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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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dieser freundschaftlichen Manipulation, bis sie
entdeckt und er durch Kapuziner gerettet wurde),
oder wenn sie den armen Leuten das Korn in
der Aehre verbrannten, um sie nachher zu ver¬
höhnen, wenn sie hungerten und Noth litten.
Man hatte zwar die Genugthuung, daß der
Teufel den Einen oder Andern mit großem Auf¬
wand abholte, wenn er reif war; allein das ge¬
rieth den gerechten Leuten selbst wieder zum
Schrecken, und es war eben nicht angenehm,
den blutigen Schnee und die gelassenen Haare
auf dem Platze zu sehen, wie es der Erzählerin
selbst begegnet war. Solche Bauern hatten Geld
genug und maßen es bei Hochzeiten und Leichen¬
feiern einander in Scheffeln und Wannen zu.
Die Hochzeiten waren dazumal noch sehr gro߬
artig. Sie hatte selbst noch eine solche gesehen,
wo sämmtliche Gäste, Männer und Weiber, be¬
ritten waren und nahe an hundert Pferde bei¬
sammen. Die Weiber trugen Kronen von Flit¬
tergold und seidene Kleider mit drei- bis vierfach
umgewundenen Ketten von zusammengerollten
Ducaten; aber der Teufel ritt unsichtbar mit,

dieſer freundſchaftlichen Manipulation, bis ſie
entdeckt und er durch Kapuziner gerettet wurde),
oder wenn ſie den armen Leuten das Korn in
der Aehre verbrannten, um ſie nachher zu ver¬
hoͤhnen, wenn ſie hungerten und Noth litten.
Man hatte zwar die Genugthuung, daß der
Teufel den Einen oder Andern mit großem Auf¬
wand abholte, wenn er reif war; allein das ge¬
rieth den gerechten Leuten ſelbſt wieder zum
Schrecken, und es war eben nicht angenehm,
den blutigen Schnee und die gelaſſenen Haare
auf dem Platze zu ſehen, wie es der Erzaͤhlerin
ſelbſt begegnet war. Solche Bauern hatten Geld
genug und maßen es bei Hochzeiten und Leichen¬
feiern einander in Scheffeln und Wannen zu.
Die Hochzeiten waren dazumal noch ſehr gro߬
artig. Sie hatte ſelbſt noch eine ſolche geſehen,
wo ſaͤmmtliche Gaͤſte, Maͤnner und Weiber, be¬
ritten waren und nahe an hundert Pferde bei¬
ſammen. Die Weiber trugen Kronen von Flit¬
tergold und ſeidene Kleider mit drei- bis vierfach
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Ducaten; aber der Teufel ritt unſichtbar mit,

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[197/0211] dieſer freundſchaftlichen Manipulation, bis ſie entdeckt und er durch Kapuziner gerettet wurde), oder wenn ſie den armen Leuten das Korn in der Aehre verbrannten, um ſie nachher zu ver¬ hoͤhnen, wenn ſie hungerten und Noth litten. Man hatte zwar die Genugthuung, daß der Teufel den Einen oder Andern mit großem Auf¬ wand abholte, wenn er reif war; allein das ge¬ rieth den gerechten Leuten ſelbſt wieder zum Schrecken, und es war eben nicht angenehm, den blutigen Schnee und die gelaſſenen Haare auf dem Platze zu ſehen, wie es der Erzaͤhlerin ſelbſt begegnet war. Solche Bauern hatten Geld genug und maßen es bei Hochzeiten und Leichen¬ feiern einander in Scheffeln und Wannen zu. Die Hochzeiten waren dazumal noch ſehr gro߬ artig. Sie hatte ſelbſt noch eine ſolche geſehen, wo ſaͤmmtliche Gaͤſte, Maͤnner und Weiber, be¬ ritten waren und nahe an hundert Pferde bei¬ ſammen. Die Weiber trugen Kronen von Flit¬ tergold und ſeidene Kleider mit drei- bis vierfach umgewundenen Ketten von zuſammengerollten Ducaten; aber der Teufel ritt unſichtbar mit,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/211>, abgerufen am 30.04.2024.