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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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[58]74. An Friedrich von Oertel in Belgershain.
Sogleich nach dem Essen.

Sei ohne Sorge, mein Liebster. Es ist blosses Stadtgeschwäz, das
ich schon hier vernahm und das durch mein häufiges Kommen und
durch ihre und meine zu lauten Dialogen, die nur eine dünne Wand5
von der Kam[m]erjungfer trente, und durch ihre Krankheiten ent-
standen ist. Sage du nur gerade zu, daß es Fehlschlüsse von Leipzig
sind. Nur du und Otto (aber dieser nur epitomatorisch) weis etwas.
Aber Oertel, welche Tugend hätt ich, könt ich eine 1/3 Terzie an deiner,
an deinem Schweigen zweifeln? -- Aber alle Welt verschwört sich10
gegen die arme Frau, deren Schleier man zu ihrem Gesicht rechnet. --
Auch über ihre Meinung von dir sei unbesorgt -- -- Übrigens steht
alles harmonisch und gut.

Ich schreibe dir noch einmal eh ich reise. Lebet froh!

Richter15

N. S. Man hat hier (und in Hof), eh nur etwas wahr war, schon
Sponsalienmährgen von mir herumgetragen. Der v. B. wurde aus
Weimar geschrieben, die K[alb] habe gesagt, ich und B. hätten uns
"brouilliert". Welches Geträtsch!

75. An Emilie von Berlepsch in Leipzig.20
[Kopie]

Ich hätte Sie lieber umarmt als bestritten. Ein zeugenloser Abend
wäre für mein Herz ein schöneres Ende meines ersten Tages gewesen,
über den die gallischen Wolken zogen.

76. An Thieriot in Leipzig.25

Guten Morgen! Ich bitte Sie, lieber Th., um Swift: ich mache eine
Vorrede. --

R.
77. An Friedrich von Oertel in Belgershain.
30

[59]Ob ich gleich immer wenigstens 3 Wochen lang dich nicht sehe, so
komt mir doch die künftige Entfernung grösser vor, blos weil ich zu
der der Zeit die des Raumes addiere. Unter welchen Lichtern des un-

[58]74. An Friedrich von Oertel in Belgershain.
Sogleich nach dem Eſſen.

Sei ohne Sorge, mein Liebſter. Es iſt bloſſes Stadtgeſchwäz, das
ich ſchon hier vernahm und das durch mein häufiges Kommen und
durch ihre und meine zu lauten Dialogen, die nur eine dünne Wand5
von der Kam[m]erjungfer trente, und durch ihre Krankheiten ent-
ſtanden iſt. Sage du nur gerade zu, daß es Fehlſchlüſſe von Leipzig
ſind. Nur du und Otto (aber dieſer nur epitomatoriſch) weis etwas.
Aber Oertel, welche Tugend hätt ich, könt ich eine ⅓ Terzie an deiner,
an deinem Schweigen zweifeln? — Aber alle Welt verſchwört ſich10
gegen die arme Frau, deren Schleier man zu ihrem Geſicht rechnet. —
Auch über ihre Meinung von dir ſei unbeſorgt — — Übrigens ſteht
alles harmoniſch und gut.

Ich ſchreibe dir noch einmal eh ich reiſe. Lebet froh!

Richter15

N. S. Man hat hier (und in Hof), eh nur etwas wahr war, ſchon
Sponſalienmährgen von mir herumgetragen. Der v. B. wurde aus
Weimar geſchrieben, die K[alb] habe geſagt, ich und B. hätten uns
„brouilliert“. Welches Geträtſch!

75. An Emilie von Berlepſch in Leipzig.20
[Kopie]

Ich hätte Sie lieber umarmt als beſtritten. Ein zeugenloſer Abend
wäre für mein Herz ein ſchöneres Ende meines erſten Tages geweſen,
über den die galliſchen Wolken zogen.

76. An Thieriot in Leipzig.25

Guten Morgen! Ich bitte Sie, lieber Th., um Swift: ich mache eine
Vorrede. —

R.
77. An Friedrich von Oertel in Belgershain.
30

[59]Ob ich gleich immer wenigſtens 3 Wochen lang dich nicht ſehe, ſo
komt mir doch die künftige Entfernung gröſſer vor, blos weil ich zu
der der Zeit die des Raumes addiere. Unter welchen Lichtern des un-

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[54/0061] 74. An Friedrich von Oertel in Belgershain. Sogleich nach dem Eſſen. L[eipzig] d. 20 März 98. Sei ohne Sorge, mein Liebſter. Es iſt bloſſes Stadtgeſchwäz, das ich ſchon hier vernahm und das durch mein häufiges Kommen und durch ihre und meine zu lauten Dialogen, die nur eine dünne Wand 5 von der Kam[m]erjungfer trente, und durch ihre Krankheiten ent- ſtanden iſt. Sage du nur gerade zu, daß es Fehlſchlüſſe von Leipzig ſind. Nur du und Otto (aber dieſer nur epitomatoriſch) weis etwas. Aber Oertel, welche Tugend hätt ich, könt ich eine ⅓ Terzie an deiner, an deinem Schweigen zweifeln? — Aber alle Welt verſchwört ſich 10 gegen die arme Frau, deren Schleier man zu ihrem Geſicht rechnet. — Auch über ihre Meinung von dir ſei unbeſorgt — — Übrigens ſteht alles harmoniſch und gut. Ich ſchreibe dir noch einmal eh ich reiſe. Lebet froh! Richter 15 N. S. Man hat hier (und in Hof), eh nur etwas wahr war, ſchon Sponſalienmährgen von mir herumgetragen. Der v. B. wurde aus Weimar geſchrieben, die K[alb] habe geſagt, ich und B. hätten uns „brouilliert“. Welches Geträtſch! 75. An Emilie von Berlepſch in Leipzig. 20 [Leipzig, 22. März 1798] Ich hätte Sie lieber umarmt als beſtritten. Ein zeugenloſer Abend wäre für mein Herz ein ſchöneres Ende meines erſten Tages geweſen, über den die galliſchen Wolken zogen. 76. An Thieriot in Leipzig. 25 [Leipzig, 23. (?) März 1798] Guten Morgen! Ich bitte Sie, lieber Th., um Swift: ich mache eine Vorrede. — R. 77. An Friedrich von Oertel in Belgershain. Leipzig d. 24 März 98 [Sonnabend]. 30 Ob ich gleich immer wenigſtens 3 Wochen lang dich nicht ſehe, ſo komt mir doch die künftige Entfernung gröſſer vor, blos weil ich zu der der Zeit die des Raumes addiere. Unter welchen Lichtern des un- [59]

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/61>, abgerufen am 30.04.2024.