Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Mühseligkeiten des Lebens ermüdet;
mich unter den Menschen um einen soliden
Posten zu bewerben. Es geht doch nichts auf
Erden über das Bewußtsein nützlich zu sein
und einen festen Gehalt zu genießen; -- der
Mensch ist nicht Kosmopolit allein, er ist auch
Staatsbürger! -- Das Nachtwächteramt war
eben vakant geworden, und ich glaubte mich
allenfalls tüchtig ihm mit Ehre vorzustehen.
Die Welt ist jezt sehr gebildet und man for-
dert mit Recht große Talente von jedem ein-
zelnen Bürger. --

Wohl dem der Konnexionen hat -- es ge-
lang mir bei dem Diener des Ministers Zu-
tritt zu erhalten, er hatte grade seine gute
Stunde, und empfahl mich seinem Herrn;
so wurde ich die Staatsleiter immer höher ge-
hoben und ging aus einer Hand in die andere,
bis zur obersten Sprosse, wo ich einen Fußfall
wagte, und man mir gnädig Hoffnung zum
Nachtwächter machte. -- Eine nähere Prüfung

von den Muͤhſeligkeiten des Lebens ermuͤdet;
mich unter den Menſchen um einen ſoliden
Poſten zu bewerben. Es geht doch nichts auf
Erden uͤber das Bewußtſein nuͤtzlich zu ſein
und einen feſten Gehalt zu genießen; — der
Menſch iſt nicht Kosmopolit allein, er iſt auch
Staatsbuͤrger! — Das Nachtwaͤchteramt war
eben vakant geworden, und ich glaubte mich
allenfalls tuͤchtig ihm mit Ehre vorzuſtehen.
Die Welt iſt jezt ſehr gebildet und man for-
dert mit Recht große Talente von jedem ein-
zelnen Buͤrger. —

Wohl dem der Konnexionen hat — es ge-
lang mir bei dem Diener des Miniſters Zu-
tritt zu erhalten, er hatte grade ſeine gute
Stunde, und empfahl mich ſeinem Herrn;
ſo wurde ich die Staatsleiter immer hoͤher ge-
hoben und ging aus einer Hand in die andere,
bis zur oberſten Sproſſe, wo ich einen Fußfall
wagte, und man mir gnaͤdig Hoffnung zum
Nachtwaͤchter machte. — Eine naͤhere Pruͤfung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0272" n="270"/>
von den Mu&#x0364;h&#x017F;eligkeiten des Lebens ermu&#x0364;det;<lb/>
mich unter den Men&#x017F;chen um einen &#x017F;oliden<lb/>
Po&#x017F;ten zu bewerben. Es geht doch nichts auf<lb/>
Erden u&#x0364;ber das Bewußt&#x017F;ein nu&#x0364;tzlich zu &#x017F;ein<lb/>
und einen fe&#x017F;ten Gehalt zu genießen; &#x2014; der<lb/>
Men&#x017F;ch i&#x017F;t nicht Kosmopolit allein, er i&#x017F;t auch<lb/>
Staatsbu&#x0364;rger! &#x2014; Das Nachtwa&#x0364;chteramt war<lb/>
eben vakant geworden, und ich glaubte mich<lb/>
allenfalls tu&#x0364;chtig ihm mit Ehre vorzu&#x017F;tehen.<lb/>
Die Welt i&#x017F;t jezt &#x017F;ehr gebildet und man for-<lb/>
dert mit Recht große Talente von jedem ein-<lb/>
zelnen Bu&#x0364;rger. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Wohl dem der Konnexionen hat &#x2014; es ge-<lb/>
lang mir bei dem Diener des Mini&#x017F;ters Zu-<lb/>
tritt zu erhalten, er hatte grade &#x017F;eine gute<lb/>
Stunde, und empfahl mich &#x017F;einem Herrn;<lb/>
&#x017F;o wurde ich die Staatsleiter immer ho&#x0364;her ge-<lb/>
hoben und ging aus einer Hand in die andere,<lb/>
bis zur ober&#x017F;ten Spro&#x017F;&#x017F;e, wo ich einen Fußfall<lb/>
wagte, und man mir gna&#x0364;dig Hoffnung zum<lb/>
Nachtwa&#x0364;chter machte. &#x2014; Eine na&#x0364;here Pru&#x0364;fung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0272] von den Muͤhſeligkeiten des Lebens ermuͤdet; mich unter den Menſchen um einen ſoliden Poſten zu bewerben. Es geht doch nichts auf Erden uͤber das Bewußtſein nuͤtzlich zu ſein und einen feſten Gehalt zu genießen; — der Menſch iſt nicht Kosmopolit allein, er iſt auch Staatsbuͤrger! — Das Nachtwaͤchteramt war eben vakant geworden, und ich glaubte mich allenfalls tuͤchtig ihm mit Ehre vorzuſtehen. Die Welt iſt jezt ſehr gebildet und man for- dert mit Recht große Talente von jedem ein- zelnen Buͤrger. — Wohl dem der Konnexionen hat — es ge- lang mir bei dem Diener des Miniſters Zu- tritt zu erhalten, er hatte grade ſeine gute Stunde, und empfahl mich ſeinem Herrn; ſo wurde ich die Staatsleiter immer hoͤher ge- hoben und ging aus einer Hand in die andere, bis zur oberſten Sproſſe, wo ich einen Fußfall wagte, und man mir gnaͤdig Hoffnung zum Nachtwaͤchter machte. — Eine naͤhere Pruͤfung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/272
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/272>, abgerufen am 05.05.2024.