So ging er jetzt im Schmucke des Alters und der Poesie daher, ein großes Buch tragend.
Aber das bürgerliche Lied war dazumal so reich und überquellend, daß es mit jeder Meister¬ schaft unzertrennlich war und hauptsächlich auch unter dem Banner der nun folgenden Baderzunft hinter Scheermesser und Bartbecken herging. Da war unter den Kränze-geschmückten Gesellen Hans Rosenplüt, genannt der Schnepperer, der vielgewanderte Schalks- und Wappendichter, ein krumbuckliger munterer Gesell mit einer großen Klystirspritze im Arm. Mit langen Schritten folgte diesem der hochbeinige magere Hans Foltz von Worms, der berühmte Barbier und Dichter der Fastnachtsspiele und Schwänke und als sol¬ cher Genoß des Rosenplüt und Vorzünder des Hans Sachs. Zwei Bartscheerer und ein Schuh¬ macher pflegten so das zarte Schoß des deutschen Theaters.
Liederreich waren alle die alten Zünfte, die jetzt folgten in ihren bestimmten Farben an Kleid und Banner; die Schäffler und Brauer, die Metz¬ ger, welche in rothem und schwarzem, mit Fuchs¬
So ging er jetzt im Schmucke des Alters und der Poeſie daher, ein großes Buch tragend.
Aber das buͤrgerliche Lied war dazumal ſo reich und uͤberquellend, daß es mit jeder Meiſter¬ ſchaft unzertrennlich war und hauptſaͤchlich auch unter dem Banner der nun folgenden Baderzunft hinter Scheermeſſer und Bartbecken herging. Da war unter den Kraͤnze-geſchmuͤckten Geſellen Hans Roſenpluͤt, genannt der Schnepperer, der vielgewanderte Schalks- und Wappendichter, ein krumbuckliger munterer Geſell mit einer großen Klyſtirſpritze im Arm. Mit langen Schritten folgte dieſem der hochbeinige magere Hans Foltz von Worms, der beruͤhmte Barbier und Dichter der Faſtnachtsſpiele und Schwaͤnke und als ſol¬ cher Genoß des Roſenpluͤt und Vorzuͤnder des Hans Sachs. Zwei Bartſcheerer und ein Schuh¬ macher pflegten ſo das zarte Schoß des deutſchen Theaters.
Liederreich waren alle die alten Zuͤnfte, die jetzt folgten in ihren beſtimmten Farben an Kleid und Banner; die Schaͤffler und Brauer, die Metz¬ ger, welche in rothem und ſchwarzem, mit Fuchs¬
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So ging er jetzt im Schmucke des Alters und der
Poeſie daher, ein großes Buch tragend.
Aber das buͤrgerliche Lied war dazumal ſo
reich und uͤberquellend, daß es mit jeder Meiſter¬
ſchaft unzertrennlich war und hauptſaͤchlich auch
unter dem Banner der nun folgenden Baderzunft
hinter Scheermeſſer und Bartbecken herging. Da
war unter den Kraͤnze-geſchmuͤckten Geſellen
Hans Roſenpluͤt, genannt der Schnepperer, der
vielgewanderte Schalks- und Wappendichter, ein
krumbuckliger munterer Geſell mit einer großen
Klyſtirſpritze im Arm. Mit langen Schritten
folgte dieſem der hochbeinige magere Hans Foltz
von Worms, der beruͤhmte Barbier und Dichter
der Faſtnachtsſpiele und Schwaͤnke und als ſol¬
cher Genoß des Roſenpluͤt und Vorzuͤnder des
Hans Sachs. Zwei Bartſcheerer und ein Schuh¬
macher pflegten ſo das zarte Schoß des deutſchen
Theaters.
Liederreich waren alle die alten Zuͤnfte, die
jetzt folgten in ihren beſtimmten Farben an Kleid
und Banner; die Schaͤffler und Brauer, die Metz¬
ger, welche in rothem und ſchwarzem, mit Fuchs¬
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/250>, abgerufen am 27.04.2024.
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