Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

schlechterdings nichts mit der Moralität zu
schaffen habe, und daß nur eine die äußern
Rechte verlezende Handlung als ein Verbre-
chen V. R. W. imputirt werden könne. Nun
aber habe ich nur moralisch injuriirt und ver-
wundet, und weise deshalb die Klage vor die-
sem Gerichtshofe als unzulänglich ab, indem
ich als moralische Person unter dem foro pri-
vilegiato
einer anderen Welt stehe.

Ja, da nach Weber über Injurien im
ersten Abschnitte pag. 29 an denjenigen Perso-
nen die auf das Recht auf Ehre Verzicht ge-
than haben, keine Injurie begangen werden
kann, so darf ich auch der Analogie gemäß
folgern daß ich sie da sie als Icti und Ge-
richtspersonen schlechthin von der Moralität
sich losgesagt haben, hier an offener Gerichts-
stätte mit allen möglichen moralischen Injurien
überhäufen darf; ja, wenn ich sie kalte ge-
fühllose unmoralische, obgleich wohlweise und
gerechte Herren zu nennen wage, so ist das

ſchlechterdings nichts mit der Moralitaͤt zu
ſchaffen habe, und daß nur eine die aͤußern
Rechte verlezende Handlung als ein Verbre-
chen V. R. W. imputirt werden koͤnne. Nun
aber habe ich nur moraliſch injuriirt und ver-
wundet, und weiſe deshalb die Klage vor die-
ſem Gerichtshofe als unzulaͤnglich ab, indem
ich als moraliſche Perſon unter dem foro pri-
vilegiato
einer anderen Welt ſtehe.

Ja, da nach Weber uͤber Injurien im
erſten Abſchnitte pag. 29 an denjenigen Perſo-
nen die auf das Recht auf Ehre Verzicht ge-
than haben, keine Injurie begangen werden
kann, ſo darf ich auch der Analogie gemaͤß
folgern daß ich ſie da ſie als Icti und Ge-
richtsperſonen ſchlechthin von der Moralitaͤt
ſich losgeſagt haben, hier an offener Gerichts-
ſtaͤtte mit allen moͤglichen moraliſchen Injurien
uͤberhaͤufen darf; ja, wenn ich ſie kalte ge-
fuͤhlloſe unmoraliſche, obgleich wohlweiſe und
gerechte Herren zu nennen wage, ſo iſt das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0130" n="128"/>
&#x017F;chlechterdings nichts mit der Moralita&#x0364;t zu<lb/>
&#x017F;chaffen habe, und daß nur eine die <hi rendition="#g">a&#x0364;ußern</hi><lb/>
Rechte verlezende Handlung als ein Verbre-<lb/>
chen V. R. W. imputirt werden ko&#x0364;nne. Nun<lb/>
aber habe ich nur morali&#x017F;ch injuriirt und ver-<lb/>
wundet, und wei&#x017F;e deshalb die Klage vor die-<lb/>
&#x017F;em Gerichtshofe als unzula&#x0364;nglich ab, indem<lb/>
ich als morali&#x017F;che Per&#x017F;on unter dem <hi rendition="#aq">foro pri-<lb/>
vilegiato</hi> einer anderen Welt &#x017F;tehe.</p><lb/>
        <p>Ja, da nach <hi rendition="#g">Weber</hi> u&#x0364;ber Injurien im<lb/>
er&#x017F;ten Ab&#x017F;chnitte <hi rendition="#aq">pag. 29</hi> an denjenigen Per&#x017F;o-<lb/>
nen die auf das Recht auf Ehre Verzicht ge-<lb/>
than haben, keine Injurie begangen werden<lb/>
kann, &#x017F;o darf ich auch der Analogie gema&#x0364;ß<lb/>
folgern daß ich &#x017F;ie da &#x017F;ie als <hi rendition="#aq">Icti</hi> und Ge-<lb/>
richtsper&#x017F;onen &#x017F;chlechthin von der Moralita&#x0364;t<lb/>
&#x017F;ich losge&#x017F;agt haben, hier an offener Gerichts-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;tte mit allen mo&#x0364;glichen morali&#x017F;chen Injurien<lb/>
u&#x0364;berha&#x0364;ufen darf; ja, wenn ich &#x017F;ie kalte ge-<lb/>
fu&#x0364;hllo&#x017F;e unmorali&#x017F;che, obgleich wohlwei&#x017F;e und<lb/>
gerechte Herren zu nennen wage, &#x017F;o i&#x017F;t das<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0130] ſchlechterdings nichts mit der Moralitaͤt zu ſchaffen habe, und daß nur eine die aͤußern Rechte verlezende Handlung als ein Verbre- chen V. R. W. imputirt werden koͤnne. Nun aber habe ich nur moraliſch injuriirt und ver- wundet, und weiſe deshalb die Klage vor die- ſem Gerichtshofe als unzulaͤnglich ab, indem ich als moraliſche Perſon unter dem foro pri- vilegiato einer anderen Welt ſtehe. Ja, da nach Weber uͤber Injurien im erſten Abſchnitte pag. 29 an denjenigen Perſo- nen die auf das Recht auf Ehre Verzicht ge- than haben, keine Injurie begangen werden kann, ſo darf ich auch der Analogie gemaͤß folgern daß ich ſie da ſie als Icti und Ge- richtsperſonen ſchlechthin von der Moralitaͤt ſich losgeſagt haben, hier an offener Gerichts- ſtaͤtte mit allen moͤglichen moraliſchen Injurien uͤberhaͤufen darf; ja, wenn ich ſie kalte ge- fuͤhlloſe unmoraliſche, obgleich wohlweiſe und gerechte Herren zu nennen wage, ſo iſt das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/130
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/130>, abgerufen am 29.04.2024.