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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.

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verhülten Frühlings, mein Guter, werd' ich dich wiedersehen, zumal
da mir die Metereologie [!] einen hellern versprach! --

Wird es dir leicht, so schreib einmal nach Hof: es wird mir sehr wohl
thun! -- Ich habe der -- etwas vom hier umlaufenden Gerüchte
gesagt: es hat sie nicht einmal frappiert, viel weniger geärgert. Ach5
ich hätte eher den Knoten so durchschneiden sollen, ich hätte dadurch
tiefere und vergiftete Schnitte erspart. Wir leben in ungetrübter
Freundschaft und sogar ihre hat die Möglichkeit, sich in etwas heisseres
zu verkehren, verloren. -- Zu Ende der andern Woche geh ich, denk
ich. -- Ich wolte ich könte vom Munde deiner Geliebten Abschied10
nehmen und von deinem, lebt glüklich, ihr Glüklichen!

Richter
78. An Christian Otto.

Ich habe deine schöne poetische Epistel und die 2te prosaische freudig15
erhalten, Lieber. Der blaue Himmel hebt mich immer mehr auf und
ich werde bald meine Flügel -- zusammenschlagen in Hof, Dienstags
(da am wahrscheinlichsten) oder Mitwochs. Aber ich kan wenig über
die Stunde weissagen, weil ich unterwegs bei Altenburg und in Gera
Fahr- oder Gehferien halte, und weil ich überhaupt nicht weis, nehm'20
[ich] unterwegs ordinaire oder ausserordentliche Post oder immer meine
Füsse. -- Es ist hier viel Redens von dem schönen Wetter, das ich
geweissagt am Aequinokzium. Allein ich mache Bewunderer darauf
aufmerksam, daß ich schon im Quatember die Aequinokz[ial] An-
zeichen
von langem schönen Wetter und also das prophezeiete, daß25
ich prophezeien würde. Bis Ende Aprils dauert (der Sommer wird
ganz schön) diese blaue Helle, kleine Mitteltinten schöner Tage ab-
gerechnet.

Aber dein Brief! Herold wolte, ich solte in seinem Fegfeuer, das er[60]
als Hölle heizet, logieren; aber ich wil den Himmel ohne Purgatorium.30
Für meinen Bruder braucht es kein Bette, du Lieber, weil dieser immer
bei seinem in Sparnek schläft.

Die B. ist eine grosse Seele und darum sol dir mein ganzes Leben mit
ihr diplomatischer als irgend eines erzählet werden. Auch hier und in
Weimar hat man mich mit ihr kopuliert: sie fragt nichts nach diesem35
Gerüchte. Eben so ist mir alles, was hier und drinnen von mir gelogen

verhülten Frühlings, mein Guter, werd’ ich dich wiederſehen, zumal
da mir die Metereologie [!] einen hellern verſprach! —

Wird es dir leicht, ſo ſchreib einmal nach Hof: es wird mir ſehr wohl
thun! — Ich habe der — etwas vom hier umlaufenden Gerüchte
geſagt: es hat ſie nicht einmal frappiert, viel weniger geärgert. Ach5
ich hätte eher den Knoten ſo durchſchneiden ſollen, ich hätte dadurch
tiefere und vergiftete Schnitte erſpart. Wir leben in ungetrübter
Freundſchaft und ſogar ihre hat die Möglichkeit, ſich in etwas heiſſeres
zu verkehren, verloren. — Zu Ende der andern Woche geh ich, denk
ich. — Ich wolte ich könte vom Munde deiner Geliebten Abſchied10
nehmen und von deinem, lebt glüklich, ihr Glüklichen!

Richter
78. An Chriſtian Otto.

Ich habe deine ſchöne poetiſche Epiſtel und die 2te proſaiſche freudig15
erhalten, Lieber. Der blaue Himmel hebt mich immer mehr auf und
ich werde bald meine Flügel — zuſammenſchlagen in Hof, Dienſtags
(da am wahrſcheinlichſten) oder Mitwochs. Aber ich kan wenig über
die Stunde weiſſagen, weil ich unterwegs bei Altenburg und in Gera
Fahr- oder Gehferien halte, und weil ich überhaupt nicht weis, nehm’20
[ich] unterwegs ordinaire oder auſſerordentliche Poſt oder immer meine
Füſſe. — Es iſt hier viel Redens von dem ſchönen Wetter, das ich
geweiſſagt am Aequinokzium. Allein ich mache Bewunderer darauf
aufmerkſam, daß ich ſchon im Quatember die Aequinokz[ial] An-
zeichen
von langem ſchönen Wetter und alſo das prophezeiete, daß25
ich prophezeien würde. Bis Ende Aprils dauert (der Sommer wird
ganz ſchön) dieſe blaue Helle, kleine Mitteltinten ſchöner Tage ab-
gerechnet.

Aber dein Brief! Herold wolte, ich ſolte in ſeinem Fegfeuer, das er[60]
als Hölle heizet, logieren; aber ich wil den Himmel ohne Purgatorium.30
Für meinen Bruder braucht es kein Bette, du Lieber, weil dieſer immer
bei ſeinem in Sparnek ſchläft.

Die B. iſt eine groſſe Seele und darum ſol dir mein ganzes Leben mit
ihr diplomatiſcher als irgend eines erzählet werden. Auch hier und in
Weimar hat man mich mit ihr kopuliert: ſie fragt nichts nach dieſem35
Gerüchte. Eben ſo iſt mir alles, was hier und drinnen von mir gelogen

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[55/0062] verhülten Frühlings, mein Guter, werd’ ich dich wiederſehen, zumal da mir die Metereologie [!] einen hellern verſprach! — Wird es dir leicht, ſo ſchreib einmal nach Hof: es wird mir ſehr wohl thun! — Ich habe der — etwas vom hier umlaufenden Gerüchte geſagt: es hat ſie nicht einmal frappiert, viel weniger geärgert. Ach 5 ich hätte eher den Knoten ſo durchſchneiden ſollen, ich hätte dadurch tiefere und vergiftete Schnitte erſpart. Wir leben in ungetrübter Freundſchaft und ſogar ihre hat die Möglichkeit, ſich in etwas heiſſeres zu verkehren, verloren. — Zu Ende der andern Woche geh ich, denk ich. — Ich wolte ich könte vom Munde deiner Geliebten Abſchied 10 nehmen und von deinem, lebt glüklich, ihr Glüklichen! Richter 78. An Chriſtian Otto. L[eipzig] d. 26 März 98 [Montag]. Ich habe deine ſchöne poetiſche Epiſtel und die 2te proſaiſche freudig 15 erhalten, Lieber. Der blaue Himmel hebt mich immer mehr auf und ich werde bald meine Flügel — zuſammenſchlagen in Hof, Dienſtags (da am wahrſcheinlichſten) oder Mitwochs. Aber ich kan wenig über die Stunde weiſſagen, weil ich unterwegs bei Altenburg und in Gera Fahr- oder Gehferien halte, und weil ich überhaupt nicht weis, nehm’ 20 [ich] unterwegs ordinaire oder auſſerordentliche Poſt oder immer meine Füſſe. — Es iſt hier viel Redens von dem ſchönen Wetter, das ich geweiſſagt am Aequinokzium. Allein ich mache Bewunderer darauf aufmerkſam, daß ich ſchon im Quatember die Aequinokz[ial] An- zeichen von langem ſchönen Wetter und alſo das prophezeiete, daß 25 ich prophezeien würde. Bis Ende Aprils dauert (der Sommer wird ganz ſchön) dieſe blaue Helle, kleine Mitteltinten ſchöner Tage ab- gerechnet. Aber dein Brief! Herold wolte, ich ſolte in ſeinem Fegfeuer, das er als Hölle heizet, logieren; aber ich wil den Himmel ohne Purgatorium. 30 Für meinen Bruder braucht es kein Bette, du Lieber, weil dieſer immer bei ſeinem in Sparnek ſchläft. [60] Die B. iſt eine groſſe Seele und darum ſol dir mein ganzes Leben mit ihr diplomatiſcher als irgend eines erzählet werden. Auch hier und in Weimar hat man mich mit ihr kopuliert: ſie fragt nichts nach dieſem 35 Gerüchte. Eben ſo iſt mir alles, was hier und drinnen von mir gelogen

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:05:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:05:42Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/62>, abgerufen am 30.04.2024.