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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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häufig den seltsamsten Geschmack in der Liebe.
Daher mochte es rühren, daß die ganze vornehme
weibliche Welt hinter mir her war, wo ich erschien.
Sie wandten den schönsten Adonissen in Dolman,
Uhlanencollet und Legationsfrack den Rücken, wenn
ich, der schlichte Particulier, der unscheinbare Pri-
vatgelehrte, dahertrat mit dem Penthelischen Mar-
morcolorit und grün anlief. Was für Erklärungen
habe ich anhören, was für Winke überhören müs-
sen, welches Unheil habe ich gestiftet! In Dün-
kelblasenheim machte ich grüne Schminke Mode,
weil die regierende Herzogin gesagt hatte, in mir
sei der ewiggrüne Gott der Jugend erschienen,
und die ganze höhere Welt die Andeutung ver-
stand. Sie waren eben einmal wieder ganz asch-
grau geworden in Dünkelblasenheim; nun strichen
sie sich grün an und meinten, sie hätten die Jugend
damit. -- An einem andern Orte fiel mir die
Prinzessin von Mezzo Cammino da Napoli di Roma-
nia zu Füßen und bat mich um Gotteswillen, ihr
nur wenigstens eine Exspectanz auf mein Herz zu
geben. Sie that mir in der Seele weh -- sie war
eine schöne Person -- aber gebrannte Kinder scheuen
das Feuer! Ich hob sie höflich auf, führte sie zum

häufig den ſeltſamſten Geſchmack in der Liebe.
Daher mochte es rühren, daß die ganze vornehme
weibliche Welt hinter mir her war, wo ich erſchien.
Sie wandten den ſchönſten Adoniſſen in Dolman,
Uhlanencollet und Legationsfrack den Rücken, wenn
ich, der ſchlichte Particulier, der unſcheinbare Pri-
vatgelehrte, dahertrat mit dem Pentheliſchen Mar-
morcolorit und grün anlief. Was für Erklärungen
habe ich anhören, was für Winke überhören müſ-
ſen, welches Unheil habe ich geſtiftet! In Dün-
kelblaſenheim machte ich grüne Schminke Mode,
weil die regierende Herzogin geſagt hatte, in mir
ſei der ewiggrüne Gott der Jugend erſchienen,
und die ganze höhere Welt die Andeutung ver-
ſtand. Sie waren eben einmal wieder ganz aſch-
grau geworden in Dünkelblaſenheim; nun ſtrichen
ſie ſich grün an und meinten, ſie hätten die Jugend
damit. — An einem andern Orte fiel mir die
Prinzeſſin von Mezzo Cammino da Napoli di Roma-
nia zu Füßen und bat mich um Gotteswillen, ihr
nur wenigſtens eine Exſpectanz auf mein Herz zu
geben. Sie that mir in der Seele weh — ſie war
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das Feuer! Ich hob ſie höflich auf, führte ſie zum

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[237/0245] häufig den ſeltſamſten Geſchmack in der Liebe. Daher mochte es rühren, daß die ganze vornehme weibliche Welt hinter mir her war, wo ich erſchien. Sie wandten den ſchönſten Adoniſſen in Dolman, Uhlanencollet und Legationsfrack den Rücken, wenn ich, der ſchlichte Particulier, der unſcheinbare Pri- vatgelehrte, dahertrat mit dem Pentheliſchen Mar- morcolorit und grün anlief. Was für Erklärungen habe ich anhören, was für Winke überhören müſ- ſen, welches Unheil habe ich geſtiftet! In Dün- kelblaſenheim machte ich grüne Schminke Mode, weil die regierende Herzogin geſagt hatte, in mir ſei der ewiggrüne Gott der Jugend erſchienen, und die ganze höhere Welt die Andeutung ver- ſtand. Sie waren eben einmal wieder ganz aſch- grau geworden in Dünkelblaſenheim; nun ſtrichen ſie ſich grün an und meinten, ſie hätten die Jugend damit. — An einem andern Orte fiel mir die Prinzeſſin von Mezzo Cammino da Napoli di Roma- nia zu Füßen und bat mich um Gotteswillen, ihr nur wenigſtens eine Exſpectanz auf mein Herz zu geben. Sie that mir in der Seele weh — ſie war eine ſchöne Perſon — aber gebrannte Kinder ſcheuen das Feuer! Ich hob ſie höflich auf, führte ſie zum

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/245>, abgerufen am 30.04.2024.