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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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Katharina, seine Tochter, zu Gemüth geführt, und
meinte sie gleich nach seinem Abscheiden, er könne
nicht selig geworden seyn. Ueberdieß hat er sie
mit einem Geheimniß belastet, und das ist's, wor-
auf die Schnotterbaum zielt. Was es ist, weiß
Niemand aus ihr herauszuholen, sie sagt nur, es
sei der Art, daß kein Mensch sich dessen versehe,
und ganz Schwabenland erstaunen werde, wenn es
an den Tag komme. Ihr Vater habe den einen
Theil seiner Entdeckung auf einer seiner Streife-
reien, den andern aber hier zu Weinsperg im
Kernbeißer'schen Etablissement gemacht. Das Ge-
heimniß sei auch von ihm niedergeschrieben worden
in einer versiegelten Schrift, die er sein Testament
genannt, und die hinterlegt worden, wo? will sie
oder kann sie nicht sagen. Gegen uns war sie
überhaupt in der letzteren Zeit schweigsam gewor-
den, vermuthlich weil sie die vielen Fragen äng-
stigten.

Hier wurden unsere Unterredungen von einem
dritten Manne unterbrochen, der vom Thore herkam
und uns eifrig zurief: Wißt's was Neues? Wißt's
was Neues? Ja, wann die Ehinger nicht wären,
Ihr erführt Euer Lebtage hier nichts Neues. Der

Katharina, ſeine Tochter, zu Gemüth geführt, und
meinte ſie gleich nach ſeinem Abſcheiden, er könne
nicht ſelig geworden ſeyn. Ueberdieß hat er ſie
mit einem Geheimniß belaſtet, und das iſt’s, wor-
auf die Schnotterbaum zielt. Was es iſt, weiß
Niemand aus ihr herauszuholen, ſie ſagt nur, es
ſei der Art, daß kein Menſch ſich deſſen verſehe,
und ganz Schwabenland erſtaunen werde, wenn es
an den Tag komme. Ihr Vater habe den einen
Theil ſeiner Entdeckung auf einer ſeiner Streife-
reien, den andern aber hier zu Weinſperg im
Kernbeißer’ſchen Etabliſſement gemacht. Das Ge-
heimniß ſei auch von ihm niedergeſchrieben worden
in einer verſiegelten Schrift, die er ſein Teſtament
genannt, und die hinterlegt worden, wo? will ſie
oder kann ſie nicht ſagen. Gegen uns war ſie
überhaupt in der letzteren Zeit ſchweigſam gewor-
den, vermuthlich weil ſie die vielen Fragen äng-
ſtigten.

Hier wurden unſere Unterredungen von einem
dritten Manne unterbrochen, der vom Thore herkam
und uns eifrig zurief: Wißt’s was Neues? Wißt’s
was Neues? Ja, wann die Ehinger nicht wären,
Ihr erführt Euer Lebtage hier nichts Neues. Der

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[284/0302] Katharina, ſeine Tochter, zu Gemüth geführt, und meinte ſie gleich nach ſeinem Abſcheiden, er könne nicht ſelig geworden ſeyn. Ueberdieß hat er ſie mit einem Geheimniß belaſtet, und das iſt’s, wor- auf die Schnotterbaum zielt. Was es iſt, weiß Niemand aus ihr herauszuholen, ſie ſagt nur, es ſei der Art, daß kein Menſch ſich deſſen verſehe, und ganz Schwabenland erſtaunen werde, wenn es an den Tag komme. Ihr Vater habe den einen Theil ſeiner Entdeckung auf einer ſeiner Streife- reien, den andern aber hier zu Weinſperg im Kernbeißer’ſchen Etabliſſement gemacht. Das Ge- heimniß ſei auch von ihm niedergeſchrieben worden in einer verſiegelten Schrift, die er ſein Teſtament genannt, und die hinterlegt worden, wo? will ſie oder kann ſie nicht ſagen. Gegen uns war ſie überhaupt in der letzteren Zeit ſchweigſam gewor- den, vermuthlich weil ſie die vielen Fragen äng- ſtigten. Hier wurden unſere Unterredungen von einem dritten Manne unterbrochen, der vom Thore herkam und uns eifrig zurief: Wißt’s was Neues? Wißt’s was Neues? Ja, wann die Ehinger nicht wären, Ihr erführt Euer Lebtage hier nichts Neues. Der

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/302>, abgerufen am 27.04.2024.