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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Die Pinie trauerte um ihren wolkenleeren Himmel,
und die Ceder lechzte nach den Bergströmen, die
sie in ihrem Vaterland rauschen hörte. Den Kin-
dern eines Frühlings kann man wohl so ein künst-
liches Vaterland machen, aber dieses ausdauernde
Geschlecht läßt sich nicht durch schnöde Kunst be-
trügen. -- Eine Menge Wasserpflanzen wuchsen
in Kisten mit Wasser gefüllt. Warum, da rund
herum Kanäle sind? Werden auch sie im Winter
durch künstliche Wärme erhalten? so mühsam ich
dem Gärtner meine Frage vortrug, verstand er
mich nicht, sondern dunkte nur die Finger in den
Kasten und den Graben, um mir zu beweisen, daß
in diesem das Wasser viel weniger warm sey, als in
jenem. Das wollte ich nicht wissen.

Die Ordnung, welche allenthalben herrscht, ist
ganz vortrefflich, zwischen jeden zwei und zwei
Reihen von Pflanzen steht immer ein Faß mit
Wasser, das wahrscheinlich dem Einfluß der Son-
ne soll ausgesetzt werden, ehe man es Abends zum
Begießen gebraucht.

Ich widerlegte in einem meiner Briefe den Be-
griff, als leide die Bauart von Amsterdam nicht
das Rollen der Wagen. Das hindert nun aber
nicht, daß nicht wirklich der meiste Handelsver-

Die Pinie trauerte um ihren wolkenleeren Himmel,
und die Ceder lechzte nach den Bergſtroͤmen, die
ſie in ihrem Vaterland rauſchen hoͤrte. Den Kin-
dern eines Fruͤhlings kann man wohl ſo ein kuͤnſt-
liches Vaterland machen, aber dieſes ausdauernde
Geſchlecht laͤßt ſich nicht durch ſchnoͤde Kunſt be-
truͤgen. — Eine Menge Waſſerpflanzen wuchſen
in Kiſten mit Waſſer gefuͤllt. Warum, da rund
herum Kanaͤle ſind? Werden auch ſie im Winter
durch kuͤnſtliche Waͤrme erhalten? ſo muͤhſam ich
dem Gaͤrtner meine Frage vortrug, verſtand er
mich nicht, ſondern dunkte nur die Finger in den
Kaſten und den Graben, um mir zu beweiſen, daß
in dieſem das Waſſer viel weniger warm ſey, als in
jenem. Das wollte ich nicht wiſſen.

Die Ordnung, welche allenthalben herrſcht, iſt
ganz vortrefflich, zwiſchen jeden zwei und zwei
Reihen von Pflanzen ſteht immer ein Faß mit
Waſſer, das wahrſcheinlich dem Einfluß der Son-
ne ſoll ausgeſetzt werden, ehe man es Abends zum
Begießen gebraucht.

Ich widerlegte in einem meiner Briefe den Be-
griff, als leide die Bauart von Amſterdam nicht
das Rollen der Wagen. Das hindert nun aber
nicht, daß nicht wirklich der meiſte Handelsver-

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[196/0210] Die Pinie trauerte um ihren wolkenleeren Himmel, und die Ceder lechzte nach den Bergſtroͤmen, die ſie in ihrem Vaterland rauſchen hoͤrte. Den Kin- dern eines Fruͤhlings kann man wohl ſo ein kuͤnſt- liches Vaterland machen, aber dieſes ausdauernde Geſchlecht laͤßt ſich nicht durch ſchnoͤde Kunſt be- truͤgen. — Eine Menge Waſſerpflanzen wuchſen in Kiſten mit Waſſer gefuͤllt. Warum, da rund herum Kanaͤle ſind? Werden auch ſie im Winter durch kuͤnſtliche Waͤrme erhalten? ſo muͤhſam ich dem Gaͤrtner meine Frage vortrug, verſtand er mich nicht, ſondern dunkte nur die Finger in den Kaſten und den Graben, um mir zu beweiſen, daß in dieſem das Waſſer viel weniger warm ſey, als in jenem. Das wollte ich nicht wiſſen. Die Ordnung, welche allenthalben herrſcht, iſt ganz vortrefflich, zwiſchen jeden zwei und zwei Reihen von Pflanzen ſteht immer ein Faß mit Waſſer, das wahrſcheinlich dem Einfluß der Son- ne ſoll ausgeſetzt werden, ehe man es Abends zum Begießen gebraucht. Ich widerlegte in einem meiner Briefe den Be- griff, als leide die Bauart von Amſterdam nicht das Rollen der Wagen. Das hindert nun aber nicht, daß nicht wirklich der meiſte Handelsver-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/210>, abgerufen am 29.04.2024.