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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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Zwinger und Hasser war. Dies alles war nun
den Seldwylern höchst langweilig, da bei solcher
stillgewordenen Entwickelung keine Aufregung
Statt fand. Denn Wahlen ohne Aufregung,
ohne Vorversammlungen, Zechgelage, Reden, Auf¬
rufe, ohne Umtriebe und heftige schwankende Kri¬
sen, waren ihnen so gut wie gar keine Wahlen,
und so war es diesmal entschieden schlechter Ton
zu Seldwyla, von den Wahlen nur zu sprechen,
wogegen sie sehr beschäftigt thaten mit Errichtung
einer großen Aktienbierbrauerei und Anlegung
einer Aktienhopfenpflanzung, da sie plötzlich auf
den Gedanken gekommen waren, eine solche statt¬
liche Bieranstalt mit weitläufigen guten Kelle¬
reien, Trinkhallen und Terrassen würde der Stadt
einen neuen Aufschwung geben und dieselbe be¬
rühmt und vielbesucht machen. Fritz Amrain
nahm an diesen Bestrebungen eben keinen An¬
theil, allein er kümmerte sich auch wenig um die
Wahlen, so sehr er sich vor vier Jahren gesehnt
hatte, daran Theil zu nehmen. Er dachte sich,
da alles gut ginge im Lande, so sei kein Grund,
den öffentlichen Dingen nachzugehen, und die
Maschine würde deswegen nicht stille stehen, wenn

Zwinger und Haſſer war. Dies alles war nun
den Seldwylern höchſt langweilig, da bei ſolcher
ſtillgewordenen Entwickelung keine Aufregung
Statt fand. Denn Wahlen ohne Aufregung,
ohne Vorverſammlungen, Zechgelage, Reden, Auf¬
rufe, ohne Umtriebe und heftige ſchwankende Kri¬
ſen, waren ihnen ſo gut wie gar keine Wahlen,
und ſo war es diesmal entſchieden ſchlechter Ton
zu Seldwyla, von den Wahlen nur zu ſprechen,
wogegen ſie ſehr beſchäftigt thaten mit Errichtung
einer großen Aktienbierbrauerei und Anlegung
einer Aktienhopfenpflanzung, da ſie plötzlich auf
den Gedanken gekommen waren, eine ſolche ſtatt¬
liche Bieranſtalt mit weitläufigen guten Kelle¬
reien, Trinkhallen und Terraſſen würde der Stadt
einen neuen Aufſchwung geben und dieſelbe be¬
rühmt und vielbeſucht machen. Fritz Amrain
nahm an dieſen Beſtrebungen eben keinen An¬
theil, allein er kümmerte ſich auch wenig um die
Wahlen, ſo ſehr er ſich vor vier Jahren geſehnt
hatte, daran Theil zu nehmen. Er dachte ſich,
da alles gut ginge im Lande, ſo ſei kein Grund,
den öffentlichen Dingen nachzugehen, und die
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[184/0196] Zwinger und Haſſer war. Dies alles war nun den Seldwylern höchſt langweilig, da bei ſolcher ſtillgewordenen Entwickelung keine Aufregung Statt fand. Denn Wahlen ohne Aufregung, ohne Vorverſammlungen, Zechgelage, Reden, Auf¬ rufe, ohne Umtriebe und heftige ſchwankende Kri¬ ſen, waren ihnen ſo gut wie gar keine Wahlen, und ſo war es diesmal entſchieden ſchlechter Ton zu Seldwyla, von den Wahlen nur zu ſprechen, wogegen ſie ſehr beſchäftigt thaten mit Errichtung einer großen Aktienbierbrauerei und Anlegung einer Aktienhopfenpflanzung, da ſie plötzlich auf den Gedanken gekommen waren, eine ſolche ſtatt¬ liche Bieranſtalt mit weitläufigen guten Kelle¬ reien, Trinkhallen und Terraſſen würde der Stadt einen neuen Aufſchwung geben und dieſelbe be¬ rühmt und vielbeſucht machen. Fritz Amrain nahm an dieſen Beſtrebungen eben keinen An¬ theil, allein er kümmerte ſich auch wenig um die Wahlen, ſo ſehr er ſich vor vier Jahren geſehnt hatte, daran Theil zu nehmen. Er dachte ſich, da alles gut ginge im Lande, ſo ſei kein Grund, den öffentlichen Dingen nachzugehen, und die Maſchine würde deswegen nicht ſtille ſtehen, wenn

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/196>, abgerufen am 29.04.2024.