Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

Bild:
<< vorherige Seite

mit der Verfass. u. Beschaff. des Staats.
Verbesserungen des Staats nicht die gehofte Wirkung
zeigen, ohngeachtet die Anstalten gut sind; so ist gewiß
die Ursache, daß es an der Uebereinstimmung des Gan-
zen ermangelt. Viele Bediente des Staats haben eine
große Belesenheit in denen zur Regierungskunst erfor-
derlichen Wissenschaften und eine große Erfahrung in
denen darzu dienlichen Anstalten. Allein es fehlet ih-
nen an der Einsicht in den Zusammenhang des Ganzen,
und die besten Maaßregeln haben dannenhero keineswe-
ges den gehoften Fortgang, oder wenn der Fortgang
erzwungen wird; so wird in dem einen Theile des
Staatscörpers vielmehr Schaden verursachet, als die
neue Verbesserung gutes wirket. Es ist wahr, diese
Einsicht in den Zusammenhang des Ganzen ist gar
nicht leicht. Sie ist der höchste Punct in der Staats-
wissenschaft. Sie ist die Frucht eines sehr mühsamen
Nachsinnens und wohlüberlegter und zusammenge-
hängter Grundsätze, die man sich gemacht hat. Allein
sie ist unumgänglich nothwendig; und insonderheit sollte
der Regente allemal diese Einsicht in den Zusammen-
hang des Ganzen auf das vollkommenste besitzen. Nie-
mals solten Kleinigkeiten der Gegenstand seiner Bemü-
hung und Vorsorge seyn, sondern nur dasjenige, was
den Zusammenhang des Ganzen betrift. Der Regent
soll weder Finanzminister, noch President des Com-
mercienwesens, noch Kriegesminister oder Justizpresi-
dent seyn. Er soll nur die Seele aller derer verschie-
denen Departements seyn, in welchen die Geschäfte des
Staats abgehandelt werden.

Da

mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats.
Verbeſſerungen des Staats nicht die gehofte Wirkung
zeigen, ohngeachtet die Anſtalten gut ſind; ſo iſt gewiß
die Urſache, daß es an der Uebereinſtimmung des Gan-
zen ermangelt. Viele Bediente des Staats haben eine
große Beleſenheit in denen zur Regierungskunſt erfor-
derlichen Wiſſenſchaften und eine große Erfahrung in
denen darzu dienlichen Anſtalten. Allein es fehlet ih-
nen an der Einſicht in den Zuſammenhang des Ganzen,
und die beſten Maaßregeln haben dannenhero keineswe-
ges den gehoften Fortgang, oder wenn der Fortgang
erzwungen wird; ſo wird in dem einen Theile des
Staatscoͤrpers vielmehr Schaden verurſachet, als die
neue Verbeſſerung gutes wirket. Es iſt wahr, dieſe
Einſicht in den Zuſammenhang des Ganzen iſt gar
nicht leicht. Sie iſt der hoͤchſte Punct in der Staats-
wiſſenſchaft. Sie iſt die Frucht eines ſehr muͤhſamen
Nachſinnens und wohluͤberlegter und zuſammenge-
haͤngter Grundſaͤtze, die man ſich gemacht hat. Allein
ſie iſt unumgaͤnglich nothwendig; und inſonderheit ſollte
der Regente allemal dieſe Einſicht in den Zuſammen-
hang des Ganzen auf das vollkommenſte beſitzen. Nie-
mals ſolten Kleinigkeiten der Gegenſtand ſeiner Bemuͤ-
hung und Vorſorge ſeyn, ſondern nur dasjenige, was
den Zuſammenhang des Ganzen betrift. Der Regent
ſoll weder Finanzminiſter, noch Preſident des Com-
mercienweſens, noch Kriegesminiſter oder Juſtizpreſi-
dent ſeyn. Er ſoll nur die Seele aller derer verſchie-
denen Departements ſeyn, in welchen die Geſchaͤfte des
Staats abgehandelt werden.

Da
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0059" n="31"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">mit der Verfa&#x017F;&#x017F;. u. Be&#x017F;chaff. des Staats.</hi></fw><lb/>
Verbe&#x017F;&#x017F;erungen des Staats nicht die gehofte Wirkung<lb/>
zeigen, ohngeachtet die An&#x017F;talten gut &#x017F;ind; &#x017F;o i&#x017F;t gewiß<lb/>
die Ur&#x017F;ache, daß es an der Ueberein&#x017F;timmung des Gan-<lb/>
zen ermangelt. Viele Bediente des Staats haben eine<lb/>
große Bele&#x017F;enheit in denen zur Regierungskun&#x017F;t erfor-<lb/>
derlichen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften und eine große Erfahrung in<lb/>
denen darzu dienlichen An&#x017F;talten. Allein es fehlet ih-<lb/>
nen an der Ein&#x017F;icht in den Zu&#x017F;ammenhang des Ganzen,<lb/>
und die be&#x017F;ten Maaßregeln haben dannenhero keineswe-<lb/>
ges den gehoften Fortgang, oder wenn der Fortgang<lb/>
erzwungen wird; &#x017F;o wird in dem einen Theile des<lb/>
Staatsco&#x0364;rpers vielmehr Schaden verur&#x017F;achet, als die<lb/>
neue Verbe&#x017F;&#x017F;erung gutes wirket. Es i&#x017F;t wahr, die&#x017F;e<lb/>
Ein&#x017F;icht in den Zu&#x017F;ammenhang des Ganzen i&#x017F;t gar<lb/>
nicht leicht. Sie i&#x017F;t der ho&#x0364;ch&#x017F;te Punct in der Staats-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft. Sie i&#x017F;t die Frucht eines &#x017F;ehr mu&#x0364;h&#x017F;amen<lb/>
Nach&#x017F;innens und wohlu&#x0364;berlegter und zu&#x017F;ammenge-<lb/>
ha&#x0364;ngter Grund&#x017F;a&#x0364;tze, die man &#x017F;ich gemacht hat. Allein<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;t unumga&#x0364;nglich nothwendig; und in&#x017F;onderheit &#x017F;ollte<lb/>
der Regente allemal die&#x017F;e Ein&#x017F;icht in den Zu&#x017F;ammen-<lb/>
hang des Ganzen auf das vollkommen&#x017F;te be&#x017F;itzen. Nie-<lb/>
mals &#x017F;olten Kleinigkeiten der Gegen&#x017F;tand &#x017F;einer Bemu&#x0364;-<lb/>
hung und Vor&#x017F;orge &#x017F;eyn, &#x017F;ondern nur dasjenige, was<lb/>
den Zu&#x017F;ammenhang des Ganzen betrift. Der Regent<lb/>
&#x017F;oll weder Finanzmini&#x017F;ter, noch Pre&#x017F;ident des Com-<lb/>
mercienwe&#x017F;ens, noch Kriegesmini&#x017F;ter oder Ju&#x017F;tizpre&#x017F;i-<lb/>
dent &#x017F;eyn. Er &#x017F;oll nur die Seele aller derer ver&#x017F;chie-<lb/>
denen Departements &#x017F;eyn, in welchen die Ge&#x017F;cha&#x0364;fte des<lb/>
Staats abgehandelt werden.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0059] mit der Verfaſſ. u. Beſchaff. des Staats. Verbeſſerungen des Staats nicht die gehofte Wirkung zeigen, ohngeachtet die Anſtalten gut ſind; ſo iſt gewiß die Urſache, daß es an der Uebereinſtimmung des Gan- zen ermangelt. Viele Bediente des Staats haben eine große Beleſenheit in denen zur Regierungskunſt erfor- derlichen Wiſſenſchaften und eine große Erfahrung in denen darzu dienlichen Anſtalten. Allein es fehlet ih- nen an der Einſicht in den Zuſammenhang des Ganzen, und die beſten Maaßregeln haben dannenhero keineswe- ges den gehoften Fortgang, oder wenn der Fortgang erzwungen wird; ſo wird in dem einen Theile des Staatscoͤrpers vielmehr Schaden verurſachet, als die neue Verbeſſerung gutes wirket. Es iſt wahr, dieſe Einſicht in den Zuſammenhang des Ganzen iſt gar nicht leicht. Sie iſt der hoͤchſte Punct in der Staats- wiſſenſchaft. Sie iſt die Frucht eines ſehr muͤhſamen Nachſinnens und wohluͤberlegter und zuſammenge- haͤngter Grundſaͤtze, die man ſich gemacht hat. Allein ſie iſt unumgaͤnglich nothwendig; und inſonderheit ſollte der Regente allemal dieſe Einſicht in den Zuſammen- hang des Ganzen auf das vollkommenſte beſitzen. Nie- mals ſolten Kleinigkeiten der Gegenſtand ſeiner Bemuͤ- hung und Vorſorge ſeyn, ſondern nur dasjenige, was den Zuſammenhang des Ganzen betrift. Der Regent ſoll weder Finanzminiſter, noch Preſident des Com- mercienweſens, noch Kriegesminiſter oder Juſtizpreſi- dent ſeyn. Er ſoll nur die Seele aller derer verſchie- denen Departements ſeyn, in welchen die Geſchaͤfte des Staats abgehandelt werden. Da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/59
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/59>, abgerufen am 04.05.2024.