gedruckt. --

"Den Namen sollt' ich kennen? Vor vielen vielen
Jahren gab es eine Laura dieses Namens, und diese
liebte einen muntern Jungen, einen sichern Antoine?

Nun beſchleunigte er ſeinen Schritt, ſoviel die
abnehmenden Kraͤfte ihm geſtatten wollten. Das
ſeidene Tuch hielt er in Haͤnden und taumelte hin
und her.

Voruͤbergehende hoͤrte er ausrufen: Pfui, ein
Betrunkener!

Wollte Gott, ich waͤr’s! dachte Anton.

Er gelangte ohne Zweck und Ziel nach den
eliſeeiſchen Feldern. Da gab es Heiterkeit und Freude
die Menge: oͤffentliche Spiele, Muſik, Tanz, Jubel
aller Art rauſchte ihm entgegen. „Ob ich bei Fran-
coni’s eintrete? Vielleicht ſchenken ſie mir das uͤbliche
Almoſen fuͤr einen in’s Elend gerathenen Kollegen!
Wohlan, ſo ſei’s. Jch habe nichts zu verlieren; die
Ehre iſt ohnedies verſpielt!“

Als er eintreten wollte, entdeckte ſein truͤbes um-
flortes Auge, daß es nicht Franconi’s Sommercirkus
ſei, vor welchem er ſtehe, woraus die Muſik ertoͤnte.
Die große Affiche mit ellenlangen Buchſtaben ver-
kuͤndete einen anderen Namen. Dieſen bemuͤhte er
ſich herabzuleſen: „Amelot“ ſtand darauf gedruckt. —

„Den Namen ſollt’ ich kennen? Vor vielen vielen
Jahren gab es eine Laura dieſes Namens, und dieſe
liebte einen muntern Jungen, einen ſichern Antoine?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0340" n="338"/>
        <p>Nun be&#x017F;chleunigte er &#x017F;einen Schritt, &#x017F;oviel die<lb/>
abnehmenden Kra&#x0364;fte ihm ge&#x017F;tatten wollten. Das<lb/>
&#x017F;eidene Tuch hielt er in Ha&#x0364;nden und taumelte hin<lb/>
und her.</p><lb/>
        <p>Voru&#x0364;bergehende ho&#x0364;rte er ausrufen: Pfui, ein<lb/>
Betrunkener!</p><lb/>
        <p>Wollte Gott, ich wa&#x0364;r&#x2019;s! dachte Anton.</p><lb/>
        <p>Er gelangte ohne Zweck und Ziel nach den<lb/>
eli&#x017F;eei&#x017F;chen Feldern. Da gab es Heiterkeit und Freude<lb/>
die Menge: o&#x0364;ffentliche Spiele, Mu&#x017F;ik, Tanz, Jubel<lb/>
aller Art rau&#x017F;chte ihm entgegen. &#x201E;Ob ich bei Fran-<lb/>
coni&#x2019;s eintrete? Vielleicht &#x017F;chenken &#x017F;ie mir das u&#x0364;bliche<lb/>
Almo&#x017F;en fu&#x0364;r einen in&#x2019;s Elend gerathenen Kollegen!<lb/>
Wohlan, &#x017F;o &#x017F;ei&#x2019;s. Jch habe nichts zu verlieren; die<lb/>
Ehre i&#x017F;t ohnedies ver&#x017F;pielt!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Als er eintreten wollte, entdeckte &#x017F;ein tru&#x0364;bes um-<lb/>
flortes Auge, daß es nicht Franconi&#x2019;s Sommercirkus<lb/>
&#x017F;ei, vor welchem er &#x017F;tehe, woraus die Mu&#x017F;ik erto&#x0364;nte.<lb/>
Die große Affiche mit ellenlangen Buch&#x017F;taben ver-<lb/>
ku&#x0364;ndete einen anderen Namen. Die&#x017F;en bemu&#x0364;hte er<lb/>
&#x017F;ich herabzule&#x017F;en: &#x201E;Amelot&#x201C; &#x017F;tand darauf gedruckt. &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Den Namen &#x017F;ollt&#x2019; ich kennen? Vor vielen vielen<lb/>
Jahren gab es eine Laura die&#x017F;es Namens, und die&#x017F;e<lb/>
liebte einen muntern Jungen, einen &#x017F;ichern Antoine?<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[338/0340] Nun beſchleunigte er ſeinen Schritt, ſoviel die abnehmenden Kraͤfte ihm geſtatten wollten. Das ſeidene Tuch hielt er in Haͤnden und taumelte hin und her. Voruͤbergehende hoͤrte er ausrufen: Pfui, ein Betrunkener! Wollte Gott, ich waͤr’s! dachte Anton. Er gelangte ohne Zweck und Ziel nach den eliſeeiſchen Feldern. Da gab es Heiterkeit und Freude die Menge: oͤffentliche Spiele, Muſik, Tanz, Jubel aller Art rauſchte ihm entgegen. „Ob ich bei Fran- coni’s eintrete? Vielleicht ſchenken ſie mir das uͤbliche Almoſen fuͤr einen in’s Elend gerathenen Kollegen! Wohlan, ſo ſei’s. Jch habe nichts zu verlieren; die Ehre iſt ohnedies verſpielt!“ Als er eintreten wollte, entdeckte ſein truͤbes um- flortes Auge, daß es nicht Franconi’s Sommercirkus ſei, vor welchem er ſtehe, woraus die Muſik ertoͤnte. Die große Affiche mit ellenlangen Buchſtaben ver- kuͤndete einen anderen Namen. Dieſen bemuͤhte er ſich herabzuleſen: „Amelot“ ſtand darauf gedruckt. — „Den Namen ſollt’ ich kennen? Vor vielen vielen Jahren gab es eine Laura dieſes Namens, und dieſe liebte einen muntern Jungen, einen ſichern Antoine?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/340
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/340>, abgerufen am 06.05.2024.