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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Aber sie sollte auch an diesem Abende noch
nicht gestillt werden. Denn nachdem er mit seiner
Tochter eine geraume Zeit auf die Rückkunft Münch-
hausens gewartet hatte, trat statt seiner der
Bediente Karl Buttervogel in das Zimmer und
sagte: Mein Herr läßt sich entschuldigen; er kann
das Buch nicht finden. Auch muß er -- setzte
der Mensch geheimnißvoll und halbleise hinzu --
seine chemischen Mittel brauchen.

Mittel? Chemische Mittel? fragte der alte
Baron besorgt. Ist sein Herr krank geworden?

Das nicht, versetzte Karl Buttervogel, aber
der Lebenspurzeß kam in Abnahme und die Gassen
müssen angewendet werden.

Er will wohl sagen: Lebensproceß, und: Gase?
sprach der alte Baron nach einigem Besinnen.
Aber was soll denn das bedeuten?

Ich weiß nicht, erwiederte der Bediente mit
einer wichtigen Miene. Es ist noch nicht aller
Tage Abend und mit meinem Herrn steht es so so.
Ein gescheidter Herr, ein gelahrter Herr, aber,
aber, ich lobe mir Vater und Mutter!

Der Schloßherr drang vergebens in den Men-
schen, sich näher zu erklären. Das neue Geheimniß

Aber ſie ſollte auch an dieſem Abende noch
nicht geſtillt werden. Denn nachdem er mit ſeiner
Tochter eine geraume Zeit auf die Rückkunft Münch-
hauſens gewartet hatte, trat ſtatt ſeiner der
Bediente Karl Buttervogel in das Zimmer und
ſagte: Mein Herr läßt ſich entſchuldigen; er kann
das Buch nicht finden. Auch muß er — ſetzte
der Menſch geheimnißvoll und halbleiſe hinzu —
ſeine chemiſchen Mittel brauchen.

Mittel? Chemiſche Mittel? fragte der alte
Baron beſorgt. Iſt ſein Herr krank geworden?

Das nicht, verſetzte Karl Buttervogel, aber
der Lebenspurzeß kam in Abnahme und die Gaſſen
müſſen angewendet werden.

Er will wohl ſagen: Lebensproceß, und: Gaſe?
ſprach der alte Baron nach einigem Beſinnen.
Aber was ſoll denn das bedeuten?

Ich weiß nicht, erwiederte der Bediente mit
einer wichtigen Miene. Es iſt noch nicht aller
Tage Abend und mit meinem Herrn ſteht es ſo ſo.
Ein geſcheidter Herr, ein gelahrter Herr, aber,
aber, ich lobe mir Vater und Mutter!

Der Schloßherr drang vergebens in den Men-
ſchen, ſich näher zu erklären. Das neue Geheimniß

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[213/0221] Aber ſie ſollte auch an dieſem Abende noch nicht geſtillt werden. Denn nachdem er mit ſeiner Tochter eine geraume Zeit auf die Rückkunft Münch- hauſens gewartet hatte, trat ſtatt ſeiner der Bediente Karl Buttervogel in das Zimmer und ſagte: Mein Herr läßt ſich entſchuldigen; er kann das Buch nicht finden. Auch muß er — ſetzte der Menſch geheimnißvoll und halbleiſe hinzu — ſeine chemiſchen Mittel brauchen. Mittel? Chemiſche Mittel? fragte der alte Baron beſorgt. Iſt ſein Herr krank geworden? Das nicht, verſetzte Karl Buttervogel, aber der Lebenspurzeß kam in Abnahme und die Gaſſen müſſen angewendet werden. Er will wohl ſagen: Lebensproceß, und: Gaſe? ſprach der alte Baron nach einigem Beſinnen. Aber was ſoll denn das bedeuten? Ich weiß nicht, erwiederte der Bediente mit einer wichtigen Miene. Es iſt noch nicht aller Tage Abend und mit meinem Herrn ſteht es ſo ſo. Ein geſcheidter Herr, ein gelahrter Herr, aber, aber, ich lobe mir Vater und Mutter! Der Schloßherr drang vergebens in den Men- ſchen, ſich näher zu erklären. Das neue Geheimniß

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/221>, abgerufen am 30.04.2024.