Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwanzigster Gesang.
Zween Erzengel schwebten voran, da sang der Eine:
Sie sinds ach! die wehdroh'nd der Aufruf schrekt!
Sie stehn auch von dem Tod' auf! O verschlöß Nacht stets
Jn dem Graunthal der Verwesung,
Die des Throns Ausspruch in den Abgrund stürzt!
Zween Erzengel schwebten voran, da sang der Andre:
Gerichtsdonner, ach, zu furchtbar tönest du
Jn die Grabmale! Längrer, ewiger Schlaf
Jst ihr Flehn; aber sie kommen aus der Nacht,
Und wehklagen: O falle, Gebirg, dek uns!
Stille war izt in den Chören der Siegsbegleiter. Da flogen
Leicht, wie Blüthen die Luft fortathmet, Benoni, und Mirjam,
Lazarus Schwester, hervor. Wie des Sommers sanftere Mondnacht
Und wie der röthliche Frühlingsmorgen schwebten sie vorwärts.
Und sie würdigten Satan, dem liegenden Ueberwundnen
Hören zu lassen, wie groß der Triumph der Todten des Herrn sey:
Donnr' es, o Gesang, in der Nacht
Schrecken hinab, zu Gehenna's Empörer hin:
Die am Staub einst Elend und der Tod traf
Sie erwachen zu dem Schaun!
Mörder! zu dem Schaun! vom Beginn
Mörder! sie alle, die jemals des Todes Angst,
Der Verwesung Graun traf, sie entschwingen
Sich dem Grabe dahinauf,
Wo,
N 3
Zwanzigſter Geſang.
Zween Erzengel ſchwebten voran, da ſang der Eine:
Sie ſinds ach! die wehdroh’nd der Aufruf ſchrekt!
Sie ſtehn auch von dem Tod’ auf! O verſchloͤß Nacht ſtets
Jn dem Graunthal der Verweſung,
Die des Throns Ausſpruch in den Abgrund ſtuͤrzt!
Zween Erzengel ſchwebten voran, da ſang der Andre:
Gerichtsdonner, ach, zu furchtbar toͤneſt du
Jn die Grabmale! Laͤngrer, ewiger Schlaf
Jſt ihr Flehn; aber ſie kommen aus der Nacht,
Und wehklagen: O falle, Gebirg, dek uns!
Stille war izt in den Choͤren der Siegsbegleiter. Da flogen
Leicht, wie Bluͤthen die Luft fortathmet, Benoni, und Mirjam,
Lazarus Schweſter, hervor. Wie des Sommers ſanftere Mondnacht
Und wie der roͤthliche Fruͤhlingsmorgen ſchwebten ſie vorwaͤrts.
Und ſie wuͤrdigten Satan, dem liegenden Ueberwundnen
Hoͤren zu laſſen, wie groß der Triumph der Todten des Herrn ſey:
Donnr’ es, o Geſang, in der Nacht
Schrecken hinab, zu Gehenna’s Empoͤrer hin:
Die am Staub einſt Elend und der Tod traf
Sie erwachen zu dem Schaun!
Moͤrder! zu dem Schaun! vom Beginn
Moͤrder! ſie alle, die jemals des Todes Angſt,
Der Verweſung Graun traf, ſie entſchwingen
Sich dem Grabe dahinauf,
Wo,
N 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0197" n="197"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zwanzig&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
            <lg n="209">
              <l>Zween Erzengel &#x017F;chwebten voran, da &#x017F;ang der Eine:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="210">
              <l>Sie &#x017F;inds ach! die wehdroh&#x2019;nd der Aufruf &#x017F;chrekt!</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;tehn auch von dem Tod&#x2019; auf! O ver&#x017F;chlo&#x0364;ß Nacht &#x017F;tets</l><lb/>
              <l>Jn dem Graunthal der Verwe&#x017F;ung,</l><lb/>
              <l>Die des Throns Aus&#x017F;pruch in den Abgrund &#x017F;tu&#x0364;rzt!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="211">
              <l>Zween Erzengel &#x017F;chwebten voran, da &#x017F;ang der Andre:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="212">
              <l>Gerichtsdonner, ach, zu furchtbar to&#x0364;ne&#x017F;t du</l><lb/>
              <l>Jn die Grabmale! La&#x0364;ngrer, ewiger Schlaf</l><lb/>
              <l>J&#x017F;t ihr Flehn; aber &#x017F;ie kommen aus der Nacht,</l><lb/>
              <l>Und wehklagen: O falle, Gebirg, dek uns!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="213">
              <l>Stille war izt in den Cho&#x0364;ren der Siegsbegleiter. Da flogen</l><lb/>
              <l>Leicht, wie Blu&#x0364;then die Luft fortathmet, Benoni, und Mirjam,</l><lb/>
              <l>Lazarus Schwe&#x017F;ter, hervor. Wie des Sommers &#x017F;anftere Mondnacht</l><lb/>
              <l>Und wie der ro&#x0364;thliche Fru&#x0364;hlingsmorgen &#x017F;chwebten &#x017F;ie vorwa&#x0364;rts.</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ie wu&#x0364;rdigten Satan, dem liegenden Ueberwundnen</l><lb/>
              <l>Ho&#x0364;ren zu la&#x017F;&#x017F;en, wie groß der Triumph der Todten des Herrn &#x017F;ey:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="214">
              <l>Donnr&#x2019; es, o Ge&#x017F;ang, in der Nacht</l><lb/>
              <l>Schrecken hinab, zu Gehenna&#x2019;s Empo&#x0364;rer hin:</l><lb/>
              <l>Die am Staub ein&#x017F;t Elend und der Tod traf</l><lb/>
              <l>Sie erwachen zu dem Schaun!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="215">
              <l>Mo&#x0364;rder! zu dem Schaun! vom Beginn</l><lb/>
              <l>Mo&#x0364;rder! &#x017F;ie alle, die jemals des Todes Ang&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Der Verwe&#x017F;ung Graun traf, &#x017F;ie ent&#x017F;chwingen</l><lb/>
              <l>Sich dem Grabe dahinauf,</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">N 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Wo,</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0197] Zwanzigſter Geſang. Zween Erzengel ſchwebten voran, da ſang der Eine: Sie ſinds ach! die wehdroh’nd der Aufruf ſchrekt! Sie ſtehn auch von dem Tod’ auf! O verſchloͤß Nacht ſtets Jn dem Graunthal der Verweſung, Die des Throns Ausſpruch in den Abgrund ſtuͤrzt! Zween Erzengel ſchwebten voran, da ſang der Andre: Gerichtsdonner, ach, zu furchtbar toͤneſt du Jn die Grabmale! Laͤngrer, ewiger Schlaf Jſt ihr Flehn; aber ſie kommen aus der Nacht, Und wehklagen: O falle, Gebirg, dek uns! Stille war izt in den Choͤren der Siegsbegleiter. Da flogen Leicht, wie Bluͤthen die Luft fortathmet, Benoni, und Mirjam, Lazarus Schweſter, hervor. Wie des Sommers ſanftere Mondnacht Und wie der roͤthliche Fruͤhlingsmorgen ſchwebten ſie vorwaͤrts. Und ſie wuͤrdigten Satan, dem liegenden Ueberwundnen Hoͤren zu laſſen, wie groß der Triumph der Todten des Herrn ſey: Donnr’ es, o Geſang, in der Nacht Schrecken hinab, zu Gehenna’s Empoͤrer hin: Die am Staub einſt Elend und der Tod traf Sie erwachen zu dem Schaun! Moͤrder! zu dem Schaun! vom Beginn Moͤrder! ſie alle, die jemals des Todes Angſt, Der Verweſung Graun traf, ſie entſchwingen Sich dem Grabe dahinauf, Wo, N 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/197
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Der Messias. Bd. 4. Halle, 1773, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias04_1773/197>, abgerufen am 29.04.2024.