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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Sinne! weßhalb denn auf kein von diesen unbe-
ständigen Wesen gegebnes Versprechen jemals zu
rechnen sei. Er konnte freilich nicht wissen, wie
ungestüm solche Aussprüche ihren Erwartungen ent-
gegentraten. Sie pflegte darauf zu versetzen: Herr
von Münchhausen, Karls und Ihre Erscheinung
widerlegt mir im Sinne höherer Ahnung zum Vor-
aus diesen Satz. Wenn sie nun das sagte, ver-
stand er sie wirklich nicht, und war auch nicht so
dreist, es ihr zu versichern.

Indessen gingen diese einzelnen Mißstimmungen
immer bald in dem Gefühle der Hingebung und
Begeisterung unter, welches Vater und Tochter ihm
widmeten; ja sie dienten durch den Contrast dazu,
diesem Gefühle nur noch größere Leidenschaftlichkeit
zu geben. Dagegen war der Schulmeister dem
Freiherrn gegenüber in einer eignen Stimmung,
die sich nur mit den Scherzbildern vergleichen ließ,
welche von der einen Seite angesehen, ein lächeln-
des Gesicht, von der andern betrachtet, eine ver-
drießliche Fratze zeigen. Die Persönlichkeit Münch-
hausens nebst seinen Reden hatte nicht verfehlen
können, auch auf den Schulmeister einen tiefen
Eindruck zu machen; wir wissen, welche Aussichten

Sinne! weßhalb denn auf kein von dieſen unbe-
ſtändigen Weſen gegebnes Verſprechen jemals zu
rechnen ſei. Er konnte freilich nicht wiſſen, wie
ungeſtüm ſolche Ausſprüche ihren Erwartungen ent-
gegentraten. Sie pflegte darauf zu verſetzen: Herr
von Münchhauſen, Karls und Ihre Erſcheinung
widerlegt mir im Sinne höherer Ahnung zum Vor-
aus dieſen Satz. Wenn ſie nun das ſagte, ver-
ſtand er ſie wirklich nicht, und war auch nicht ſo
dreiſt, es ihr zu verſichern.

Indeſſen gingen dieſe einzelnen Mißſtimmungen
immer bald in dem Gefühle der Hingebung und
Begeiſterung unter, welches Vater und Tochter ihm
widmeten; ja ſie dienten durch den Contraſt dazu,
dieſem Gefühle nur noch größere Leidenſchaftlichkeit
zu geben. Dagegen war der Schulmeiſter dem
Freiherrn gegenüber in einer eignen Stimmung,
die ſich nur mit den Scherzbildern vergleichen ließ,
welche von der einen Seite angeſehen, ein lächeln-
des Geſicht, von der andern betrachtet, eine ver-
drießliche Fratze zeigen. Die Perſönlichkeit Münch-
hauſens nebſt ſeinen Reden hatte nicht verfehlen
können, auch auf den Schulmeiſter einen tiefen
Eindruck zu machen; wir wiſſen, welche Ausſichten

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[194/0202] Sinne! weßhalb denn auf kein von dieſen unbe- ſtändigen Weſen gegebnes Verſprechen jemals zu rechnen ſei. Er konnte freilich nicht wiſſen, wie ungeſtüm ſolche Ausſprüche ihren Erwartungen ent- gegentraten. Sie pflegte darauf zu verſetzen: Herr von Münchhauſen, Karls und Ihre Erſcheinung widerlegt mir im Sinne höherer Ahnung zum Vor- aus dieſen Satz. Wenn ſie nun das ſagte, ver- ſtand er ſie wirklich nicht, und war auch nicht ſo dreiſt, es ihr zu verſichern. Indeſſen gingen dieſe einzelnen Mißſtimmungen immer bald in dem Gefühle der Hingebung und Begeiſterung unter, welches Vater und Tochter ihm widmeten; ja ſie dienten durch den Contraſt dazu, dieſem Gefühle nur noch größere Leidenſchaftlichkeit zu geben. Dagegen war der Schulmeiſter dem Freiherrn gegenüber in einer eignen Stimmung, die ſich nur mit den Scherzbildern vergleichen ließ, welche von der einen Seite angeſehen, ein lächeln- des Geſicht, von der andern betrachtet, eine ver- drießliche Fratze zeigen. Die Perſönlichkeit Münch- hauſens nebſt ſeinen Reden hatte nicht verfehlen können, auch auf den Schulmeiſter einen tiefen Eindruck zu machen; wir wiſſen, welche Ausſichten

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/202>, abgerufen am 30.04.2024.