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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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aufkommen lasse, wodurch mittelst fernerer Nach-
lässigkeit der Amtsnachfolger Küsterei einer immer-
währenden Last unterzogen werden könnte, sterbe
ich lieber, obschon ich einsehe, daß meine Weigerniß
einen furchtbarlichen Lärmen hervorbringen kann,
denn der Hofschulze ist in Allem fest, was er sich
vorsetzte. Daher entsprießet denn wohl nicht ohne
Grund einiger Kummer.

Der Diaconus, der durch das Geschwätz des
närrischen Küsters sich in seinen Gedanken unan-
genehm geirrt fühlte, beschwichtigte ihn mit der
Versicherung, daß er seinen Einfluß verwenden
werde, um den Hofschulzen von dem rechtswidri-
gen Verlangen abzubringen. Der Küster ging,
etwas erleichtert, da es Zeit war, und die Men-
schen sich schon in der Kirche versammelt hatten,
hinaus und begann auf der Orgel die hergebrachte
Schlacht von Prag zu spielen. Er kannte nämlich
nur ein Präludium, und dieses war jene verschol-
lene Schlachtmusik, an welche sich vielleicht noch
einige ältere Leute erinnern, wenn ich ihnen in
das Gedächtniß zurückrufe, daß das Tongemälde
mit dem Aufmarsche der Ziethenschen Husaren an-
fängt. Von diesem Aufmarsche wußte der Küster

aufkommen laſſe, wodurch mittelſt fernerer Nach-
läſſigkeit der Amtsnachfolger Küſterei einer immer-
währenden Laſt unterzogen werden könnte, ſterbe
ich lieber, obſchon ich einſehe, daß meine Weigerniß
einen furchtbarlichen Lärmen hervorbringen kann,
denn der Hofſchulze iſt in Allem feſt, was er ſich
vorſetzte. Daher entſprießet denn wohl nicht ohne
Grund einiger Kummer.

Der Diaconus, der durch das Geſchwätz des
närriſchen Küſters ſich in ſeinen Gedanken unan-
genehm geirrt fühlte, beſchwichtigte ihn mit der
Verſicherung, daß er ſeinen Einfluß verwenden
werde, um den Hofſchulzen von dem rechtswidri-
gen Verlangen abzubringen. Der Küſter ging,
etwas erleichtert, da es Zeit war, und die Men-
ſchen ſich ſchon in der Kirche verſammelt hatten,
hinaus und begann auf der Orgel die hergebrachte
Schlacht von Prag zu ſpielen. Er kannte nämlich
nur ein Präludium, und dieſes war jene verſchol-
lene Schlachtmuſik, an welche ſich vielleicht noch
einige ältere Leute erinnern, wenn ich ihnen in
das Gedächtniß zurückrufe, daß das Tongemälde
mit dem Aufmarſche der Ziethenſchen Huſaren an-
fängt. Von dieſem Aufmarſche wußte der Küſter

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[63/0077] aufkommen laſſe, wodurch mittelſt fernerer Nach- läſſigkeit der Amtsnachfolger Küſterei einer immer- währenden Laſt unterzogen werden könnte, ſterbe ich lieber, obſchon ich einſehe, daß meine Weigerniß einen furchtbarlichen Lärmen hervorbringen kann, denn der Hofſchulze iſt in Allem feſt, was er ſich vorſetzte. Daher entſprießet denn wohl nicht ohne Grund einiger Kummer. Der Diaconus, der durch das Geſchwätz des närriſchen Küſters ſich in ſeinen Gedanken unan- genehm geirrt fühlte, beſchwichtigte ihn mit der Verſicherung, daß er ſeinen Einfluß verwenden werde, um den Hofſchulzen von dem rechtswidri- gen Verlangen abzubringen. Der Küſter ging, etwas erleichtert, da es Zeit war, und die Men- ſchen ſich ſchon in der Kirche verſammelt hatten, hinaus und begann auf der Orgel die hergebrachte Schlacht von Prag zu ſpielen. Er kannte nämlich nur ein Präludium, und dieſes war jene verſchol- lene Schlachtmuſik, an welche ſich vielleicht noch einige ältere Leute erinnern, wenn ich ihnen in das Gedächtniß zurückrufe, daß das Tongemälde mit dem Aufmarſche der Ziethenſchen Huſaren an- fängt. Von dieſem Aufmarſche wußte der Küſter

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/77>, abgerufen am 29.04.2024.