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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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wie sie ihre Söhne zu andern Dingen bilden möge,
als sie selbst ist. Ich weiß nicht was an dem Auf-
ruf wahr ist, noch wie die Sache sich geendigt
hat; aber wenn ich auf den Straßen ging, sah ich
die mir begegnenden Männer immer an, ob sie
wohl unter die Streitbaren gehörten, und das
Häuflein schien mir hier, wie überall, in einem
gewissen Sinn nicht groß werden zu wollen.

Ein junger Mensch aus dem Handelsstande,
den ich sehr fleißig jagen, fischen und essen sah,
da ich mit ihm auf dem Lande lebte, lernte eiligst
die Becken schlagen, um unter der Feldmusik ge-
braucht werden zu können. Als Gemeiner zu die-
nen fühlte er nicht die physische, als Officier nicht
die intellektuelle Kraft -- denn nur so kann ich mir
das schnelle Ergreifen seiner musikalischen Lauf-
bahn erklären. Also ists hier, wie überall. In
* * * hörte ich eine Mutter ihren Sohn bitterlich
beklagen, weil er in seinem Standquartier nicht
seinen gewohuten Wein fand, in * * bangte es ei-
ner andern, deren Sohn so eben das Conscrip-
tionsloos getroffen hatte, vor der Wirkung des
Frühaufstehens, des Wachens und der harten La-
ger, zu den allen er gar nicht gewöhnt sey -- ists
nun in Westen anders, wie in Osten? Kann es

wie ſie ihre Soͤhne zu andern Dingen bilden moͤge,
als ſie ſelbſt iſt. Ich weiß nicht was an dem Auf-
ruf wahr iſt, noch wie die Sache ſich geendigt
hat; aber wenn ich auf den Straßen ging, ſah ich
die mir begegnenden Maͤnner immer an, ob ſie
wohl unter die Streitbaren gehoͤrten, und das
Haͤuflein ſchien mir hier, wie uͤberall, in einem
gewiſſen Sinn nicht groß werden zu wollen.

Ein junger Menſch aus dem Handelsſtande,
den ich ſehr fleißig jagen, fiſchen und eſſen ſah,
da ich mit ihm auf dem Lande lebte, lernte eiligſt
die Becken ſchlagen, um unter der Feldmuſik ge-
braucht werden zu koͤnnen. Als Gemeiner zu die-
nen fuͤhlte er nicht die phyſiſche, als Officier nicht
die intellektuelle Kraft — denn nur ſo kann ich mir
das ſchnelle Ergreifen ſeiner muſikaliſchen Lauf-
bahn erklaͤren. Alſo iſts hier, wie uͤberall. In
* * * hoͤrte ich eine Mutter ihren Sohn bitterlich
beklagen, weil er in ſeinem Standquartier nicht
ſeinen gewohuten Wein fand, in * * bangte es ei-
ner andern, deren Sohn ſo eben das Conſcrip-
tionsloos getroffen hatte, vor der Wirkung des
Fruͤhaufſtehens, des Wachens und der harten La-
ger, zu den allen er gar nicht gewoͤhnt ſey — iſts
nun in Weſten anders, wie in Oſten? Kann es

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[133/0147] wie ſie ihre Soͤhne zu andern Dingen bilden moͤge, als ſie ſelbſt iſt. Ich weiß nicht was an dem Auf- ruf wahr iſt, noch wie die Sache ſich geendigt hat; aber wenn ich auf den Straßen ging, ſah ich die mir begegnenden Maͤnner immer an, ob ſie wohl unter die Streitbaren gehoͤrten, und das Haͤuflein ſchien mir hier, wie uͤberall, in einem gewiſſen Sinn nicht groß werden zu wollen. Ein junger Menſch aus dem Handelsſtande, den ich ſehr fleißig jagen, fiſchen und eſſen ſah, da ich mit ihm auf dem Lande lebte, lernte eiligſt die Becken ſchlagen, um unter der Feldmuſik ge- braucht werden zu koͤnnen. Als Gemeiner zu die- nen fuͤhlte er nicht die phyſiſche, als Officier nicht die intellektuelle Kraft — denn nur ſo kann ich mir das ſchnelle Ergreifen ſeiner muſikaliſchen Lauf- bahn erklaͤren. Alſo iſts hier, wie uͤberall. In * * * hoͤrte ich eine Mutter ihren Sohn bitterlich beklagen, weil er in ſeinem Standquartier nicht ſeinen gewohuten Wein fand, in * * bangte es ei- ner andern, deren Sohn ſo eben das Conſcrip- tionsloos getroffen hatte, vor der Wirkung des Fruͤhaufſtehens, des Wachens und der harten La- ger, zu den allen er gar nicht gewoͤhnt ſey — iſts nun in Weſten anders, wie in Oſten? Kann es

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/147>, abgerufen am 29.04.2024.