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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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Aemter für Geld erkaufen. Außer diesen geistlichen
Großwürdenträgern finden sich auch andere, die für
die leiblichen Bedürfnisse sorgen, und dem Vater,
dem Gevatter, dem Mohel und den Uebrigen mit
Zuckerwerk, gutem Wein und dergleichen das Herz
stärken. Wenn Alles versammelt ist, setzt sich der
Gevatter auf seinen Sessel; der Prophet Elias läßt
aber den seinigen leer. Jndessen glauben doch alle
fromme Jsraeliten, er nehme, ihnen unsichtbar,
seinen Platz ein, um zu sehen, ob sie die Beschnei-
dung vorschriftsmäßig vollziehen. Elias ist nemlich,
wie sie lehren, von Gott selbst beauftragt, hierüber
zu wachen, und deshalb rufen sie, wenn sie den
Stuhl für ihn zubereiten, laut aus: dies ist der
Sessel des Propheten Elias! denn, wenn das nicht
geschieht, kömmt Elias nicht. Sein Stuhl bleibt
drei Tage lang stehen. Der Mohel stellt sich dem
Gevatter gegenüber und singt das, im fünfzehnten
Kapitel des zweiten Buchs Mosis enthaltene Lied
der Jsraeliten. Hierauf wird das Kind gebracht,
und mit dem Ausruf: Baruch habba! (gesegnet sey,
der da kömmt!) von dem Gevatter, der es auf
den Schoß nimmt, und den Uebrigen empfangen.
Der Mohel entblößt die große Zehe des Kindes,
faßt die Haut und reibt sie mit den Worten: Ge-
lobet seyst du, Gott unser Herr, König der Welt,
daß du uns durch dein Gesetz geheiliget, und uns
den Bund der Beschneidung gegeben hast! und dann



Aemter fuͤr Geld erkaufen. Außer dieſen geiſtlichen
Großwuͤrdentraͤgern finden ſich auch andere, die fuͤr
die leiblichen Beduͤrfniſſe ſorgen, und dem Vater,
dem Gevatter, dem Mohel und den Uebrigen mit
Zuckerwerk, gutem Wein und dergleichen das Herz
ſtaͤrken. Wenn Alles verſammelt iſt, ſetzt ſich der
Gevatter auf ſeinen Seſſel; der Prophet Elias laͤßt
aber den ſeinigen leer. Jndeſſen glauben doch alle
fromme Jſraeliten, er nehme, ihnen unſichtbar,
ſeinen Platz ein, um zu ſehen, ob ſie die Beſchnei-
dung vorſchriftsmaͤßig vollziehen. Elias iſt nemlich,
wie ſie lehren, von Gott ſelbſt beauftragt, hieruͤber
zu wachen, und deshalb rufen ſie, wenn ſie den
Stuhl fuͤr ihn zubereiten, laut aus: dies iſt der
Seſſel des Propheten Elias! denn, wenn das nicht
geſchieht, koͤmmt Elias nicht. Sein Stuhl bleibt
drei Tage lang ſtehen. Der Mohel ſtellt ſich dem
Gevatter gegenuͤber und ſingt das, im fuͤnfzehnten
Kapitel des zweiten Buchs Moſis enthaltene Lied
der Jſraeliten. Hierauf wird das Kind gebracht,
und mit dem Ausruf: Baruch habba! (geſegnet ſey,
der da koͤmmt!) von dem Gevatter, der es auf
den Schoß nimmt, und den Uebrigen empfangen.
Der Mohel entbloͤßt die große Zehe des Kindes,
faßt die Haut und reibt ſie mit den Worten: Ge-
lobet ſeyſt du, Gott unſer Herr, Koͤnig der Welt,
daß du uns durch dein Geſetz geheiliget, und uns
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[80/0080] Aemter fuͤr Geld erkaufen. Außer dieſen geiſtlichen Großwuͤrdentraͤgern finden ſich auch andere, die fuͤr die leiblichen Beduͤrfniſſe ſorgen, und dem Vater, dem Gevatter, dem Mohel und den Uebrigen mit Zuckerwerk, gutem Wein und dergleichen das Herz ſtaͤrken. Wenn Alles verſammelt iſt, ſetzt ſich der Gevatter auf ſeinen Seſſel; der Prophet Elias laͤßt aber den ſeinigen leer. Jndeſſen glauben doch alle fromme Jſraeliten, er nehme, ihnen unſichtbar, ſeinen Platz ein, um zu ſehen, ob ſie die Beſchnei- dung vorſchriftsmaͤßig vollziehen. Elias iſt nemlich, wie ſie lehren, von Gott ſelbſt beauftragt, hieruͤber zu wachen, und deshalb rufen ſie, wenn ſie den Stuhl fuͤr ihn zubereiten, laut aus: dies iſt der Seſſel des Propheten Elias! denn, wenn das nicht geſchieht, koͤmmt Elias nicht. Sein Stuhl bleibt drei Tage lang ſtehen. Der Mohel ſtellt ſich dem Gevatter gegenuͤber und ſingt das, im fuͤnfzehnten Kapitel des zweiten Buchs Moſis enthaltene Lied der Jſraeliten. Hierauf wird das Kind gebracht, und mit dem Ausruf: Baruch habba! (geſegnet ſey, der da koͤmmt!) von dem Gevatter, der es auf den Schoß nimmt, und den Uebrigen empfangen. Der Mohel entbloͤßt die große Zehe des Kindes, faßt die Haut und reibt ſie mit den Worten: Ge- lobet ſeyſt du, Gott unſer Herr, Koͤnig der Welt, daß du uns durch dein Geſetz geheiliget, und uns den Bund der Beſchneidung gegeben haſt! und dann

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/80>, abgerufen am 07.05.2024.