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Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

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Den Krug, der kein Gebein zum Stehen hat,
Zum Liegen oder Sitzen hat, ersetzen!
Veit.
Sie hört's! Was geifert sie? Kann man mehr
thun?
Wenn Einer ihr von uns den Krug zerbrochen,
Soll sie entschädigt werden.
Frau Marthe.
Ich entschädigt!
Als ob ein Stück von meinem Hornvieh spräche.
Meint er, daß die Justiz ein Töpfer ist?
Und kämen die Hochmögenden und bänden
Die Schürze vor, und trügen ihn zum Ofen,
Die könnten sonst was in den Krug mir thun,
Als ihn entschädigen. Entschädigen!
Ruprecht.
Laß er sie, Vater. Folg' er mir. Der Drache!
S' ist der zerbrochne Krug nicht, der sie wurmt,
Die Hochzeit ist es, die ein Loch bekommen,
Und mit Gewalt hier denkt sie sie zu flicken.
Ich aber setze noch den Fuß Eins drauf:
Verflucht bin ich, wenn ich die Metze nehme.
Frau Marthe.
Der eitle Flaps! Die Hochzeit ich hier flicken!
Die Hochzeit, nicht des Flickdraths, unzerbrochen
Nicht Einen von des Kruges Scherben werth.
Den Krug, der kein Gebein zum Stehen hat,
Zum Liegen oder Sitzen hat, erſetzen!
Veit.
Sie hoͤrt’s! Was geifert ſie? Kann man mehr
thun?
Wenn Einer ihr von uns den Krug zerbrochen,
Soll ſie entſchaͤdigt werden.
Frau Marthe.
Ich entſchaͤdigt!
Als ob ein Stuͤck von meinem Hornvieh ſpraͤche.
Meint er, daß die Juſtiz ein Toͤpfer iſt?
Und kaͤmen die Hochmoͤgenden und baͤnden
Die Schuͤrze vor, und truͤgen ihn zum Ofen,
Die koͤnnten ſonſt was in den Krug mir thun,
Als ihn entſchaͤdigen. Entſchaͤdigen!
Ruprecht.
Laß er ſie, Vater. Folg’ er mir. Der Drache!
S’ iſt der zerbrochne Krug nicht, der ſie wurmt,
Die Hochzeit iſt es, die ein Loch bekommen,
Und mit Gewalt hier denkt ſie ſie zu flicken.
Ich aber ſetze noch den Fuß Eins drauf:
Verflucht bin ich, wenn ich die Metze nehme.
Frau Marthe.
Der eitle Flaps! Die Hochzeit ich hier flicken!
Die Hochzeit, nicht des Flickdraths, unzerbrochen
Nicht Einen von des Kruges Scherben werth.
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[39/0045] Den Krug, der kein Gebein zum Stehen hat, Zum Liegen oder Sitzen hat, erſetzen! Veit. Sie hoͤrt’s! Was geifert ſie? Kann man mehr thun? Wenn Einer ihr von uns den Krug zerbrochen, Soll ſie entſchaͤdigt werden. Frau Marthe. Ich entſchaͤdigt! Als ob ein Stuͤck von meinem Hornvieh ſpraͤche. Meint er, daß die Juſtiz ein Toͤpfer iſt? Und kaͤmen die Hochmoͤgenden und baͤnden Die Schuͤrze vor, und truͤgen ihn zum Ofen, Die koͤnnten ſonſt was in den Krug mir thun, Als ihn entſchaͤdigen. Entſchaͤdigen! Ruprecht. Laß er ſie, Vater. Folg’ er mir. Der Drache! S’ iſt der zerbrochne Krug nicht, der ſie wurmt, Die Hochzeit iſt es, die ein Loch bekommen, Und mit Gewalt hier denkt ſie ſie zu flicken. Ich aber ſetze noch den Fuß Eins drauf: Verflucht bin ich, wenn ich die Metze nehme. Frau Marthe. Der eitle Flaps! Die Hochzeit ich hier flicken! Die Hochzeit, nicht des Flickdraths, unzerbrochen Nicht Einen von des Kruges Scherben werth.

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/45>, abgerufen am 26.04.2024.