Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Emerentia stand abermals auf, warf von Neuem
einen dankenden Blick auf den Erzähler, und sagte:
Münchhausen, ich habe Sie immer verehrt, aber
von heute bete ich Sie an. Darauf ging sie wie-
der hinaus.

Zum Geier! rief der alte Baron, warum schickt
Ihr denn heute meine Tochter immer fort?

Ihr Zartgefühl zu schonen, versetzte der Frei-
herr. O könnten wir so alle Frauen zur Literatur
hinausschicken, die Getauften und die Egyptischen
Marquisen, dann sollten Sie einmal sehen, wie bald
Alles kräftig wieder in Witz, Laune und Ironie
aufblühen würde!

Meine Geliebte war also nicht schön, nicht klug,
nicht angenehm, aber sie sagte mir, daß sie eine
außerordentlich reiche Erbin sei. Und so wie die-
ses Wort erklungen war, regten sich in mir die
metallischen Bezüge, und, Sie mögen es glauben
oder nicht, es liegt mir nichts daran, aber es ist
wahr; es that in mir einen Ruck, daß mir die
Rippen krachten, wie dem Filippo Neri, als ihm
das Herz schwoll, und auf einen Schuß, wie
sechs Rosen von Damascus an einem Stengel,
brachen in mir auf


Emerentia ſtand abermals auf, warf von Neuem
einen dankenden Blick auf den Erzähler, und ſagte:
Münchhauſen, ich habe Sie immer verehrt, aber
von heute bete ich Sie an. Darauf ging ſie wie-
der hinaus.

Zum Geier! rief der alte Baron, warum ſchickt
Ihr denn heute meine Tochter immer fort?

Ihr Zartgefühl zu ſchonen, verſetzte der Frei-
herr. O könnten wir ſo alle Frauen zur Literatur
hinausſchicken, die Getauften und die Egyptiſchen
Marquiſen, dann ſollten Sie einmal ſehen, wie bald
Alles kräftig wieder in Witz, Laune und Ironie
aufblühen würde!

Meine Geliebte war alſo nicht ſchön, nicht klug,
nicht angenehm, aber ſie ſagte mir, daß ſie eine
außerordentlich reiche Erbin ſei. Und ſo wie die-
ſes Wort erklungen war, regten ſich in mir die
metalliſchen Bezüge, und, Sie mögen es glauben
oder nicht, es liegt mir nichts daran, aber es iſt
wahr; es that in mir einen Ruck, daß mir die
Rippen krachten, wie dem Filippo Neri, als ihm
das Herz ſchwoll, und auf einen Schuß, wie
ſechs Roſen von Damascus an einem Stengel,
brachen in mir auf


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0238" n="230"/>
          <p>Emerentia &#x017F;tand abermals auf, warf von Neuem<lb/>
einen dankenden Blick auf den Erzähler, und &#x017F;agte:<lb/>
Münchhau&#x017F;en, ich habe Sie immer verehrt, aber<lb/>
von heute bete ich Sie an. Darauf ging &#x017F;ie wie-<lb/>
der hinaus.</p><lb/>
          <p>Zum Geier! rief der alte Baron, warum &#x017F;chickt<lb/>
Ihr denn heute meine Tochter immer fort?</p><lb/>
          <p>Ihr Zartgefühl zu &#x017F;chonen, ver&#x017F;etzte der Frei-<lb/>
herr. O könnten wir &#x017F;o alle Frauen zur Literatur<lb/>
hinaus&#x017F;chicken, die Getauften und die Egypti&#x017F;chen<lb/>
Marqui&#x017F;en, dann &#x017F;ollten Sie einmal &#x017F;ehen, wie bald<lb/>
Alles kräftig wieder in Witz, Laune und Ironie<lb/>
aufblühen würde!</p><lb/>
          <p>Meine Geliebte war al&#x017F;o nicht &#x017F;chön, nicht klug,<lb/>
nicht angenehm, aber &#x017F;ie &#x017F;agte mir, daß &#x017F;ie eine<lb/>
außerordentlich reiche Erbin &#x017F;ei. Und &#x017F;o wie die-<lb/>
&#x017F;es Wort erklungen war, regten &#x017F;ich in mir die<lb/>
metalli&#x017F;chen Bezüge, und, Sie mögen es glauben<lb/>
oder nicht, es liegt mir nichts daran, aber es i&#x017F;t<lb/>
wahr; es that in mir einen Ruck, daß mir die<lb/>
Rippen krachten, wie dem Filippo Neri, als ihm<lb/>
das Herz &#x017F;chwoll, und auf <hi rendition="#g">einen</hi> Schuß, wie<lb/>
&#x017F;echs Ro&#x017F;en von Damascus an <hi rendition="#g">einem</hi> Stengel,<lb/>
brachen in mir auf</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0238] Emerentia ſtand abermals auf, warf von Neuem einen dankenden Blick auf den Erzähler, und ſagte: Münchhauſen, ich habe Sie immer verehrt, aber von heute bete ich Sie an. Darauf ging ſie wie- der hinaus. Zum Geier! rief der alte Baron, warum ſchickt Ihr denn heute meine Tochter immer fort? Ihr Zartgefühl zu ſchonen, verſetzte der Frei- herr. O könnten wir ſo alle Frauen zur Literatur hinausſchicken, die Getauften und die Egyptiſchen Marquiſen, dann ſollten Sie einmal ſehen, wie bald Alles kräftig wieder in Witz, Laune und Ironie aufblühen würde! Meine Geliebte war alſo nicht ſchön, nicht klug, nicht angenehm, aber ſie ſagte mir, daß ſie eine außerordentlich reiche Erbin ſei. Und ſo wie die- ſes Wort erklungen war, regten ſich in mir die metalliſchen Bezüge, und, Sie mögen es glauben oder nicht, es liegt mir nichts daran, aber es iſt wahr; es that in mir einen Ruck, daß mir die Rippen krachten, wie dem Filippo Neri, als ihm das Herz ſchwoll, und auf einen Schuß, wie ſechs Roſen von Damascus an einem Stengel, brachen in mir auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/238
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/238>, abgerufen am 30.04.2024.