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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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A. Der Proceß. Analytische Structur desselben. §. 50.
weisen Erledigung der Aufgabe. Ich will diese Einrichtung
als die der processualischen Cäsur bezeichnen.

Der römische Proceß hat von jeher drei Cäsuren gehabt,
die erste: das Stadium der Vorbereitungshandlungen und der
Feststellung des Streitpunktes, endend mit der Litiscontestation
(Verfahren in jure), die zweite: das Stadium der Verhand-
lung vor dem Richter (judex im römischen Sinn), endend mit
dem Endurtheil (Verfahren in judicio); die dritte: das Sta-
dium der Execution. Jedes dieser drei Stadien erfaßt und be-
handelt den Anspruch in einer andern Gestalt, das erste: in
seiner ursprünglichen, außerprocessualischen, das zweite: in
der, die er durch die Litiscontestation, das dritte: in der, die
er durch das Urtheil gewonnen hat. Bei der Obligation brin-
gen die römischen Juristen den gestaltenden Einfluß, den der
Proceß auf sie ausübt, unter den Gesichtspunkt der Consumtion
und Novation und drücken dies in dem Satz aus: ante litem
contestatam dare debitorem oportere, post litem contestatam
condemnari oportere, post condemnationem judicatum facere
oportere
. 3)

Wir wenden uns jetzt der Aufgabe zu, die wir oben ausge-
setzt haben, der genaueren Ausführung des analytischen Cha-
rakters der römischen Actionen.

2. Die Actionen processualische Reagentien.

Casuistische Erläuterung -- Unzulässigkeit der Klagencumula-
tion -- Das Gesetz der Scheidung der Klagen -- Auffindung des-
selben auf inductivem Wege -- Individualitätsmoment des Ei-
genthums, der Obligation und des Erbrechts -- casuistische
Erprobung des Gesetzes.

LI. In der Theorie wie in der Praxis spielen die römischen
Klagen zwar dem Namen nach eine große Rolle, allein wenn

3) Gaj. III, §. 180.

A. Der Proceß. Analytiſche Structur deſſelben. §. 50.
weiſen Erledigung der Aufgabe. Ich will dieſe Einrichtung
als die der proceſſualiſchen Cäſur bezeichnen.

Der römiſche Proceß hat von jeher drei Cäſuren gehabt,
die erſte: das Stadium der Vorbereitungshandlungen und der
Feſtſtellung des Streitpunktes, endend mit der Litisconteſtation
(Verfahren in jure), die zweite: das Stadium der Verhand-
lung vor dem Richter (judex im römiſchen Sinn), endend mit
dem Endurtheil (Verfahren in judicio); die dritte: das Sta-
dium der Execution. Jedes dieſer drei Stadien erfaßt und be-
handelt den Anſpruch in einer andern Geſtalt, das erſte: in
ſeiner urſprünglichen, außerproceſſualiſchen, das zweite: in
der, die er durch die Litisconteſtation, das dritte: in der, die
er durch das Urtheil gewonnen hat. Bei der Obligation brin-
gen die römiſchen Juriſten den geſtaltenden Einfluß, den der
Proceß auf ſie ausübt, unter den Geſichtspunkt der Conſumtion
und Novation und drücken dies in dem Satz aus: ante litem
contestatam dare debitorem oportere, post litem contestatam
condemnari oportere, post condemnationem judicatum facere
oportere
. 3)

Wir wenden uns jetzt der Aufgabe zu, die wir oben ausge-
ſetzt haben, der genaueren Ausführung des analytiſchen Cha-
rakters der römiſchen Actionen.

2. Die Actionen proceſſualiſche Reagentien.

Caſuiſtiſche Erläuterung — Unzuläſſigkeit der Klagencumula-
tion — Das Geſetz der Scheidung der Klagen — Auffindung des-
ſelben auf inductivem Wege — Individualitätsmoment des Ei-
genthums, der Obligation und des Erbrechts — caſuiſtiſche
Erprobung des Geſetzes.

LI. In der Theorie wie in der Praxis ſpielen die römiſchen
Klagen zwar dem Namen nach eine große Rolle, allein wenn

3) Gaj. III, §. 180.
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[27/0043] A. Der Proceß. Analytiſche Structur deſſelben. §. 50. weiſen Erledigung der Aufgabe. Ich will dieſe Einrichtung als die der proceſſualiſchen Cäſur bezeichnen. Der römiſche Proceß hat von jeher drei Cäſuren gehabt, die erſte: das Stadium der Vorbereitungshandlungen und der Feſtſtellung des Streitpunktes, endend mit der Litisconteſtation (Verfahren in jure), die zweite: das Stadium der Verhand- lung vor dem Richter (judex im römiſchen Sinn), endend mit dem Endurtheil (Verfahren in judicio); die dritte: das Sta- dium der Execution. Jedes dieſer drei Stadien erfaßt und be- handelt den Anſpruch in einer andern Geſtalt, das erſte: in ſeiner urſprünglichen, außerproceſſualiſchen, das zweite: in der, die er durch die Litisconteſtation, das dritte: in der, die er durch das Urtheil gewonnen hat. Bei der Obligation brin- gen die römiſchen Juriſten den geſtaltenden Einfluß, den der Proceß auf ſie ausübt, unter den Geſichtspunkt der Conſumtion und Novation und drücken dies in dem Satz aus: ante litem contestatam dare debitorem oportere, post litem contestatam condemnari oportere, post condemnationem judicatum facere oportere. 3) Wir wenden uns jetzt der Aufgabe zu, die wir oben ausge- ſetzt haben, der genaueren Ausführung des analytiſchen Cha- rakters der römiſchen Actionen. 2. Die Actionen proceſſualiſche Reagentien. Caſuiſtiſche Erläuterung — Unzuläſſigkeit der Klagencumula- tion — Das Geſetz der Scheidung der Klagen — Auffindung des- ſelben auf inductivem Wege — Individualitätsmoment des Ei- genthums, der Obligation und des Erbrechts — caſuiſtiſche Erprobung des Geſetzes. LI. In der Theorie wie in der Praxis ſpielen die römiſchen Klagen zwar dem Namen nach eine große Rolle, allein wenn 3) Gaj. III, §. 180.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/43>, abgerufen am 28.03.2024.