Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Löhne ist ein dauernder Schutz nicht möglich.
Darum muß die Festsetzung von Mindestlöhnen
unter allen Umständen erstrebt werden.

Die ländliche und häusliche Arbeiterin

Ein gemeinsames Band umschlingt die länd-
liche und häusliche Arbeiterin. Beide befinden sich
in der gleichen außergewöhnlichen Rechtsstellung,
die sie außerhalb des für alle anderen männlichen
und weiblichen deutschen Bürger geltenden Rechts
setzt; beider Lebens- und Arbeitsbedingungen
wurden bis vor kurzem in hygienischer und vielfach
auch sonstiger Beziehung ebenso überschätzt, wie sie
gegenwärtig von mancher Seite unterschätzt
werden. Beide erstreben mit Macht die Loslösung
aus der patriarchalischen Haus- und Wirtschafts-
gemeinschaft; in beiden Berufen herrscht Arbeiter-
mangel.

Der letzte Umstand allein genügt, um darzutun, daß
die Bedingungen, unter denen sie ausgeübt werden,
den modernen Anschauungen und Bedürfnissen
nicht mehr entsprechen, da sonst eine so allge-
meine Abwendung von ihnen und Zuwendung zur
Jndustrie nicht erfolgen würde. Die Landflucht
und der Dienstbotenmangel gestalten sich zu einem
beklagenswerten Übelstand, und das Verständnis
für die Ursachen dieser bedauerlichen Tatsache be-
ginnt nach und nach in alle Kreise zu dringen. Die

Löhne ist ein dauernder Schutz nicht möglich.
Darum muß die Festsetzung von Mindestlöhnen
unter allen Umständen erstrebt werden.

Die ländliche und häusliche Arbeiterin

Ein gemeinsames Band umschlingt die länd-
liche und häusliche Arbeiterin. Beide befinden sich
in der gleichen außergewöhnlichen Rechtsstellung,
die sie außerhalb des für alle anderen männlichen
und weiblichen deutschen Bürger geltenden Rechts
setzt; beider Lebens- und Arbeitsbedingungen
wurden bis vor kurzem in hygienischer und vielfach
auch sonstiger Beziehung ebenso überschätzt, wie sie
gegenwärtig von mancher Seite unterschätzt
werden. Beide erstreben mit Macht die Loslösung
aus der patriarchalischen Haus- und Wirtschafts-
gemeinschaft; in beiden Berufen herrscht Arbeiter-
mangel.

Der letzte Umstand allein genügt, um darzutun, daß
die Bedingungen, unter denen sie ausgeübt werden,
den modernen Anschauungen und Bedürfnissen
nicht mehr entsprechen, da sonst eine so allge-
meine Abwendung von ihnen und Zuwendung zur
Jndustrie nicht erfolgen würde. Die Landflucht
und der Dienstbotenmangel gestalten sich zu einem
beklagenswerten Übelstand, und das Verständnis
für die Ursachen dieser bedauerlichen Tatsache be-
ginnt nach und nach in alle Kreise zu dringen. Die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0075" n="71"/>
Löhne ist ein dauernder Schutz nicht möglich.<lb/>
Darum muß die Festsetzung von Mindestlöhnen<lb/>
unter allen Umständen erstrebt werden.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>Die ländliche und häusliche Arbeiterin</head><lb/>
            <p>Ein gemeinsames Band umschlingt die länd-<lb/>
liche und häusliche Arbeiterin. Beide befinden sich<lb/>
in der gleichen außergewöhnlichen Rechtsstellung,<lb/>
die sie außerhalb des für alle anderen männlichen<lb/>
und weiblichen deutschen Bürger geltenden Rechts<lb/>
setzt; beider Lebens- und Arbeitsbedingungen<lb/>
wurden bis vor kurzem in hygienischer und vielfach<lb/>
auch sonstiger Beziehung ebenso überschätzt, wie sie<lb/>
gegenwärtig von mancher Seite unterschätzt<lb/>
werden. Beide erstreben mit Macht die Loslösung<lb/>
aus der patriarchalischen Haus- und Wirtschafts-<lb/>
gemeinschaft; in beiden Berufen herrscht Arbeiter-<lb/>
mangel.</p><lb/>
            <p>Der letzte Umstand allein genügt, um darzutun, daß<lb/>
die Bedingungen, unter denen sie ausgeübt werden,<lb/>
den modernen Anschauungen und Bedürfnissen<lb/>
nicht mehr entsprechen, da sonst eine so allge-<lb/>
meine Abwendung von ihnen und Zuwendung zur<lb/>
Jndustrie nicht erfolgen würde. Die Landflucht<lb/>
und der Dienstbotenmangel gestalten sich zu einem<lb/>
beklagenswerten Übelstand, und das Verständnis<lb/>
für die Ursachen dieser bedauerlichen Tatsache be-<lb/>
ginnt nach und nach in alle Kreise zu dringen. Die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0075] Löhne ist ein dauernder Schutz nicht möglich. Darum muß die Festsetzung von Mindestlöhnen unter allen Umständen erstrebt werden. Die ländliche und häusliche Arbeiterin Ein gemeinsames Band umschlingt die länd- liche und häusliche Arbeiterin. Beide befinden sich in der gleichen außergewöhnlichen Rechtsstellung, die sie außerhalb des für alle anderen männlichen und weiblichen deutschen Bürger geltenden Rechts setzt; beider Lebens- und Arbeitsbedingungen wurden bis vor kurzem in hygienischer und vielfach auch sonstiger Beziehung ebenso überschätzt, wie sie gegenwärtig von mancher Seite unterschätzt werden. Beide erstreben mit Macht die Loslösung aus der patriarchalischen Haus- und Wirtschafts- gemeinschaft; in beiden Berufen herrscht Arbeiter- mangel. Der letzte Umstand allein genügt, um darzutun, daß die Bedingungen, unter denen sie ausgeübt werden, den modernen Anschauungen und Bedürfnissen nicht mehr entsprechen, da sonst eine so allge- meine Abwendung von ihnen und Zuwendung zur Jndustrie nicht erfolgen würde. Die Landflucht und der Dienstbotenmangel gestalten sich zu einem beklagenswerten Übelstand, und das Verständnis für die Ursachen dieser bedauerlichen Tatsache be- ginnt nach und nach in alle Kreise zu dringen. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/75
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/75>, abgerufen am 25.04.2024.