Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

Seitenrouten und die Korrespondenz in Mittel- und Nord-
deutschland in ihr Monopol einzubeziehen; die jeweilige Ex-
pedition an den Unterwegsstationen strebt an, zur Zen-
tralanstalt ihres Amtssitzes für die gesammte ankommende
und abgehende Korrespondenz zu werden;

3) bindet sich die Verwaltung, wie früher gegenüber dem
einen Paciscenten, der Hofkanzlei, so gegenüber dem Publikum
durch einen festen, von vornherein bekannt gegebenen Kurs
der Ankunfts- und Abgangszeiten und eine feste Posttaxe.

2) Volkswirtschaftlicher und politischer
Hintergrund der kaiserlichen Lehensver-
leihung
.

Die Rechtsfrage des Taxis'schen Lehens ist antiquiert;
von kulturgeschichtlichem Interesse dagegen ist die Unter-
suchung, wie es kam, dass der morschen Macht des Kaisers
dieser Gewaltakt -- fast das einzige Werk von bleibender
Dauer -- gelang.

Auch das Monopol kam nicht über Nacht. Schon
lange vorher war demselben dadurch der Boden geebnet
worden, dass das Gewerbe der Boten in ein Stadt-Monopol
umgewandelt worden war. Mit dem Beginn des 15. Jahr-
hunderts nämlich fangen die Handelsstädte -- die ja mei-
stens zugleich eine Art Souveränität besassen -- aus poli-
tischen und finanziellen Gründen an, den Privatbotendienst
zu kommunalisieren. Von selbst ergab sich diese
Verstadtlichung in den Reichsstädten, wo die Handelskor-
poration oder Kaufmannsgilde mit dem Magistrat zusam-
menfiel. Die Notwendigkeit einer Garantie für zuverlässige
Bestellung, auch die zunehmende Wohlhabenheit der Boten
(mancher verarmte zwar auch dabei: so fiel 1620 der Nürn-
berger Reichspostbote nach Brüssel--Antwerpen "mit Weib
und Kindern dem Almosen anheim") veranlasste die Kauf-
herrn der Handelsstädte, die Leitung der Mess- und Boten-

Seitenrouten und die Korrespondenz in Mittel- und Nord-
deutschland in ihr Monopol einzubeziehen; die jeweilige Ex-
pedition an den Unterwegsstationen strebt an, zur Zen-
tralanstalt ihres Amtssitzes für die gesammte ankommende
und abgehende Korrespondenz zu werden;

3) bindet sich die Verwaltung, wie früher gegenüber dem
einen Paciscenten, der Hofkanzlei, so gegenüber dem Publikum
durch einen festen, von vornherein bekannt gegebenen Kurs
der Ankunfts- und Abgangszeiten und eine feste Posttaxe.

2) Volkswirtschaftlicher und politischer
Hintergrund der kaiserlichen Lehensver-
leihung
.

Die Rechtsfrage des Taxis’schen Lehens ist antiquiert;
von kulturgeschichtlichem Interesse dagegen ist die Unter-
suchung, wie es kam, dass der morschen Macht des Kaisers
dieser Gewaltakt — fast das einzige Werk von bleibender
Dauer — gelang.

Auch das Monopol kam nicht über Nacht. Schon
lange vorher war demselben dadurch der Boden geebnet
worden, dass das Gewerbe der Boten in ein Stadt-Monopol
umgewandelt worden war. Mit dem Beginn des 15. Jahr-
hunderts nämlich fangen die Handelsstädte — die ja mei-
stens zugleich eine Art Souveränität besassen — aus poli-
tischen und finanziellen Gründen an, den Privatbotendienst
zu kommunalisieren. Von selbst ergab sich diese
Verstadtlichung in den Reichsstädten, wo die Handelskor-
poration oder Kaufmannsgilde mit dem Magistrat zusam-
menfiel. Die Notwendigkeit einer Garantie für zuverlässige
Bestellung, auch die zunehmende Wohlhabenheit der Boten
(mancher verarmte zwar auch dabei: so fiel 1620 der Nürn-
berger Reichspostbote nach Brüssel—Antwerpen »mit Weib
und Kindern dem Almosen anheim«) veranlasste die Kauf-
herrn der Handelsstädte, die Leitung der Mess- und Boten-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0108" n="92"/>
Seitenrouten und die Korrespondenz in Mittel- und Nord-<lb/>
deutschland in ihr Monopol einzubeziehen; die jeweilige Ex-<lb/>
pedition an den Unterwegsstationen strebt an, zur Zen-<lb/>
tralanstalt ihres Amtssitzes für die gesammte ankommende<lb/>
und abgehende Korrespondenz zu werden;</p><lb/>
          <p>3) bindet sich die Verwaltung, wie früher gegenüber dem<lb/>
einen Paciscenten, der Hofkanzlei, so gegenüber dem Publikum<lb/>
durch einen festen, von vornherein bekannt gegebenen Kurs<lb/>
der Ankunfts- und Abgangszeiten und eine feste Posttaxe.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>2) <hi rendition="#g">Volkswirtschaftlicher und politischer<lb/>
Hintergrund der kaiserlichen Lehensver-<lb/>
leihung</hi>.</head><lb/>
          <p>Die Rechtsfrage des Taxis&#x2019;schen Lehens ist antiquiert;<lb/>
von kulturgeschichtlichem Interesse dagegen ist die Unter-<lb/>
suchung, wie es kam, dass der morschen Macht des Kaisers<lb/>
dieser Gewaltakt &#x2014; fast das einzige Werk von bleibender<lb/>
Dauer &#x2014; gelang.</p><lb/>
          <p>Auch das Monopol kam nicht über Nacht. Schon<lb/>
lange vorher war demselben dadurch der Boden geebnet<lb/>
worden, dass das Gewerbe der Boten in ein Stadt-Monopol<lb/>
umgewandelt worden war. Mit dem Beginn des 15. Jahr-<lb/>
hunderts nämlich fangen die Handelsstädte &#x2014; die ja mei-<lb/>
stens zugleich eine Art Souveränität besassen &#x2014; aus poli-<lb/>
tischen und finanziellen Gründen an, den Privatbotendienst<lb/>
zu <hi rendition="#g">kommunalisieren</hi>. Von selbst ergab sich diese<lb/>
Verstadtlichung in den Reichsstädten, wo die Handelskor-<lb/>
poration oder Kaufmannsgilde mit dem Magistrat zusam-<lb/>
menfiel. Die Notwendigkeit einer Garantie für zuverlässige<lb/>
Bestellung, auch die zunehmende Wohlhabenheit der Boten<lb/>
(mancher verarmte zwar auch dabei: so fiel 1620 der Nürn-<lb/>
berger Reichspostbote nach Brüssel&#x2014;Antwerpen »mit Weib<lb/>
und Kindern dem Almosen anheim«) veranlasste die Kauf-<lb/>
herrn der Handelsstädte, die Leitung der Mess- und Boten-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0108] Seitenrouten und die Korrespondenz in Mittel- und Nord- deutschland in ihr Monopol einzubeziehen; die jeweilige Ex- pedition an den Unterwegsstationen strebt an, zur Zen- tralanstalt ihres Amtssitzes für die gesammte ankommende und abgehende Korrespondenz zu werden; 3) bindet sich die Verwaltung, wie früher gegenüber dem einen Paciscenten, der Hofkanzlei, so gegenüber dem Publikum durch einen festen, von vornherein bekannt gegebenen Kurs der Ankunfts- und Abgangszeiten und eine feste Posttaxe. 2) Volkswirtschaftlicher und politischer Hintergrund der kaiserlichen Lehensver- leihung. Die Rechtsfrage des Taxis’schen Lehens ist antiquiert; von kulturgeschichtlichem Interesse dagegen ist die Unter- suchung, wie es kam, dass der morschen Macht des Kaisers dieser Gewaltakt — fast das einzige Werk von bleibender Dauer — gelang. Auch das Monopol kam nicht über Nacht. Schon lange vorher war demselben dadurch der Boden geebnet worden, dass das Gewerbe der Boten in ein Stadt-Monopol umgewandelt worden war. Mit dem Beginn des 15. Jahr- hunderts nämlich fangen die Handelsstädte — die ja mei- stens zugleich eine Art Souveränität besassen — aus poli- tischen und finanziellen Gründen an, den Privatbotendienst zu kommunalisieren. Von selbst ergab sich diese Verstadtlichung in den Reichsstädten, wo die Handelskor- poration oder Kaufmannsgilde mit dem Magistrat zusam- menfiel. Die Notwendigkeit einer Garantie für zuverlässige Bestellung, auch die zunehmende Wohlhabenheit der Boten (mancher verarmte zwar auch dabei: so fiel 1620 der Nürn- berger Reichspostbote nach Brüssel—Antwerpen »mit Weib und Kindern dem Almosen anheim«) veranlasste die Kauf- herrn der Handelsstädte, die Leitung der Mess- und Boten-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/108
Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/108>, abgerufen am 30.04.2024.