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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

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Der Messias.
Der begrabenden Schaufel Getös,
Die mit Erde die Entflohnen bewarf,

Erscholl euch nie dumpf auf von den Grüften,
Und rief euch nie Erinnrung, daß ihr einst auch,
Mit entstürzender Erde bedekt,
Bey der Trümmer des Verwesenden lägt!
Aber wie unter Wolken herab von Felsen sich Ströme
Stürzen, so sang, als riefs zum Gericht, das Chor der Propheten:
Todt', erwacht! die Posaun' hallt! Todt', erwacht!
Der Nacht Schooß, des Meers Grund, und der Erdkreis
Bebt dumpf auf! Das Gebein hört Herscherton
Herrufen! Erzengel rufen ihn laut!
Goldpalast, und bemoost Dach stürzen ein!
Jm Erdgrab' und Weltmeer wer entschlummert
Schon lang lag, der erwacht! Wet lebet, hört
Graunvolles Erdbeben! stirbt! und erwacht!
Nacht noch wars. Das Entsezen trat einher
Jm Dunkel. Gefild, Hain, des Gebirgs Haupt
Versank! warf sich ins Meer hin! Harfe, schweig!
Bang ruft, es ruft nun Gebährerinnangst!
Donner ruft von des Throns Höhn! Harfe, schweig!
Lautdroh'nd tönt Gerichtsruf der Posaunen
Darein! Fürchterlich fliegt, rauscht Donnersturm!
Wehklagend ruft drein Gebährerinnangst!
Zween

Der Meſſias.
Der begrabenden Schaufel Getoͤs,
Die mit Erde die Entflohnen bewarf,

Erſcholl euch nie dumpf auf von den Gruͤften,
Und rief euch nie Erinnrung, daß ihr einſt auch,
Mit entſtuͤrzender Erde bedekt,
Bey der Truͤmmer des Verweſenden laͤgt!
Aber wie unter Wolken herab von Felſen ſich Stroͤme
Stuͤrzen, ſo ſang, als riefs zum Gericht, das Chor der Propheten:
Todt’, erwacht! die Poſaun’ hallt! Todt’, erwacht!
Der Nacht Schooß, des Meers Grund, und der Erdkreis
Bebt dumpf auf! Das Gebein hoͤrt Herſcherton
Herrufen! Erzengel rufen ihn laut!
Goldpalaſt, und bemooſt Dach ſtuͤrzen ein!
Jm Erdgrab’ und Weltmeer wer entſchlummert
Schon lang lag, der erwacht! Wet lebet, hoͤrt
Graunvolles Erdbeben! ſtirbt! und erwacht!
Nacht noch wars. Das Entſezen trat einher
Jm Dunkel. Gefild, Hain, des Gebirgs Haupt
Verſank! warf ſich ins Meer hin! Harfe, ſchweig!
Bang ruft, es ruft nun Gebaͤhrerinnangſt!
Donner ruft von des Throns Hoͤhn! Harfe, ſchweig!
Lautdroh’nd toͤnt Gerichtsruf der Poſaunen
Darein! Fuͤrchterlich fliegt, rauſcht Donnerſturm!
Wehklagend ruft drein Gebaͤhrerinnangſt!
Zween
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[196/0196] Der Meſſias. Der begrabenden Schaufel Getoͤs, Die mit Erde die Entflohnen bewarf, Erſcholl euch nie dumpf auf von den Gruͤften, Und rief euch nie Erinnrung, daß ihr einſt auch, Mit entſtuͤrzender Erde bedekt, Bey der Truͤmmer des Verweſenden laͤgt! Aber wie unter Wolken herab von Felſen ſich Stroͤme Stuͤrzen, ſo ſang, als riefs zum Gericht, das Chor der Propheten: Todt’, erwacht! die Poſaun’ hallt! Todt’, erwacht! Der Nacht Schooß, des Meers Grund, und der Erdkreis Bebt dumpf auf! Das Gebein hoͤrt Herſcherton Herrufen! Erzengel rufen ihn laut! Goldpalaſt, und bemooſt Dach ſtuͤrzen ein! Jm Erdgrab’ und Weltmeer wer entſchlummert Schon lang lag, der erwacht! Wet lebet, hoͤrt Graunvolles Erdbeben! ſtirbt! und erwacht! Nacht noch wars. Das Entſezen trat einher Jm Dunkel. Gefild, Hain, des Gebirgs Haupt Verſank! warf ſich ins Meer hin! Harfe, ſchweig! Bang ruft, es ruft nun Gebaͤhrerinnangſt! Donner ruft von des Throns Hoͤhn! Harfe, ſchweig! Lautdroh’nd toͤnt Gerichtsruf der Poſaunen Darein! Fuͤrchterlich fliegt, rauſcht Donnerſturm! Wehklagend ruft drein Gebaͤhrerinnangſt! Zween

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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/196>, abgerufen am 29.04.2024.