Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Seit jenem Tage sah ich immer bleich aus,
und wenn mir nachmals Zorn, Schreck, Freude,
Scham das Blut in das Gesicht trieb, so lief ich
grün an. Dieses Ergrünen kam daher, daß ich
durch die furchtbare Entdeckung meiner sechsten oder
Hauptgeliebten alle Verwandtschaft mit edlen Metal-
len einbüßte, und daß daher eines der unedlen,
nämlich cuprum oder Kupfer, mir in das Blut
trat. Kupfer steckt in jedem menschlichen Körper
nach den neuesten Untersuchungen; bei meiner Ent-
stehung aber war etwas zuviel davon verwendet
worden, und der Ueberschuß ging mir ins Blut.
Wenn ich mir zur Ader lasse, kriegt der Cruor eine
ganz grüne Haut. Alle mögliche Mittel habe ich
gebraucht, um die Sache wieder in das Geschick
zu bringen, jedoch vergebens. Es ist immer ange-
nehmer, roth zu werden, als grün. Ich bin durch
die Cuprosität meines Blutes in so manchen unschul-
digen Freuden gehemmt. So darf ich nichts Sau-
res genießen, keine Gabelspitze Sallat, denn, habe
ich mich einmal in dieser Beziehung vergessen, gleich
schlägt der Grünspan mir an allen Gliedern aus,
wie das Manna an der Aebtissin Agnes von Monte
Pulciano. Es ist sehr lästig. Berzelius in Stock-

Seit jenem Tage ſah ich immer bleich aus,
und wenn mir nachmals Zorn, Schreck, Freude,
Scham das Blut in das Geſicht trieb, ſo lief ich
grün an. Dieſes Ergrünen kam daher, daß ich
durch die furchtbare Entdeckung meiner ſechſten oder
Hauptgeliebten alle Verwandtſchaft mit edlen Metal-
len einbüßte, und daß daher eines der unedlen,
nämlich cuprum oder Kupfer, mir in das Blut
trat. Kupfer ſteckt in jedem menſchlichen Körper
nach den neueſten Unterſuchungen; bei meiner Ent-
ſtehung aber war etwas zuviel davon verwendet
worden, und der Ueberſchuß ging mir ins Blut.
Wenn ich mir zur Ader laſſe, kriegt der Cruor eine
ganz grüne Haut. Alle mögliche Mittel habe ich
gebraucht, um die Sache wieder in das Geſchick
zu bringen, jedoch vergebens. Es iſt immer ange-
nehmer, roth zu werden, als grün. Ich bin durch
die Cuproſität meines Blutes in ſo manchen unſchul-
digen Freuden gehemmt. So darf ich nichts Sau-
res genießen, keine Gabelſpitze Sallat, denn, habe
ich mich einmal in dieſer Beziehung vergeſſen, gleich
ſchlägt der Grünſpan mir an allen Gliedern aus,
wie das Manna an der Aebtiſſin Agnes von Monte
Pulciano. Es iſt ſehr läſtig. Berzelius in Stock-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0242" n="234"/>
          <p>Seit jenem Tage &#x017F;ah ich immer bleich aus,<lb/>
und wenn mir nachmals Zorn, Schreck, Freude,<lb/>
Scham das Blut in das Ge&#x017F;icht trieb, &#x017F;o lief ich<lb/>
grün an. Die&#x017F;es Ergrünen kam daher, daß ich<lb/>
durch die furchtbare Entdeckung meiner &#x017F;ech&#x017F;ten oder<lb/>
Hauptgeliebten alle Verwandt&#x017F;chaft mit edlen Metal-<lb/>
len einbüßte, und daß daher eines der unedlen,<lb/>
nämlich <hi rendition="#aq">cuprum</hi> oder Kupfer, mir in das Blut<lb/>
trat. Kupfer &#x017F;teckt in jedem men&#x017F;chlichen Körper<lb/>
nach den neue&#x017F;ten Unter&#x017F;uchungen; bei meiner Ent-<lb/>
&#x017F;tehung aber war etwas zuviel davon verwendet<lb/>
worden, und der Ueber&#x017F;chuß ging mir ins Blut.<lb/>
Wenn ich mir zur Ader la&#x017F;&#x017F;e, kriegt der Cruor eine<lb/>
ganz grüne Haut. Alle mögliche Mittel habe ich<lb/>
gebraucht, um die Sache wieder in das Ge&#x017F;chick<lb/>
zu bringen, jedoch vergebens. Es i&#x017F;t immer ange-<lb/>
nehmer, roth zu werden, als grün. Ich bin durch<lb/>
die Cupro&#x017F;ität meines Blutes in &#x017F;o manchen un&#x017F;chul-<lb/>
digen Freuden gehemmt. So darf ich nichts Sau-<lb/>
res genießen, keine Gabel&#x017F;pitze Sallat, denn, habe<lb/>
ich mich einmal in die&#x017F;er Beziehung verge&#x017F;&#x017F;en, gleich<lb/>
&#x017F;chlägt der Grün&#x017F;pan mir an allen Gliedern aus,<lb/>
wie das Manna an der Aebti&#x017F;&#x017F;in Agnes von Monte<lb/>
Pulciano. Es i&#x017F;t &#x017F;ehr lä&#x017F;tig. Berzelius in Stock-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0242] Seit jenem Tage ſah ich immer bleich aus, und wenn mir nachmals Zorn, Schreck, Freude, Scham das Blut in das Geſicht trieb, ſo lief ich grün an. Dieſes Ergrünen kam daher, daß ich durch die furchtbare Entdeckung meiner ſechſten oder Hauptgeliebten alle Verwandtſchaft mit edlen Metal- len einbüßte, und daß daher eines der unedlen, nämlich cuprum oder Kupfer, mir in das Blut trat. Kupfer ſteckt in jedem menſchlichen Körper nach den neueſten Unterſuchungen; bei meiner Ent- ſtehung aber war etwas zuviel davon verwendet worden, und der Ueberſchuß ging mir ins Blut. Wenn ich mir zur Ader laſſe, kriegt der Cruor eine ganz grüne Haut. Alle mögliche Mittel habe ich gebraucht, um die Sache wieder in das Geſchick zu bringen, jedoch vergebens. Es iſt immer ange- nehmer, roth zu werden, als grün. Ich bin durch die Cuproſität meines Blutes in ſo manchen unſchul- digen Freuden gehemmt. So darf ich nichts Sau- res genießen, keine Gabelſpitze Sallat, denn, habe ich mich einmal in dieſer Beziehung vergeſſen, gleich ſchlägt der Grünſpan mir an allen Gliedern aus, wie das Manna an der Aebtiſſin Agnes von Monte Pulciano. Es iſt ſehr läſtig. Berzelius in Stock-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/242
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/242>, abgerufen am 30.04.2024.