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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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hene Leute desselben, und schwangern Frauen, neu-
gebohrnen Kindern, und vernünftigen Leuten nach
einer wohlbedächtig abgewarteten Mittagstafel,
muß ich es sehr empfehlen. Bei unsrer Heimkehr
vom botanischen Garten, wo die Sonne und das
Umherlaufen uns sehr ermüdet hatten, wollten
wirs auch versuchen, und meine Freundinnen und
ich, wir befanden uns in den saubern rothplüsch-
nen Wänden recht wohl. Unsre zwei Begleiter
gingen zu Fuß nebenher, und nichts hinderte uns,
unsrer Erdennähe wegen, das Gespräch fortzusez-
zen. Nur die eine Seite des Wagens mußten
unsre Cavaliere dem langsam herschreitenden Fuhr-
mann überlassen, der seine braune Faust auf dem
Schlag gelegt im innern Seelenfrieden dahin rut-
schen ließ, und wohl bei sich denken mochte: sol-
che leichte Waare führe er in Amsterdam nicht oft.
Die eine meiner Freundinnen empfand beim Vor-
beifahren bei mehreren Obst-, Brod- und Käse-
laden einen heftigen Heißhunger, den sie mit vie-
ler Lustigkeit unsern Begleitern äußerte, und um
Lebensmittel schrie. Bald schob ihr der hülfreiche
Mensch ein saubres Papier mit Käse und Semmel
in den Wagen, und nun hätt ichs euch doch allen
zu errathen aufgegeben, was ich denselben Augen-

hene Leute deſſelben, und ſchwangern Frauen, neu-
gebohrnen Kindern, und vernuͤnftigen Leuten nach
einer wohlbedaͤchtig abgewarteten Mittagstafel,
muß ich es ſehr empfehlen. Bei unſrer Heimkehr
vom botaniſchen Garten, wo die Sonne und das
Umherlaufen uns ſehr ermuͤdet hatten, wollten
wirs auch verſuchen, und meine Freundinnen und
ich, wir befanden uns in den ſaubern rothpluͤſch-
nen Waͤnden recht wohl. Unſre zwei Begleiter
gingen zu Fuß nebenher, und nichts hinderte uns,
unſrer Erdennaͤhe wegen, das Geſpraͤch fortzuſez-
zen. Nur die eine Seite des Wagens mußten
unſre Cavaliere dem langſam herſchreitenden Fuhr-
mann uͤberlaſſen, der ſeine braune Fauſt auf dem
Schlag gelegt im innern Seelenfrieden dahin rut-
ſchen ließ, und wohl bei ſich denken mochte: ſol-
che leichte Waare fuͤhre er in Amſterdam nicht oft.
Die eine meiner Freundinnen empfand beim Vor-
beifahren bei mehreren Obſt-, Brod- und Kaͤſe-
laden einen heftigen Heißhunger, den ſie mit vie-
ler Luſtigkeit unſern Begleitern aͤußerte, und um
Lebensmittel ſchrie. Bald ſchob ihr der huͤlfreiche
Menſch ein ſaubres Papier mit Kaͤſe und Semmel
in den Wagen, und nun haͤtt ichs euch doch allen
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[198/0212] hene Leute deſſelben, und ſchwangern Frauen, neu- gebohrnen Kindern, und vernuͤnftigen Leuten nach einer wohlbedaͤchtig abgewarteten Mittagstafel, muß ich es ſehr empfehlen. Bei unſrer Heimkehr vom botaniſchen Garten, wo die Sonne und das Umherlaufen uns ſehr ermuͤdet hatten, wollten wirs auch verſuchen, und meine Freundinnen und ich, wir befanden uns in den ſaubern rothpluͤſch- nen Waͤnden recht wohl. Unſre zwei Begleiter gingen zu Fuß nebenher, und nichts hinderte uns, unſrer Erdennaͤhe wegen, das Geſpraͤch fortzuſez- zen. Nur die eine Seite des Wagens mußten unſre Cavaliere dem langſam herſchreitenden Fuhr- mann uͤberlaſſen, der ſeine braune Fauſt auf dem Schlag gelegt im innern Seelenfrieden dahin rut- ſchen ließ, und wohl bei ſich denken mochte: ſol- che leichte Waare fuͤhre er in Amſterdam nicht oft. Die eine meiner Freundinnen empfand beim Vor- beifahren bei mehreren Obſt-, Brod- und Kaͤſe- laden einen heftigen Heißhunger, den ſie mit vie- ler Luſtigkeit unſern Begleitern aͤußerte, und um Lebensmittel ſchrie. Bald ſchob ihr der huͤlfreiche Menſch ein ſaubres Papier mit Kaͤſe und Semmel in den Wagen, und nun haͤtt ichs euch doch allen zu errathen aufgegeben, was ich denſelben Augen-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/212>, abgerufen am 28.04.2024.