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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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regelmäßigen Zügen und klaren Hautfarbe -- so
ein teint repose wie ihn die hübschen Derobs nach
Marmontels Bemerkung haben. --

Von dem Leydner Thor an bis an den Kaiser-
kraagt war an diesem Abend das Gedränge so leb-
haft, wie ich es in einer so großen Stadt gern im-
mer haben möchte. Diese Volksklasse gefällt mir
gar wohl mit ihrem rechtlichen breiten Wesen, das
beiden Geschlechtern gemein ist. Die zunächst
darüber stehende Klasse, ist der in jeder deutschen
Stadt mehr ähnlich -- ich weiß für die blassen
Angesichter der jungen Männer, ihre leeren Phy-
siognomien, ihren geckenhaften Anzug, keinen bes-
sern Rath, als einen braven Feldzug unter den
französischen Fahnen *). Ausnahmen giebt es
genug, da ich aber von ihnen nicht rede, könnt
ihr mich nicht beschuldigen, das Kind mit dem
Bade auszuschütten. Auf dem Lande fand ich im
Durchschnitt genommen, von Nimwegen aus, schön
gewachsene große Männer. Sehr viel weit über

*) Die gute alte Frau sah damals nicht vorher, daß nicht
zwölf Monate nach diesem guten Rathe, die Verbindung
Hollands mit dem französischen Reich, diese blasse phy-
siognomielose Herren nun wirklich zu der angegebnen
Cur verhilft.

regelmaͤßigen Zuͤgen und klaren Hautfarbe — ſo
ein teint réposé wie ihn die huͤbſchen Dérobs nach
Marmontels Bemerkung haben. —

Von dem Leydner Thor an bis an den Kaiſer-
kraagt war an dieſem Abend das Gedraͤnge ſo leb-
haft, wie ich es in einer ſo großen Stadt gern im-
mer haben moͤchte. Dieſe Volksklaſſe gefaͤllt mir
gar wohl mit ihrem rechtlichen breiten Weſen, das
beiden Geſchlechtern gemein iſt. Die zunaͤchſt
daruͤber ſtehende Klaſſe, iſt der in jeder deutſchen
Stadt mehr aͤhnlich — ich weiß fuͤr die blaſſen
Angeſichter der jungen Maͤnner, ihre leeren Phy-
ſiognomien, ihren geckenhaften Anzug, keinen beſ-
ſern Rath, als einen braven Feldzug unter den
franzoͤſiſchen Fahnen *). Ausnahmen giebt es
genug, da ich aber von ihnen nicht rede, koͤnnt
ihr mich nicht beſchuldigen, das Kind mit dem
Bade auszuſchuͤtten. Auf dem Lande fand ich im
Durchſchnitt genommen, von Nimwegen aus, ſchoͤn
gewachſene große Maͤnner. Sehr viel weit uͤber

*) Die gute alte Frau ſah damals nicht vorher, daß nicht
zwoͤlf Monate nach dieſem guten Rathe, die Verbindung
Hollands mit dem franzoͤſiſchen Reich, dieſe blaſſe phy-
ſiognomieloſe Herren nun wirklich zu der angegebnen
Cur verhilft.
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[224/0238] regelmaͤßigen Zuͤgen und klaren Hautfarbe — ſo ein teint réposé wie ihn die huͤbſchen Dérobs nach Marmontels Bemerkung haben. — Von dem Leydner Thor an bis an den Kaiſer- kraagt war an dieſem Abend das Gedraͤnge ſo leb- haft, wie ich es in einer ſo großen Stadt gern im- mer haben moͤchte. Dieſe Volksklaſſe gefaͤllt mir gar wohl mit ihrem rechtlichen breiten Weſen, das beiden Geſchlechtern gemein iſt. Die zunaͤchſt daruͤber ſtehende Klaſſe, iſt der in jeder deutſchen Stadt mehr aͤhnlich — ich weiß fuͤr die blaſſen Angeſichter der jungen Maͤnner, ihre leeren Phy- ſiognomien, ihren geckenhaften Anzug, keinen beſ- ſern Rath, als einen braven Feldzug unter den franzoͤſiſchen Fahnen *). Ausnahmen giebt es genug, da ich aber von ihnen nicht rede, koͤnnt ihr mich nicht beſchuldigen, das Kind mit dem Bade auszuſchuͤtten. Auf dem Lande fand ich im Durchſchnitt genommen, von Nimwegen aus, ſchoͤn gewachſene große Maͤnner. Sehr viel weit uͤber *) Die gute alte Frau ſah damals nicht vorher, daß nicht zwoͤlf Monate nach dieſem guten Rathe, die Verbindung Hollands mit dem franzoͤſiſchen Reich, dieſe blaſſe phy- ſiognomieloſe Herren nun wirklich zu der angegebnen Cur verhilft.

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/238>, abgerufen am 29.04.2024.