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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 9. Berlin, 1964.

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35. An Frau Josephine von Welden in Bayreuth.

Meine alten, aber nie veraltenden Wünsche für Sie bring' ich
wieder mit der Hoffnung ihrer Erfüllung. Ihrer liebenden Seele wird
immer ein aufrichtiger Wunsch ein erfüllter sein; denn die Gabe, die5
er bringt, ist die Liebe, die ihn gebar.

An festlichen Lebens Abschnitten sollte der Mensch in die Ver-
gangenheit blicken, um darin seine Zukunft aufzusuchen. -- Mögen
Sie heute, Verehrungwürdige, Ihren Blick auf die Geschenke der
Vergangenheit richten, die als wachsende Blumen der Freude um10
Ihre Gegenwart blühen, um dem Unendlichen für die Bürgen einer
schönen Zukunft zu danken! --

Mit unveränderlicher Verehrung

Ihrer Exzellenz
ergebenster15
Jean Paul Fr. Richter
36. An Kammerherrn von Malsen in Bayreuth.

Höchst geschätzter Herr Kammerherr! Die Pferde haben gestern
meinem Körper so wenig geholfen als wären sie Aerzte. Vergeblich20
wollt' ich ihm heute die Erlaubnis abdringen, ein Vergnügen, das
ich so lange den ganzen Sommer so wie diesen selber entbehrte, zu
genießen. Aber das zweibeinige kranke Ding will nicht, das wie
Despoten einen desto längern Zepter führt, je schwächer es selber ist.

Entschuldigen Sie damit meine heutige Unsichtbarkeit höchsten25
Orts. Eine gesündere Zukunft wird mir hoff' ich, einmal günstiger
sein und mich entschädigen. -- Ich wünsche Sie einmal abends bei
uns allen zu sehen, damit ich Ihnen für Ihr heutiges Entschuldigen
danken könne.

Ihr30
ergebenster
Jean Paul Fr. Richter.
35. An Frau Joſephine von Welden in Bayreuth.

Meine alten, aber nie veraltenden Wünſche für Sie bring’ ich
wieder mit der Hoffnung ihrer Erfüllung. Ihrer liebenden Seele wird
immer ein aufrichtiger Wunſch ein erfüllter ſein; denn die Gabe, die5
er bringt, iſt die Liebe, die ihn gebar.

An feſtlichen Lebens Abſchnitten ſollte der Menſch in die Ver-
gangenheit blicken, um darin ſeine Zukunft aufzuſuchen. — Mögen
Sie heute, Verehrungwürdige, Ihren Blick auf die Geſchenke der
Vergangenheit richten, die als wachſende Blumen der Freude um10
Ihre Gegenwart blühen, um dem Unendlichen für die Bürgen einer
ſchönen Zukunft zu danken! —

Mit unveränderlicher Verehrung

Ihrer Exzellenz
ergebenſter15
Jean Paul Fr. Richter
36. An Kammerherrn von Malſen in Bayreuth.

Höchſt geſchätzter Herr Kammerherr! Die Pferde haben geſtern
meinem Körper ſo wenig geholfen als wären ſie Aerzte. Vergeblich20
wollt’ ich ihm heute die Erlaubnis abdringen, ein Vergnügen, das
ich ſo lange den ganzen Sommer ſo wie dieſen ſelber entbehrte, zu
genießen. Aber das zweibeinige kranke Ding will nicht, das wie
Deſpoten einen deſto längern Zepter führt, je ſchwächer es ſelber iſt.

Entſchuldigen Sie damit meine heutige Unſichtbarkeit höchſten25
Orts. Eine geſündere Zukunft wird mir hoff’ ich, einmal günſtiger
ſein und mich entſchädigen. — Ich wünſche Sie einmal abends bei
uns allen zu ſehen, damit ich Ihnen für Ihr heutiges Entſchuldigen
danken könne.

Ihr30
ergebenſter
Jean Paul Fr. Richter.
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[21/0028] 35. An Frau Joſephine von Welden in Bayreuth. Baireut d. 19ten März 1825. Meine alten, aber nie veraltenden Wünſche für Sie bring’ ich wieder mit der Hoffnung ihrer Erfüllung. Ihrer liebenden Seele wird immer ein aufrichtiger Wunſch ein erfüllter ſein; denn die Gabe, die 5 er bringt, iſt die Liebe, die ihn gebar. An feſtlichen Lebens Abſchnitten ſollte der Menſch in die Ver- gangenheit blicken, um darin ſeine Zukunft aufzuſuchen. — Mögen Sie heute, Verehrungwürdige, Ihren Blick auf die Geſchenke der Vergangenheit richten, die als wachſende Blumen der Freude um 10 Ihre Gegenwart blühen, um dem Unendlichen für die Bürgen einer ſchönen Zukunft zu danken! — Mit unveränderlicher Verehrung Ihrer Exzellenz ergebenſter 15 Jean Paul Fr. Richter 36. An Kammerherrn von Malſen in Bayreuth. Baireut d. 22. Sept. 1825 Höchſt geſchätzter Herr Kammerherr! Die Pferde haben geſtern meinem Körper ſo wenig geholfen als wären ſie Aerzte. Vergeblich 20 wollt’ ich ihm heute die Erlaubnis abdringen, ein Vergnügen, das ich ſo lange den ganzen Sommer ſo wie dieſen ſelber entbehrte, zu genießen. Aber das zweibeinige kranke Ding will nicht, das wie Deſpoten einen deſto längern Zepter führt, je ſchwächer es ſelber iſt. Entſchuldigen Sie damit meine heutige Unſichtbarkeit höchſten 25 Orts. Eine geſündere Zukunft wird mir hoff’ ich, einmal günſtiger ſein und mich entſchädigen. — Ich wünſche Sie einmal abends bei uns allen zu ſehen, damit ich Ihnen für Ihr heutiges Entſchuldigen danken könne. Ihr 30 ergebenſter Jean Paul Fr. Richter.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:36:37Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:36:37Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 9. Berlin, 1964, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe09_1964/28>, abgerufen am 29.04.2024.