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Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696.

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Das Mädgen das ich neulich hertzte/
Die hatte mich vortrefflich lieb.
Doch als ich etwas kühne schertzte/
So nennte sie mich einen Dieb.
Jch sprach: ich nehm es an mit Freuden/
Und sage vor den Titel Dauck:
Doch wo ich soll die Marter leiden/
So sey sie meine Folterbanck.

LII. Denn ich bin nach der Zeit über sein
Diarium kommen/ da hab ich gesehen daß
der erste Einfall gantz anders gewesen ist/
und daß der Reim in der sechsten Zeile An-
laß gegeben hat/ daß die letzte um ein merck-
liches ist verbessert worden:

Jch sprach: ich nehm es an mit Freuden
Und -- -- --
Doch wo ich soll die Marter leiden/
So sey sie meine Henckerin.

LIII. Wiewohl es ist mir nicht unbe-
kant/ daß die Reime von den wenigsten
schlechterdinges verworffen werden: son-
dern sie praetendiren zugleich/ daß man den
Abgang derselben durch eine nachdrückliche
Elocution ersetzen solle.

LIV. Jch muß auch gestehen/ daß mich
die nachfolgende Strophe gar wohl conten-
ti
ret/ und daß ich wegen der Pathetischen
formuln die Reime fast nicht vermisse.

Der HErr ist meine Stärcke/
Mein Schirm/ mein Schild/ mein Hort:
Drum trotz ich alle Feinde
Durch meinen Heldenmuth.
Laß Welt und Teuffel rasen/
Sie
Das Maͤdgen das ich neulich hertzte/
Die hatte mich vortrefflich lieb.
Doch als ich etwas kuͤhne ſchertzte/
So nennte ſie mich einen Dieb.
Jch ſprach: ich nehm es an mit Freuden/
Und ſage vor den Titel Dauck:
Doch wo ich ſoll die Marter leiden/
So ſey ſie meine Folterbanck.

LII. Denn ich bin nach der Zeit uͤber ſein
Diarium kommen/ da hab ich geſehen daß
der erſte Einfall gantz anders geweſen iſt/
und daß der Reim in der ſechſten Zeile An-
laß gegeben hat/ daß die letzte um ein merck-
liches iſt verbeſſert worden:

Jch ſprach: ich nehm es an mit Freuden
Und ‒‒ ‒‒ ‒‒
Doch wo ich ſoll die Marter leiden/
So ſey ſie meine Henckerin.

LIII. Wiewohl es iſt mir nicht unbe-
kant/ daß die Reime von den wenigſten
ſchlechterdinges verworffen werden: ſon-
dern ſie prætendiren zugleich/ daß man den
Abgang derſelben durch eine nachdruͤckliche
Elocution erſetzen ſolle.

LIV. Jch muß auch geſtehen/ daß mich
die nachfolgende Strophe gar wohl conten-
ti
ret/ und daß ich wegen der Pathetiſchen
formuln die Reime faſt nicht vermiſſe.

Der HErr iſt meine Staͤrcke/
Mein Schirm/ mein Schild/ mein Hort:
Drum trotz ich alle Feinde
Durch meinen Heldenmuth.
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[27/0031] Das Maͤdgen das ich neulich hertzte/ Die hatte mich vortrefflich lieb. Doch als ich etwas kuͤhne ſchertzte/ So nennte ſie mich einen Dieb. Jch ſprach: ich nehm es an mit Freuden/ Und ſage vor den Titel Dauck: Doch wo ich ſoll die Marter leiden/ So ſey ſie meine Folterbanck. LII. Denn ich bin nach der Zeit uͤber ſein Diarium kommen/ da hab ich geſehen daß der erſte Einfall gantz anders geweſen iſt/ und daß der Reim in der ſechſten Zeile An- laß gegeben hat/ daß die letzte um ein merck- liches iſt verbeſſert worden: Jch ſprach: ich nehm es an mit Freuden Und ‒‒ ‒‒ ‒‒ Doch wo ich ſoll die Marter leiden/ So ſey ſie meine Henckerin. LIII. Wiewohl es iſt mir nicht unbe- kant/ daß die Reime von den wenigſten ſchlechterdinges verworffen werden: ſon- dern ſie prætendiren zugleich/ daß man den Abgang derſelben durch eine nachdruͤckliche Elocution erſetzen ſolle. LIV. Jch muß auch geſtehen/ daß mich die nachfolgende Strophe gar wohl conten- tiret/ und daß ich wegen der Pathetiſchen formuln die Reime faſt nicht vermiſſe. Der HErr iſt meine Staͤrcke/ Mein Schirm/ mein Schild/ mein Hort: Drum trotz ich alle Feinde Durch meinen Heldenmuth. Laß Welt und Teuffel raſen/ Sie

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Zitationshilfe: Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696/31>, abgerufen am 29.04.2024.