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Humboldt, Alexander von: Ueber die Rindviehseuche als Nervenfieber behandelt. In: Neues Magazin für Aerzte. Bd. 18, 5. St., 1796, S. 421-425.

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Achtzehnten Bandes Fünftes Stück. 1796.


XII.
Ueber die Rindviehseuche als Nervenfieber
behandelt. --
Aus einem Briefe des Herrn Oberbergraths von
Humboldt an den G. R. Baldinger.


Jch eile Jhnen, verehrungswerther Mann, eine Nach-
richt mitzutheilen, welche gewiß Jhr lebhaftestes Jn-
teresse auf sich ziehen wird. Unter allen Uebeln, welche der
gegenwärtige Krieg über das westliche Deutschland gebracht
hat, ist unstreitig keines so fürchterlich, als die Rindvieh-
seuche, welche die Armeen durch Schwaben, Franken und
die Pfalz verbreitet haben. Der Viehstand und mit ihm
der Ackerbau in dem schöneren Theil unseres deutschen Va-
terlandes sind auf mehrere Generationen untergraben!
Was würde wohlthätiger für die Menschheit seyn, als ein
Mittel zu entdecken, welches jenem Uebel Grenzen setzen
könnte? Der Glaube an die Unmöglichkeit einer solchen
Entdeckung ist freylich sehr bequem. Man wird aller Mühe
zu experimentieren überhoben und rathet zum Tödten des ge-
sunden Viehs, zu allgemeiner Sperre, zu Mitteln die leich-
ter vorzuschlagen als im Großen auszuführen sind.

Jn einem Lande lebend, welches von demselben Un-
glück betroffen ist, hatte ich eben so viel Gelegenheit krankes
Vieh zu beobachten, als ich Beruf fühlte, Schriften über
die Seuche zu lesen. Unter allem was mir in die Hände
fiel, fesselte nichts so sehr meine Aufmerksamkeit, als das
kleine Werk des Doctors Deho, welches Herr Weikard
übersetzt hat. Nichts schien mir wahrscheinlicher, als daß

die
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Achtzehnten Bandes Fuͤnftes Stuͤck. 1796.


XII.
Ueber die Rindviehſeuche als Nervenfieber
behandelt. —
Aus einem Briefe des Herrn Oberbergraths von
Humboldt an den G. R. Baldinger.


Jch eile Jhnen, verehrungswerther Mann, eine Nach-
richt mitzutheilen, welche gewiß Jhr lebhafteſtes Jn-
tereſſe auf ſich ziehen wird. Unter allen Uebeln, welche der
gegenwaͤrtige Krieg uͤber das weſtliche Deutſchland gebracht
hat, iſt unſtreitig keines ſo fuͤrchterlich, als die Rindvieh-
ſeuche, welche die Armeen durch Schwaben, Franken und
die Pfalz verbreitet haben. Der Viehſtand und mit ihm
der Ackerbau in dem ſchoͤneren Theil unſeres deutſchen Va-
terlandes ſind auf mehrere Generationen untergraben!
Was wuͤrde wohlthaͤtiger fuͤr die Menſchheit ſeyn, als ein
Mittel zu entdecken, welches jenem Uebel Grenzen ſetzen
koͤnnte? Der Glaube an die Unmoͤglichkeit einer ſolchen
Entdeckung iſt freylich ſehr bequem. Man wird aller Muͤhe
zu experimentieren uͤberhoben und rathet zum Toͤdten des ge-
ſunden Viehs, zu allgemeiner Sperre, zu Mitteln die leich-
ter vorzuſchlagen als im Großen auszufuͤhren ſind.

Jn einem Lande lebend, welches von demſelben Un-
gluͤck betroffen iſt, hatte ich eben ſo viel Gelegenheit krankes
Vieh zu beobachten, als ich Beruf fuͤhlte, Schriften uͤber
die Seuche zu leſen. Unter allem was mir in die Haͤnde
fiel, feſſelte nichts ſo ſehr meine Aufmerkſamkeit, als das
kleine Werk des Doctors Deho, welches Herr Weikard
uͤberſetzt hat. Nichts ſchien mir wahrſcheinlicher, als daß

die
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[421/0002] Achtzehnten Bandes Fuͤnftes Stuͤck. 1796. XII. Ueber die Rindviehſeuche als Nervenfieber behandelt. — Aus einem Briefe des Herrn Oberbergraths von Humboldt an den G. R. Baldinger. Jch eile Jhnen, verehrungswerther Mann, eine Nach- richt mitzutheilen, welche gewiß Jhr lebhafteſtes Jn- tereſſe auf ſich ziehen wird. Unter allen Uebeln, welche der gegenwaͤrtige Krieg uͤber das weſtliche Deutſchland gebracht hat, iſt unſtreitig keines ſo fuͤrchterlich, als die Rindvieh- ſeuche, welche die Armeen durch Schwaben, Franken und die Pfalz verbreitet haben. Der Viehſtand und mit ihm der Ackerbau in dem ſchoͤneren Theil unſeres deutſchen Va- terlandes ſind auf mehrere Generationen untergraben! Was wuͤrde wohlthaͤtiger fuͤr die Menſchheit ſeyn, als ein Mittel zu entdecken, welches jenem Uebel Grenzen ſetzen koͤnnte? Der Glaube an die Unmoͤglichkeit einer ſolchen Entdeckung iſt freylich ſehr bequem. Man wird aller Muͤhe zu experimentieren uͤberhoben und rathet zum Toͤdten des ge- ſunden Viehs, zu allgemeiner Sperre, zu Mitteln die leich- ter vorzuſchlagen als im Großen auszufuͤhren ſind. Jn einem Lande lebend, welches von demſelben Un- gluͤck betroffen iſt, hatte ich eben ſo viel Gelegenheit krankes Vieh zu beobachten, als ich Beruf fuͤhlte, Schriften uͤber die Seuche zu leſen. Unter allem was mir in die Haͤnde fiel, feſſelte nichts ſo ſehr meine Aufmerkſamkeit, als das kleine Werk des Doctors Deho, welches Herr Weikard uͤberſetzt hat. Nichts ſchien mir wahrſcheinlicher, als daß die D d 3

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Rindviehseuche als Nervenfieber behandelt. In: Neues Magazin für Aerzte. Bd. 18, 5. St., 1796, S. 421-425, hier S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_rindviehseuche_1796/2>, abgerufen am 28.03.2024.