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Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

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Frau Marthe.
Es war zum Merken just genug.
Walter.
Zum Schluß jetzt --?
Eve.
Nun war auch heut am Morgen noch mein erster
Gedanke, Ruprecht alles zu vertraun.
Denn weiß er nur der Lüge wahren Grund,
Was gilt's, denk ich, so lügt er selbst noch mit,
Und sagt, nun ja, den irdnen Krug zerschlug ich,
Und dann so kriegt' ich auch wohl noch den Schein.
Doch Mutter, da ich in das Zimmer trete,
Die hält den Krug schon wieder, und befiehlt,
Sogleich zum Vater Tümpel ihr zu folgen;
Dort fordert sie den Ruprecht vor Gericht.
Vergebens, daß ich um Gehör ihn bitte,
Wenn ich ihm nah, so schmäht und schimpft er mich,
Und wendet sich, und will nichts von mir wissen.
Ruprecht.
Vergieb mir.
Walter.
Nun laß dir sagen, liebes Kind,
Wie zu so viel, stets tadelnswerthen, Schritten --
-- Ich sage tadelnswerth, wenn sie auch gleich
Verzeihlich sind -- dich ein gemeiner, grober
Betrug verführt.
Frau Marthe.
Es war zum Merken juſt genug.
Walter.
Zum Schluß jetzt —?
Eve.
Nun war auch heut am Morgen noch mein erſter
Gedanke, Ruprecht alles zu vertraun.
Denn weiß er nur der Luͤge wahren Grund,
Was gilt’s, denk ich, ſo luͤgt er ſelbſt noch mit,
Und ſagt, nun ja, den irdnen Krug zerſchlug ich,
Und dann ſo kriegt’ ich auch wohl noch den Schein.
Doch Mutter, da ich in das Zimmer trete,
Die haͤlt den Krug ſchon wieder, und befiehlt,
Sogleich zum Vater Tuͤmpel ihr zu folgen;
Dort fordert ſie den Ruprecht vor Gericht.
Vergebens, daß ich um Gehoͤr ihn bitte,
Wenn ich ihm nah, ſo ſchmaͤht und ſchimpft er mich,
Und wendet ſich, und will nichts von mir wiſſen.
Ruprecht.
Vergieb mir.
Walter.
Nun laß dir ſagen, liebes Kind,
Wie zu ſo viel, ſtets tadelnswerthen, Schritten —
— Ich ſage tadelnswerth, wenn ſie auch gleich
Verzeihlich ſind — dich ein gemeiner, grober
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[168/0174] Frau Marthe. Es war zum Merken juſt genug. Walter. Zum Schluß jetzt —? Eve. Nun war auch heut am Morgen noch mein erſter Gedanke, Ruprecht alles zu vertraun. Denn weiß er nur der Luͤge wahren Grund, Was gilt’s, denk ich, ſo luͤgt er ſelbſt noch mit, Und ſagt, nun ja, den irdnen Krug zerſchlug ich, Und dann ſo kriegt’ ich auch wohl noch den Schein. Doch Mutter, da ich in das Zimmer trete, Die haͤlt den Krug ſchon wieder, und befiehlt, Sogleich zum Vater Tuͤmpel ihr zu folgen; Dort fordert ſie den Ruprecht vor Gericht. Vergebens, daß ich um Gehoͤr ihn bitte, Wenn ich ihm nah, ſo ſchmaͤht und ſchimpft er mich, Und wendet ſich, und will nichts von mir wiſſen. Ruprecht. Vergieb mir. Walter. Nun laß dir ſagen, liebes Kind, Wie zu ſo viel, ſtets tadelnswerthen, Schritten — — Ich ſage tadelnswerth, wenn ſie auch gleich Verzeihlich ſind — dich ein gemeiner, grober Betrug verfuͤhrt.

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/174>, abgerufen am 29.04.2024.